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Größenwahn

Größenwahn

Titel: Größenwahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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verzaubern Dich ihre Augen.
    Aber wende ihr stracks den Rücken.
    So wird Dir die Rettung glücken.
     
    Freude entflieht mit dem Wind in die Wette,
    Sorge hängt zähe wie eine Klette.
     
    Oft schreiben wir der geistigen Arbeit zu,
    Was andrer Kraftvergeudung wir verdanken.
    Sei nimmer müßig, immer mäßig Du!
    Ich glaube nicht an solche Arbeitskranken!
     
    Dir selber nur, Dir kannst Du nicht entrinnen.
    Die Ketten der Gedanken schleppst Du mit.
    Den Abgrund, der sich öffnete tiefinnen,
    Mit leichtem Fuß noch Keiner überschritt.
    Ein Opfer braucht er, wenn er einmal klaffte.
    Komm, Curtius! Im Tod er erst sich schließt!
    Ach, seinem Ich nur Der sich je entraffte,
    Wer selbstlos mit den Anderen genießt.
     
    Ach, brauchte man nach jeder Fête
    Als Soda doch ein Schlückchen Lethe!
     
    Den Kummer der Vergangenheit
    Kann ein Gedanke mindern,
    Der uns von Reue nicht befreit,
    Doch wohl sie weiß zu lindern.
    Was Du auch thatest, gut und schlecht,
    Das hat geformt Dein Wesen.
    Und jedes Wesen hat sein Recht.
    Sei, was Du Dir erlesen!
     
    Kein Epigramm Dich weiht
    So beißender Satire,
    Als Deinen »guten Freunden« ihre
    Erinnerung verleiht.
     
    O Unglücksmutter Unersättlichkeit!
    Wer ist denn reich? Wer seines Theils sich freut
    Und hartes Brot wie Trüffeln wiederkäut.
    Und statt der tausend Weiber, die ihn locken,
    Sich nur begnügt mit einem Liebesbrocken.
    Enthaltsamkeit – das ist Zufriedenheit.
     
    Trübe Stimmung wird bemeistert,
    Wenn man ihren Grund durchdacht.
    Blitz zuckt auf aus Nebelnacht,
    Gram zum Schaffen Dich begeistert.
     
    Wir bringen vom Meer der Vergangenheit
    Nur billige Waare für künftige Zeit.
    Die ganze Fracht der Meerbefahrung
    Ist unverkäuflich: die Erfahrung.
     
    Mutter Natur, mir hast Du Dich entschleiert
    Und jedes Würmchen ist mir lieb und traut.
    Der jungen Pflanzen Triebe, stets erneuert,
    Mein Auge freudetrunken schaut.
    Die Schöpfung liebe ich wie eine Braut.
    Denn Du verliehst ja Wolken, Wellen, Winde
    Als Brüder, o Natur, mir Deinem Kinde.
     
    Gewohnheit ist die Sünde wie die Tugend.
    Vorm Keim des Lasters wahre Deine Jugend!
    Umsonst sucht's dann die Mannheit auszurotten.
    Die starken Wurzeln Deines Wollens spotten!
     
    Dieser Grundsatz möge stützen
    Deinen Wandel bis ans Grab:
    Wisse Deine Zeit zu nützen,
    Gieb Dich nicht mit Skrupeln ab!
     
    Denn vergeudest Du Sekunden,
    Werden leicht Minuten draus.
    Jahre werden so aus Stunden.
    Und Du wirst – ein altes Haus.
     
    Zweifel, Reue, das sind Ketten.
    Taste nicht nach gutem Rath!
    Arbeit kann Verzweiflung retten
    Und Befreiung ist die That.
     
    Der Bach war unzufrieden
    Mit seiner Kleinheit.
    Und rief den Regen.
    Und trat mit unruhvollem Sieden
    Aus seinem Bett. Doch war ihm das kein Segen.
    Denn er verlor darüber seine Reinheit.
    Nun floß er durch Einöden, war voll Schlamm.
    Mit Wehmuth drum gedachte er der Bäume
    Und Blumen, die einst seine Ufersäume
    Geschmückt. Was schwoll ihm auch so hoch der Kamm?
     
    Die rothe Sonne funkelt
    Pfeilscharf durch schwarze Rüstern
    Und überm See es dunkelt,
    Die Wogen flüstern.
     
    Ich bin gesund und munter.
    Doch in der Sehnsucht Wogen
    Geh' ich urplötzlich unter,
    Hinabgezogen.
     
    Mehr Geistiges zu geben
    Dem Menschen Gott vergönnte,
    Als für das Erdenleben
    Er brauchen könnte.
     
    Ja, dieser Schmerz, uns nahend,
    Wenn die Natur uns offen,
    Ist ein Beweis, bejahend,
    Was wir erhoffen.
     
    Am Apfelfall fand Newton, heißt es,
    Das Gravitationsgesetz.
    Was sollten wir nicht finden jetzt
    Im kleinsten Fall Gesetze des Geistes?
     
    Und sätest nie den wilden Hafer Du
    Und opfertest den Sinnen keck,
    Warst nie ein Lidrian und Geck,
    So traue ich Dir auch nichts Großes zu.
     
    Ich soll mich der Wahrheit schämen,
    Hör' ich den Michel toben?
    Ich werde mich dann erst grämen,
    Wollt Ihr mich loben.
     
    Ich wußte, Liebe scharfe Pfeile wetzt,
    Doch daß der Pfeil vergiftet, spür' ich jetzt.
     
    Und wenn sich selbst herunterdrücken
    Die Kaiser zum Steigbügelhalter,
    Des Papstes weltlichem Verwalter,
    Tritt Dante auf der Päpste Rücken.
     
    Der Arzt, der zu studiren beginnt,
    Keinem Leiden selber entrinnt,
    Hält mit seiner Wissenschaft Schritt,
    Macht jede Erscheinung der Krankheit mit.
    Nur was wir im innersten Wesen erkennen,
    Wissen wir auch beim Namen zu nennen.
     
    Drei Menschengattungen giebt's in der Welt.
    Zuerst die sinnlich stumpfen Massen,
    Die nichts verehren als Genuß und Geld
    Und das Gefühl wie den Gedanken hassen.
    Doch

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