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Größenwahn

Größenwahn

Titel: Größenwahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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schönern Tagen.
    Nicht besser waren jene Tage, nein,
    Doch schöner, als das alte Castle noch
    Auf einem Inselberg in Stromes Mitte
    Mit schroffen Felsenwänden, starren Wällen,
    Gleich einer Wetterwolke überhing
    Das Thal, verderbenschwanger. Durch die Buchen
    Mein' ich das Erz Geharnischter zu hören.
    Hier hat des Schloßherrn rauhes Herz ergötzt
    Das Stöhnen der Gefangnen im Verließ,
    Aufsteigend aus der Stätte der Verlornen,
    Und ein brutales Lachen, wilder Chor
    Der trunknen Zecher übertönte gellend
    Das Sterberöcheln. Doch am Fensterbogen
    Winkt' ihrem Lord der Lady Seiden-Schärpe,
    Wenn sein gepanzert schellenklirrend Roß
    Den Paß erklomm – mit ihren Silberthränen
    Statt Silbers die Gefangnen ihres Herrn
    Loskaufend oft, wie Tennyson's Godiva.
    Hier lagerten der Knight und seine Mannen,
    Auf schwarzen Bärenfellen hingestreckt
    Die riesenhaften Glieder, Tannen ähnlich;
    Ermüdet von dem Waid- und Waffenwerk,
    Die nassen Mäntel am Kamine wärmend.
    Hier ist die Brücke. Glorreich war die Stunde,
    Glorreich der Tag, als schritten über sie
    Gefangen hin die Schergen des Tyrannen,
    Des englischen Eroberers, gefesselt,
    Ganz überwunden in der Freiheitsschlacht.
    Wie war so purpurn da dein schneeweiß Kleid
    Von falschem Southronblut, o muntre Esk!
    Doch Blut verwischt sich, wie Erinnerung,
    Und silbern, wie vor fünfmal hundert Jahren,
    Sind deine Wellen. Ob der Mailandbrünne
    Silber auch heut nicht mehr durchs Dickicht blitzt –
    Das Schatzhaus der Natur bleibt unerschöpft.
     
    Die Esk sich wiegt in ihrer schmalen Schlucht,
    Die ausgepolstert weich mit Farrenkrant
    Und Moos und Binsen und verhangen dicht
    Mit Weiden wie mit grünen Schlaf-Gardinen,
    Gleich einem Kind in einem Himmelbett,
    In sich zufrieden, süßen Unsinn trällernd,
    Und an die Wände seiner Wiege klopfend
    In holder Ungezogenheit. Halb Bach, halb Strom,
    Halb Kind, halb Maid. Und blick' ich wieder hin,
    Wie furchtsam sie an's Tageslicht sich wagt
    Und träumerisch hinschleudert und aufs Neu'
    In ihre Wälder flieht, so dünkt sie mir
    Schier ein Poet, ein träumender Alastor,
    Ganz abgesondert vom Geräusch der Welt,
    Verlegen, wenn ein Blick auf ihn gerichtet:
    Der unbeholfen drum die Sonne sucht
    Und Worte murmelt unverstandnen Sinns;
    Der zitternd bald die sanfte Stimme hebt
    Und dann erschrickt vor seinem eignen Wohllaut;
    Bald wieder sich verbirgt in seinem Hain.
    Ja du bist ein lebendiges Gedicht,
    Lieblich Gewässer, und die Dichter drum
    Zu deinem Bord wallfahrteten schon früh.
     

Abschied von Edinburgh.
     
    »Wo des Castles Thürme schon
    Mit der Fluth zusammenfallen,
    Siehst den ewigen Schnee du drohn
    Ueber Holyrood, Freund Allen?«
     
    »Whisky-Lallen! Schlechter Witz!
    Dieses sind ja Wäscherinnen,
    Welche grad auf ›Arthurs Sitz‹
    Bleichen ihre Kinder-Linnen.«
     
    Schnaube, Dampfer! Schnaube nur,
    Zeit, du gierig Ungeheuer!
    Trag von hinnen ohne Spur
    Mich von Allem, was mir theuer!
     
    Lebewohl im Pfarrhaus bot
    Ich den wirthlich holden Schwestern.
    Lilie und Röslein roth
    Dufteten mir, ach, noch gestern.
     
    Mustertypen Beide sind
    Jener stolzen Angelsachsen,
    Die im Meer- und Alpenwind
    An des Hochlands Grenze wachsen.
     
    Wie Ginevra stattlich, bleich,
    Hoch und stolz ist Fräulein Jenny.
    Ja, mich dünkt, ein Königreich
    Achtet sie für einen Penny.
     
    Schwanenlied.. ihr Lied erklingt
    Bald nicht mehr – o Qualgedanke!
    Nimmer sie als Lerche singt,
    Nachtigall, unheilbar Kranke!
     
    Märchenwald, fahr wohl! Ob je
    Ich euch Alle wiedersehe,
    Klee und Schnee und Blüthenschnee,
    Mädchenrehang', zahme Rehe?
     
    Ich stieg wohl über den Hirtenwall
    Vom düstern Pentlandhügel.
    Da war die Melodie verstummt,
    Wo Du noch weiltest am Flügel.
     
    So wird auch die Erinnerung
    In meiner Seele erklingen
    Und mir Dein Bild im Traume nur
    Zuweilen wiederbringen.
     
    Nur ein Lied klingt mir immer noch dumpf im Ohr wie das eintönige Brausen der Seemuschel, die sich, das seegeborene Kind, zur Mutterwoge zurücksehnt. Das ist das Echo der Windharfe, die in Fingals Höhle spielt. Ihr lauschte ich im schwanken Kahn, als der Dampfer mich weit hinaustrug, eine Tagereise weit, zu den Inseln Staffa und Jona.
     
    Den schwarzen Fels grellgrünes Gras
    Umwallt. Es lugen aus dem braunen Ginster,
    Von weißem Schaume naß,
    Heidnische Leichensteine grau und finster.
    Ein schmaler Paß,
    Sich windend zwischen See und Klippenrand,
    Führt steil entlang den dünenlosen Strand.
     
    Hier wo sich Blöcke

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