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Größenwahn

Größenwahn

Titel: Größenwahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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endete.
    Nun saß sie also endlich im Coupé. Sie war standhaft und ruhig. Erst als der Zug sich in Bewegung setzte und sie ihr thränenüberströmtes Antlitz zum Fenster hinauswandte, bemerkte man: sie weinte bitterlich.
    Was schmerzte sie denn so? Sie wurde ja ihre peinliche Existenz der letzten Zeit los! sie fuhr ja ihrem verführerischen Prinzipal entgegen. Welcher Abschied schmerzte sie denn so bitter?
    Eine Stimme in ihrem Innern antwortete. – –
     

Drittes Buch.
     
I.
Schottisches Tagebuch.
Von Abfahrt des Dampfers.
    O penetranter Theergeruch,
    O Bürsten und o Wischer!
    O Besen, Eimer, Lappentuch!
    Das geht ja immer frischer.
     
    Man sieht euch Meerssöhnen an,
    Daß ihr die Seife hasset,
    Obwohl ihr hier euch Mann für Mann
    Mit Putzerei befasset.
     
    Und warum alle diese Noth,
    Ihr tiefverruchten Seelen?
    Daß ich zu rechter Zeit im Boot,
    Dafür müßt ihr mich quälen!
     
    Ihr jagt aus jeder Position
    Mich bis zum Steuerrade.
    Ich lenke auf das Trockne schon
    Zum Ufer meine Pfade.
     
    Doch alle Püsse, hier verliehn,
    Und Flüche, die es regnet,
    Curiren praktisch meinen Spleen –
    Meerbären, seid gesegnet!
     
Seefahrt nach Edinburg.
    Anstauchen Verwicks zeitenmorsche Thürme
    Grau ans der grauen Fluth. Darüber nickt
    Die stolze Rothkreuzflagge Albions.
    Zwing-Caledonian und Schlüssel Englands,
    Sei mir gegrüßt wie jedem Grenzer einst!..
    Die Woge klatscht in immer gleichem Takt
    An dieser Felsen Nippen – Seegevögel
    Umschwirrt in immer gleichem Flug die Gipfel.
    Der Mond tritt aus den Wolken; und ein Licht
    Ein geisterhaftes, weiß und strahlend, wirft er
    Hier auf Ruinen, ernst wie Nacht und Tod:
    Tantallon Castle ! Eule nur und Rabe
    Sie nisten heut in deiner Mauerkrone,
    Unheimlich krächzend langgedehnten Tones,
    Wo einst des grauen Löwen Douglas Höhle ...
    Am Hafen Dunbars fahren wir vorbei,
    Dem alten Sitz des fürstlichen Geschlechtes
    Altcaledoniens, der Carls of March.
    Wie heut die Buccleuchs, Hamiltons, Argyles,
    So standen sich zur Seit' und gegenüber
    Die Douglas und die March in grauer Zeit –
    Doch gegenüber, wie zwei Pfeiler stehn,
    Die Beide doch des Hauses Giebel stützen.
    Horch, welcher Sang schwillt feierlich empor
    Zu Dunbars Zinnen aus den Feldgezelten?
    Der salbungsvolle Psalm der »Eisenseiten«.
    Der General kaltblütig mit dem Rohr
    Der Feinde Stellung mustert. Plötzlich ruft er:
    »Der Herr hat sie in unsre Hand gegeben!
    Da kommen sie herab, die Lesley-Männer!«
    Von beiden Seiten schallt's begeistert-grimm:
    »Der Covenant!« »Jehova Zebaoth!«
    Da plötzlich flammt die Sonne hochempor
    Auf Berg und Meer nach bleichen Nebelmorgen.
    »Seht, jetzo er erscheint, der alte Gott,
    Und seine Feinde werden nun zerstreut.«
    Gewaltig geht das Wort von Mund zu Mund
    Und jede Brust erhellt das Gotteszeichen
    Und Cromwell ruft:»Seht hin, sie fliehn, sie fliehn!
    Wie Stoppeln sind sie nur vor unserm Schwert.
    Drauf, Rüstzeug, mit dem Herrn der Heeresscharen!«
    ..Der großen Männer Wort ist Gottes Wink:
    Und schon beleuchtet diese Siegessonne
    Der Schotten feige Flucht durchs Blachgefild –
    Von Schwerte nicht, von Cromwells Geist geschlagen.
     
    Heil, Edinburg! Da steigst du aus der Fluth
    Im Schleier der Romatik – Holyrood
    Und Schloß als Zacken in der Manerkron'!
    Im Nimbus goldnen Morgensonne schon
    Strahlt deiner Dichterfürsten Monument,
    Der Dioskurensterne, wie getrennt
    Als Schottlands Doppelglorie und Ruhm.
    Glorreiche Veste einst der Wissenschaft,
    Wo lang geherrscht der Muse heilige Kraft!
    Nach deiner Söhne neuem Griechenthum
    »Modern Athen« gepriesen und benannt,
    Dem auch im Anblick man dich ähnlich fand.
     
    Waverley Station! Von Burns' Monument schweift der Blick zum Castle hinüber, hoch oben thronend mit seinen buntröckigen Hochlandsgarden, und von da durch die schnurgerade breite Prince's Street über die gewaltigen vierstöckigen Häuser weg, welche die Ober-Stadt mit der Unter-Stadt verbinden, zu dem gothischen Münsterthurm, der Scott's Denkmal umhüllt.
     
    Bei dem wackern Bürgermeister
    In Kirkcaldy darf ich sitzen –
    Im Balkon im Sessel heißt er
    Mich »Inspiration erschwitzen!«
    Denn dort habe oft gesessen
    Mit dem Toddy und der Pfeife
    Carlyle, der hier unvergessen,
    Und der oft hierher noch schweife.
    Ha! Gleich wie der Pythia
    Dreifuß macht mich dieser Sessel
    Zum Propheten schon beinah!
    In der Nordsee Schaumeskessel
    Starre ich bis auf den Grund,
    Seh das Weltgeheimniß klaffen
    Bis in des Verderbens

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