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Größenwahn

Größenwahn

Titel: Größenwahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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mich rächen. Dies ist allerdings eine sehr edle Rache. Glauben Sie mir wohl Herr Rother wenn ich schlecht wäre, dann wäre ich es allerdings so, daß Bammer von seiner Person aus mir was sagen könnte. Denn Jemand Schlechten schont man nicht und Bammer ist nicht der Mann, der dann Rücksicht kennen würde. Aber fragen Sie ihn, ob Er mir was sagen kann, weil aber dies nicht der Fall war, mußte Er es auf solche Art thun. Doch genug davon. Alles rächt sich selbst . Ich wollte erst aus Berlin, nun aber thue ich es gerade nicht, weil es B. gerne haben möchte. Zu fürchten brauche ich mich nicht, aber wie schwer Er mir es macht in Berlin Stelle zu bekommen, mußte ich schon manchesmal empfinden. Aber ich trotze doch, endlich wird mir das Geschick doch wieder freundlicher sein, nach jedem Regen wirds wiederum schön. Also keine Feindschaft mehr zwischen uns Beiden! Leben Sie wohl.
    K.K.«
     
    So las er am Morgen bei seiner Rückkunft nach Berlin.
    Dieser Brief mit dem Ausdruck echten weiblichen Stolzes, naiver Offenheit und rührender Einfalt trotz einer gewissen Klugheit, Würde und Originalität, die ihr auch in dem confusen und ungebildeten Stil mit den rhetorischen angelernten Wendungen darin noch eigen blieb, brachte Rother zum Entschluß – zu einem Entschluß, der lange genug in ihm herumrumort hatte.
    Er schrieb ihr in festem ruhigem Ton, daß er nicht wankelmüthig sei und ihr einen äußersten Beweis davon geben wolle. Ein so makelloses Mädchen, wie sie sich mache, sei sie zwar auch nicht, obschon natürlich die Verleumdungen von ihm nicht mehr geglaubt würden. Jetzt aber wolle er ihr sagen, was er sagen müsse, da sonst sein ganzes Benehmen lächerlich sein würde. Er liebe sie, liebe nicht ihre Schönheit, sondern ihr ganzes eigentliches Wesen. Auch möge sie nicht glauben, daß er sich bei ihr ein Ideal zurecht mache. Aber grade so, wie sie sei, sei sie nun einmal sein Ideal. In ihrer Art müsse er sie ein ganz geniales Weib nennen; denn des Mannes Genie stecke im Kopf, das des Weibes im Herzen. Nur sie könne ihn glücklich machen. Die Mängel ihrer Bildung würden sich schon ausgleichen; und wenn sie ihn liebe, würde ihr das ganz leicht fallen. Jedenfalls aber könne nur sie ihn verstehen, wie nur er ihr Wesen verstände, wo so viel Romantisch-Poetisches sich mit so viel praktischer Klugheit mische.
    Kurz denn und rund heraus, er wolle sie heirathen, wenn sie noch etwas warten wolle. Er glaube fest an seinen Stern und er glaube an sie.
    In drei Tagen wolle er sich ihre Antwort holen. Bis dahin sei er ihr aufrichtiger und getreuer E.R. –
    Die Tage verstrichen ihm wirr und wüst in steter Erregung. Der Tag kam; leider hatte er am Abend eine Verabredung, zu welcher er sich einfinden mußte.
    Er mußte die Stadtbahn benutzen, welche über Moabit im Kreise läuft. Wie öde und traurig erschien ihm die Natur, trotz ihres Juli-Grüns – die ersten Vorboten des Herbstes zeigten sich mitten im Sommer, eine tiefmelancholische Stimmung lag über die Hügel und Haiden der märkischen Sand-Umgegend Berlins ausgegossen. Mitten im Sonnenschein fröstelte ihn. Ein krankhaftes Gefühl durchzitterte seinen nervösen Organismus, als sei er ein Stück verrostetes Eisen, das man auf den Schutt werfen müsse. Jeder andre Gedanke, jedes andre erstrebenswerthe Ziel war völlig aus seinem Hirn wie weggebrannt. An der Schürze eines schönen Weibes hing ihm das All. Wie ein Traum im Traum, spann es sich um ihn her. Seine Sinne wirbelten; ihm schwindelte; seinen Magen und seine Eingeweide durchzog eine seltsame Beklemmung, wie nahende Seekrankheit beim Schwanken eines Schiffes. Denn so schien das Schiff des Lebens mit ihm zu schwanken.
    Station Wedding!.. Die Station, der lange Bretterzaun, der von ihr entlang führte, die Gerichtsstraße mit ihrem holprigen Pflaster – alles das schien ihm, in der schwülen Beleuchtung des Sommerabends, in seltsame Lichtreflexe getaucht, wie ein wildfremdes symbolisches Etwas. Jeder Stein schien ihn mit lebendigen Augen altklug anzustarren, als besäße er den wahren Schlüssel zu dieser menschlichen Seelenpein; als stände er in geheimnißvoller Beziehung zu dem Schicksal dieser liebeskranken Menschenpflanze, die dem festen Boden entrissen, vom Wind entführt, ziellos, zwecklos, kraftlos, hinzusiechen verdammt.
    Ihm war, als ob er umsinken sollte; seine Kniee bebten, als er die schmutzige steile Treppe hinanstieg. Aber er klingelte gefaßten Muthes.
    »Ist Fräulein Kreutzner zu

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