Größenwahn
dann der Edleren geringe Zahl,
Zu zart durch Denken und Gefühle,
Sie gehen unter, höhnisch und brutal
Zerstampft und übersehn im Weltgewühle.
Denn sie sind Silber und das Silber sinkt
Im seichten Strom des Tages. Doch inzwischen
Die falsche Alphenide prahlt und blinkt.
Dem Silber laßt uns Eisen mischen!
Nein, fliehet nicht den rauhen Lebenskrieg,
Kämpft mit für der Verkannten Sache!
Ein jeder Genius im Glück und Sieg
Uebt für Myriaden Unterdrückter Rache.
»Fort Ihr! Vergangenheit, weich' Du zur Linken!
Und Du zur Rechten, Zukunft!« stolz ich rief
Und stürmte auf und nieder bis zum Sinken.
Nur dieser Worte Kreis mein Hirn durchlief.
Und als ich seufzend meine Uhr dann fragte,
Sah ich, daß von der schönen Gegenwart
Ich einer Stunde Blüthe mir zernagte
Mit löblichen Entschlüssen solcher Art.
Die Harmonie von Leib und Seele –
Halb Sportsman, halb Gelehrter sein –
Das ist ein Humbug. Eines wähle,
Sonst wirst Du keines von den Zwei'n.
Seit mir die Liebe schien ins Herz gleich wie Aurora,
Beklage ich nicht mehr, wie sehr mein Loos zerüttet.
Was immer bergen mag die Büchse der Pandora,
Hoffnung und Liebe jetzt mit Blumen mich beschüttet.
Ich weiß, daß jedem Ding spät oder früh bescheeret
Ein Himmel der Natur, des Ueberird'schen Gleichniß:
Geliebt zu werden von der Frau, die er verehret,
Ist jedem Mannessein das krönende Ereigniß.
Zum Himmel ich erhob die abendmüde Seele,
Schon öffnete er mir sein leuchtend Sternenzelt.
In goldnem Nimbus da, göttlich und ohne Fehle,
Im Halbmond mir erschien die Königin der Welt.
Es singen um sie her die Sphärenharmonien:
»
Ave, Maria stella!
Heil, Herrscherin der Fluthen!«
Seltsame Horden auch von Geistern sie umziehn,
Die machtvoll in dem Schooß der großen Wasser ruhten.
Sie boten Schätze dar, die dort im Abgrund schliefen,
Schätze, die kaum geträumt der prächtige Aladin,
Schätze, die aufgespürt zur Hülfe dem Merlin
Die Artusritter nicht aus den verborgnen Tiefen.
Die Jungfrau sie empfing mit Huld all' diese Gaben,
Indem die Wimpern sie auf schwarze Augen senkte.
Doch Er, den ihrem Schooß mystische Liebe schenkte,
Oeffnete groß den Blick, sich an dem Glanz zu laben.
Indessen zitterte der Ocean empor
Aus seiner Tiefe, da die Herrin ihm erschien.
Und Deines Halbmonds Rand umfloß der Wogen Chor,
O Jungfrau, liebevoll Dir murmelnd Melodien.
Ja, jeder Silberschaum, ja alle Azurwogen
Des flüss'gen Elements zu Dir empor sich bäumen,
Von Deinem holden Leib ward himmelan gezogen
Dies Meer voll Hoffnungen und gläub'gen Liebesträumen.
»O Ewig-Weibliches!« Die Sphärenchöre sangen,
Prinzipien des Seins, die aus dem Meere stammen.
»O Ewig-Weibliches!« O wolle Du empfangen
Die Bitten hier von Luft und Erde, Fluth und Flammen!
O Unsre Liebe Frau, daß uns Dein Schutz behüte!
Kein Wesen ohne Dich gedeiht auf keine Weise.
Denn unsre Kraft bedarf all Deiner Frauengüte,
Zu einem Großen sie verknüpft verschiedne Kreise.
Durch Dich nur leben wir und blühn, Du unbeschreibliches
Geheimniß jedes Glücks, das sie ins Herze wob.
O Gattin, Schwester Du, o Mutter! Ewig Weibliches!
Nur Dir, nur Dir allein sei Ehre, Preis und Lob!
»Ah, bravo, bravo, lieber Graf!« rief Dondershausen. »Hier sieht man den gereiften Mann, welcher das Leben kennt!«
»Daß ein Mann wie Sie sich unter diese vorlauten Musenknaben und Maultitanen mischt!« flötete Adolf der Schöne.
»Nun, ehrlich gestanden,« Krastinik zuckte die Achseln, »mein Alter in Ehren! Daß meine Gedichte darum besser wären als die der Andern, kann ich nicht finden. Unreife – ja, die erkennt man wohl dort überall, aber auch echte Leidenschaft und mächtiges Wollen!«
Die vornehmen Kritiker und die feinsinnigen Eklektiker zuckten unisono die Achseln. Dann las man:
Helmold Heinrichs.
Erotik am Vesuv.
Von Capris Kuppen rinnen nieder hier
Die Bäche, roth beglüht vom Morgenschein,
Als rinne schier ein Meer von Malvasier
Zur blauen Grotte selbst ins Meer hinein.
Und der Vesuv steigt weißlich aus der Flut,
Gekrönt von Wolken. Wie ein Zuckerhut.
Oder ein Beutel, oben dichtgeschnürt.
Bald scheint's, ein Hütlein habe sich aufs Haupt
Der Berg gesetzt. Bald scheint, vom Wind umschnaubt,
Ein bleiches Segel an dem Felsenmast
Stets auf- und abgezogen ohne Rast,
Sobald ein Luftzug dort den Dunst berührt.
Und hier im Angesicht – so malt's kein Pinsel –
Des Flammenberges, des
Weitere Kostenlose Bücher