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Größenwahn

Größenwahn

Titel: Größenwahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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Hause?«
    »Gewiß,« sagte die Wirthin höflich. »Bitte, treten Sie um hier ein. Ich werde sie rufen; sie ist mal runtergegangen.«
    Er saß am Fenster und starrte hinaus. Nach einiger Zeit öffnete sich lautlos die Thür und sie trat ein. Sie ging langsam bis in die Mitte des Zimmers, ohne die Augen aufzuschliessen, beide standen sich einen Augenblick stumm gegenüber.
    »Nun, was haben Sie nur zu antworten?« fragte er ruhig.
    »Ja, Herr Rother,« sagte sie zögernd. »Das geht nicht so schnell.«
    »Ja, bei mir muß aber Alles schnell gehn.«
    »Ja, ich.. aber bitte, bleiben Sie doch sitzen!« Er saß; sie stand. Ihr Gesicht war geröthet, ihr Ausdruck sehr ernst.
    »Ist denn das wirklich Ihr Ernst? Ich habe nichts.«
    Er sprang unwillig auf. »Wenn Sie mir so kommen! Daß Sie nichts haben, weiß ich doch selber.«
    »Aber Sie müssen mich doch aushören!« sagte sie mit verlegenem Lächeln. »Nun, warten wir ein Jahr, und wenn Sie dann nicht anderen Sinns geworden sind – nun, dann können wir uns heirathen ... Nun, was sagen Sie dazu?«
    »Wozu?« fragte er absichtlich, als hätte er nicht recht hingehört.
    »Zu dem, was ich gesagt habe.«
    »Ich bin's zufrieden.« Beide sahen sich an.
    »Nun.. aber Sie haben ja kein Feuer.« Sie eilte rasch, ihm ein Zündholz für seine ausgegangene Cigarre zu reichen.
    Beide schwiegen eine Zeitlang. Plötzlich entfuhr es ihr wie unwillkürlich:
    »So hängt das Alles zusammen? Aber so was!« Sie lehnte sich über den Stuhl und sah nachdenklich vor sich nieder.
    »Nun bitt' ich Sie aber,« sagte er rasch, »was haben Sie Herrn Wursteler, von mir gesagt?«
    »Ich? Nichts, daß ich wüßte!«
    »Nun, ich würde mir eher die Hand abreißen, eh ich das sonst erzählte. Sie haben gesagt, ich ... doch nein, sagen Sie, was meinten Sie denn damit, was Sie sagten, als Sie von draußen hereinkamen?«
    »Was denn? Ich hab nur gefragt: War Rother schon hier?«
    »Sie haben meinen Namen genannt?«
    »Ja wohl.«
    »So so!« machte er enttäuscht. »Dann ist's 'was Anderes. Eigentlich hab ich nur daraufhin Ihnen das geschrieben, was ich schrieb. Dann freilich fällt das fort.«
    »Was fällt fort?«
    »Nun, wenn das wahr war,« Rother unterdrückte jede weitere Anspielung, »so wäre es nicht recht von Ihnen gewesen, mit dem Eberhart zusammen zu kommen. Und das thaten Sie doch?«
    »Ja,« sagte sie verlegen, mit ernstem Ausdruck.
    »So haben Sie für den eine Neigung?«
    »Nicht die Spur!« erwiderte sie halblachend. »Ich hab mir nur gedacht, er wäre unter all den Andern noch mir der Anständigste. Und darum schrieb ich an ihn.«
    »Gut, ich kann verstehn, daß Sie ihn einmal sahen. Siehe das zweitemal, nachdem Sie meinen Brief erhielten, nun, das war gemein.«
    »Ja, ich hatte doch eigentlich keine Verpflichtung.« Er lag vor sich nieder.
    »Gewiß nicht. Aber nach meinem Briefe mußten Sie wissen, wie es mit mir steht. Und daraufhin.. Zudem, warum sind Sie damals nicht nach Treptow hinausgekommen?«
    »Ich fürchtete mich. Anfangs wollt ich durchaus gehn; aber dann dacht ich immer wieder, Sie spielten mit Bammer unter einer Decke zusammen.«
    »Ich! Wie konnten Sie so was denken!«
    »Ja, ich glaubt' es eben.«
    »Na, das war hübsch, wie ich da draußen umhergestiefelt bin,« lachte er. Sie lachte melodisch mit. Dann sagte sie aber ernst:
    »Wie konnten Sie mir nur solch einen ordinären Brief schreiben!«
    »Nu, war denn der so schlimm?«
    »Ach so abscheulich!« Sie schlug die Hände über dem Kopf zusammen und schauderte ordentlich.
    »So, wo ist er denn?«
    »O ich habe ihn gleich verbrannt.«
    Eine kurze Pause trat ein.
    »Ueberhaupt,« sagte sie plötzlich, »auch Ihr letzter Brief.. daß Einer so was von mir denken kann, daß ich nach Männern angle und aufs Geheirathetwerden spekulire! Ich bin gar nicht heirathslustig, nein durchaus nicht. Noch vor ein paar Wochen war ein Agent bei mir, der nur das anbot. Ich sollt einen Kammerdiener heirathen mit 50,000 Thaler. Der hatte mein Bild gesehn und so ... Aber ich hab's gleich abgeschlagen. Was soll ich denn mit so 'nem Alten!«
    Ein eifersüchtiger Groll ergriff Rother schon bei diesem Gedanken. Also gab es wirklich solche!
    »Wollen Sie mein letztes Bild sehen?« fragte sie und machte ihr Album auf. – Sie stand da, einen Champagnerkelch in der Hand, einen Herrn neben sich, einen andern vor ihr am Boden knieend. Sie sah zwar verlockend üppig und pikant aus mit dem sinnlichen Ausdruck ihrer Züge, aber so gemein, daß Rother

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