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Größenwahn

Größenwahn

Titel: Größenwahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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Krachen!
    Mein Ahn hieß der Schlechtwetter-Johann,
    Ihm hab' ich mich verglichen,
    Bin oft gescheitert auf festem Land,
    Hab' nie die Flagge gestrichen.«
     
    Auf schwarzen Mitternachtfluthen schwimmt
    Ein schwarzer Orlog. Am Sterne
    Beim Vordersteven ein schwarz Panier.
    Ein Sarg scheint's in der Ferne.
    Stumm ist die Aeolsharfe nun,
    Die im Schicksalssturme erschollen,
    Bis im Schlußakkord des Todes sie borst,
    Der Titanenseufzer entquollen.
     
    Er ist jetzt eins mit der Lieblichkeit
    Der Natur, die er lieblicher machte,
    Mit dem allbelebenden Schöpferhauch,
    Der in ihm die Flamme entfachte.
    Durch die dumpfen chaotischen Massen des Alls
    Schwebt er dahin für immer,
    Auferstanden in neuer Gestalt
    In ewigem Jugendschimmer.
     
Mater Dolorosa von Sedan.
    Viel tausend Granaten rechts und links
    Durchfurchen Feld und Heer.
    Doch ragt, von Trümmern umschleudeet rings,
    Der Altar blumenschwer.
    Noch lächelt die Jungfrau dort herab,
    Von steinerner Nische gedeckt.
    Zu ihren Füßen wühlt sein Grab,
    Wer fallend niedergestreckt.
    Ave Maria! Die Stunde dies,
    Wo die Glocke zur Messe ruft,
    Wo wie ein Gruß zum Paradies
    Aufwirbelt des Weihrauchs Duft.
     
    Hier aber Dampf nur überall,
    Die Erde bebt im Krampf,
    Auffliegender Pulverkarren Knall
    Und Kampf und Rossegestampf.
    Am Kreuz noch immer die Erde hängt
    Und ewige Wehn der Geburt
    Durchzittern den Leib, den ewig umfängt
    Des Todes eherner Gurt.
    Dort schlendert ein bleicher Schemen durchs Feld:
    Des Kaiserreichs Gespenst!
    Nun zähle die Leichen, Lügenheld,
    Ob Du Dein Werk erkennst?
     
    »Es lebe der Kaiser!« – Still, Du Narr!
    Der Austerlitzsonne Glanz
    Geht blutig unter, doch leichenstarr
    Rast weiter im Todtentanz!
    Spielt auf, Trompeten, zum letzten Marsch!
    Noch ein Idol bleibt ganz!
    »
Merde!
« knirschte die alte Garde barsch
    Und wir »
La France, la France!
«
     
Zufall.
    In einer Schenke im Tiberthal
    Trafen zwo Reiter sich einmal.
    Der eine Dandy, der andre Roué,
    Doch Beide Patrizier vom Wirbel zur Zeh'.
    Sie beplauderten überm Wein
    Die letzten pikanten Klatscherein.
    Den großen Clodius Pulcher-Skandal,
    Der als Weib verkleidet im Frauensaal
    Bei den Saturnalien Unfug versucht.
    Terentias falsche Haare. Luculls
    Fischbehälter und Seidenwurmzucht.
    Auch wie ein gewisser Sallust den Puls
    Der Zeit befühle und sich bereit
    Halte, zu sammeln die »Zeichen der Zeit«.
    Wie Crassus seine Volksküche und
    Sein Volkstheater ihm angepriesen
    Als Wichtigstes, doch der Autor mit Grund
    Ihn als bestes Zeichen der Zeit verwiesen
    An die Schulden des jungen Caesar, Zins
    Auf Zinseszins häufend, weil er die Provinz,
    Die er künftig bekommt, schon verpfändet. Und wie
    Sallust schon dem künftigen Opus verlieh
    Den Titel: »Catilina's Verschwörung«,
    Weil er prophezeie offne Empörung.
    »Beim letzten Fest hat mit Muränen
    Crassus gefüttert all seine Sclaven!«
    Der Aeltre meint mit lautem Gähnen:
    »Dies offenbar erscheinen muß
    Nur als Verwechselung. Spartakus'
    Besieger? Wenn er seine braven
    Muränen mit Sclaven gefüttert hätte
    So sähe ihm ähnlicher Das, ich wette!«
    Des besten Sportsman Quadriga sie loben
    Und der Modelöwin sidonische Roben.
    Dann brachen sie auf von ihrem Wein
    Und ritten gen Rom im Dämmerschein.
    Und als sie den sieben Hügeln nahn
    Und die ewige Stadt von oben sahn,
    Um des Aelteren Lippen ein Lächeln schlich,
    Unheimlich war's und fürchterlich.
    »Leb' wohl denn! Daß wir uns wiedersehn,
    Verbürge ich, es wird geschehn.
    Ich bin ein Mann, von Vielen geehrt,
    Von Vielen gehaßt – wie ein ehernes Schwert,
    Das stets dem Freund zur Hülfe bereit,
    Doch den Feind bedräut in gerechtem Streit.
    Nie hab ich dem Feind meiner Sache verziehn,
    Stets hab ich dem Freunde Schutz verliehn.
    In meinem Herzen für immer ruht
    Die Erinnerung an Bös oder Gut.
    Wer Du auch seist, beherzige den Rath:
    Scheue nie zurück vor verzweifelter That!
    Stets finde die Unbill blutigen Sold,
    Denn dem Wagenden ist die Klinge hold.
    Greift verwegene Hand in das Rad Deines Lebens,
    So rufe nach mir, nicht rufst Du vergebens:
    Ich zerbreche die Hand! Wer verfolgt und gekränkt,
    Der komme zu mir, der für ihn lenkt
    Der Vergeltung Stahl und vollführt die Rache –
    Denn seine ist meine eigene Sache.
    Ich bin der Richter, ich bin der Rächer!«
    Und grüßend er winkt mit dem Pfauenfächer,
    Den Mantel um Kinn und Mund er schlang,
    Seitab vom Hügel herniedersprang.
     
    An eine Schenke am Aventin,
    Als matt der Mond

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