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Größenwahn

Größenwahn

Titel: Größenwahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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zerstörungsfrohen,
    Stürz' ich mich in der Liebe Flammenlohen
    Und schwelg' in Deinen Armen, Kind der Insel.
     
    »Ach, das ist mein Lieblingsdichter!« schmachtete Herr von Lämmerschreyer. »Welche Gluth des Colorits!«
    »Auch ein bescheidener Mensch!« Wurmb wiegte anerkennend sein Denkerhaupt. »Er schreibt mir jede Woche zwei Postkarten aus Casamicciola.«
    »Mir ja auch!« rief Feichseler.
    »Und mir auch!« »Mir auch!« Es ergab sich, daß dieser bedeutende Sänger an jeden Anwesenden gleichlautende Freundschaftsbriefe wohl immer zu gleicher Stunde absende. Ein Netz von Massencorrespondenz über das ganze litterarische Deutschland hin! Weniger ergiebig schien freilich seine produktive Ader. Denn er leistete jeden Monat ein Gedicht und erklärte, daß der wahre Dichter nicht arbeiten dürfe. Er müsse sich langsam vorbereiten, die Welt im Kopfe tragend, und alles ruhig reifen lassen. Nur der sei ein wahrer Dichterheld, wer möglichst das Tintenfaß meide.
    »Nicht so ewig drauflosschmieren, als könnte man nicht eilig genug unsterblich werden, wie dieser Leonhart!« eiferte der glatte Erich bei dieser gelegentlichen Feststellung der Heinrichs'schen Prinzipien, worauf ein allgemeines »Sehr wahr!« erscholl. Nur Krastinik runzelte leicht die Stirn und bemerkte ruhig:
    »Kennen Sie Leonhart so genau? Ich glaube gar nicht, daß er des Ruhmes wegen so viel producirt, sondern bloß aus innerem Muß, um seine Naturanlage auszuleben. Ihm ist das Schaffen, wie uns Anderen das Athmen und Verdauen. Uebrigens, was den Dichter Heinrichs anbelangt, so habe ich von intimen Freunden desselben Schauderdinge gehört und soll derselbe ein ganz gemeiner Schmutzian sein, der ja auch seine Sachen gar nicht selber schreibe. Doch lassen wir das! Jedenfalls ist er ein sehr mittelmäßiges Talentchen und schon seiner Photographie nach, die ich bei Ihnen, lieber Herr Holbach, sah, ein tolpatschiger Schleicher mit seinem Cylinder und seinem Bewußtsein des schönen Mannes.« Holbach, der sich bisher passiv verhielt, vertheidigte jetzt Heinrichs in seiner bekannten Manier aus Sheridan's »Lästerschule«, wo grade beim Vertheidigen tropfenweis Bosheiten nachsickern. Feichseler brannte jedoch vor Begier, zum Schluß der Anthologie zu kommen, und den schließenden Autor,
last not least,
durchzuhecheln.
     

Friedrich Leonhart.
     
Robespierre.
    Brav, schöner Brissot, mache nur
    Madam Roland den Hof.
    Wohlwollend lächelt der Patriach,
    Ihr Mann der Philosoph.
     
    Wieviel poetisch Phrasengedresch,
    Wieviel Genialität!
    Doch heiser kichert's aus einem Eck,
    Wo ein gelbes Männchen steht.
     
    Da schrie der stramme Maultitan
    Danton, wie immer benebelt:
    »Du Lederfratz, ist Dir das Maul
    Denn immer zugeknebelt?«
     
    Der hat noch nie Bonmots gemacht,
    Der kneift nicht in die Backen
    Den Bürgerinnen, hat auch nicht
    Stierhals und Löwennacken.
     
    Er ist ein schlichtbescheidener Mann
    Und mit verliebter Miene
    Denkt er sich grade Danton's Kopf
    Als Zierde der Guillotine.
     
Achill an der Leiche des Patroklus.
    (Byron und Trelawny verbrennen Shelley's Leiche.)
     
    Zum öden weißen Dünenstrand
    Von blauen Bergesketten
    Ziehn Pinienwälder schwarz herab,
    Die sich im Golfe betten.
    Zwei Männer bei einer Leiche stehn
    Am Mittelmeere einsam,
    Einen Scheiterhaufen entzünden sie
    Als Todtenwächter gemeinsam.
     
    »Den Freunden sein sterblicher Ueberrest
    Und Albion sein Gedächtniß!
    Trage Du fort die Erinnerung, Meer,
    Und sein Lied als letztes Vermächtniß!
    Für uns letzte Feueranbeter zumal
    Der Scheiterhaufen hier lodert.«
    Das Feuerzeichen steigt drohend empor,
    Als ob es Rache fodert.
    Wie ein Riesenarm mit geballter Faust!
    Doch dann sich verdünnend bleicht es.
    In goldiger Säule senkrecht auf
    Bis zu den Wolken reicht es.
     
    Abscheidend vom Unsterblichen
    Die sterblichen Erdenatome!
    Symbol der Psyche, darüber schwebt
    Ein Vogel im Aetherdome.
    Wie ein Phönix aus den Flammen hier
    Scheint er emporzusteigen
    Und tummelt sich zwischen Himmel und Meer
    In glückbeseligtem Reigen.
     
    Durchrieselt von erhabenem Graun,
    Ruft Byron, reckend die Rechte:
    »Hier als Brandopfer werfe ich ab
    Alles Feige und Schlechte.
    Wie Harmodius als Tyrsus schwing ich mein Schwert,
    Von bräutlichen Myrthen umwunden
    Ich bringe der Freiheit als Rosenstrauß
    Spartanische Ehrenwunden.
    Wie mein Ahne ›Ralph mit dem langen Bart‹
    Zieh ich an Deckbord des Drachen.
    Die Harfe zerschmettert, die Streitaxt hoch!
    Durch aller Donner

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