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Größenwahn

Größenwahn

Titel: Größenwahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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spitz und stumpf
    Wie Schiefertafeln aufeinanderschichten,
    An den basaltenen Rumpf
    Geklammert, strauchelnd wir die Schritte richten.
    Es orgelt dumpf
    Die Brandung, die des Wandrers Fuß bespült,
    Bis eine Höhle plötzlich sie sich wühlt.
     
    Umringt uns eine Kathedrale?
    Die Salzfluth spiegelt den geschliffenen Chorgang.
    Wie in Weihwasserschale,
    Spritzt durchs Portal die Woge, im Emporgang
    Zum Sturmchorale
    Wie Orgelpfeifen hüpfend. Gelb und roth
    Der Sonne Inschrift auf den Nischen loht.
     
    Dies Wunderräthsel ward gewebt
    Als sein Symbol vom unbekannten Meister.
    Ueber den Wassern schwebt
    Noch heut der Werdehauch der Schöpfungsgeister.
    Doch was da lebt,
    Lockt hier der Angler Tod mit gellem Pfiff.
    Der Urkraft Schatzhaus ist dies Kirchenschiff.
     
    Weit draußen im freien Meer mußte der Dampfer beilegen. Denn der Ocean sang sein Schlachtlied, Möven kreischten klagend, die See ging hoch. Wir aber in vollgepfropftem Boot, lustige kecke Londoner Sportsmen, schaukelten uns ins Innere der Wasser-Höhle hinein. Den gefährlichen Riff-Kanal passirend, gelangten wir glücklich zurück zum Dampfer. Doch wenn schon das ins Boot Steigen beim Abstoßen und in See Stechen gefährlich war, so kostete es schwere Mühe, uns alle wieder an Bord zu bringen. Es gehörten feste Nerven dazu, genau in der Sekunde aus dem Bootstern auf die eiserne Fallreeptreppe zu steigen, wo die Taue der Matrosen das Boot herangerissen, das doch im nächsten Moment von einer Woge zurückgerissen werden konnte. Als ich bei dem Gedränge auf der Treppe seitwärts über Bord zu klettern suchte, machte das Schiff eine drehende Bewegung und nur dem starken Arm eines John Bull verdankte ich es, daß ich glücklich an Deck gelangte. Man muß sich wahrlich wundern, daß nicht unendlich mehr Unfälle auf See vorkommen. Jeder strengt eben alle Vorsicht und alle Kräfte an. Doch wo wäre der Tod uns denn nicht nahe?
     
    Der Regen sprüht, das Steuer rollt,
    Die Düne steigt, die Brandung hör ich schnauben.
    Hier wurde Dienst gezollt,
    Zuerst im ganzen Nord dem Christenglauben,
    Der sich gewollt
    Ein Heim erbauen in dem Münster hier,
    St. Columbans auf Eionas Revier.
     
    In Trümmern morscht der greise Bau,
    Epheu und Lolch umwuchern schon die Thürme.
    Die Grille hüpft im Morgenthau,
    Der Eidechs schlüpft. Heran, ihr Winterstürme
    Ihr brachet rauh
    Das Segel meines Lebens, und in Weh
    Versink' ich, bitter schmeckt der Tang der See.
     
    Ich kniee in der Brandung Gischt
    Am Steinkreuz nieder, dessen Rumpf geborsten.
    Die Midgardschlange zischt
    Zu mir empor, wo meine Adler horsten.
    Ein Narr nur fischt
    Nach Wahrheitsperlen. Auch des Ruhmes Fels
    Versinkt im Schlund des Acherontischen Quells.
     
    Wenn diese Kette springt der irdischen Bedrängniß,
    Wenn diese Seele sprengt ihr thönernes Gefängniß,
    Was wird ihr Loos?
    Sinkt endlich sie hinab ins Nichts, das schmerzenleere,
    Versenkt sie sich ins All, dem Tropfen gleich im Meere?
    O Meer, thu auf den tiefen Schoos!
     
    Am Rand der großen Tiefe steh ich hier,
    Die alles Seiende verschlingen wird,
    Und mich durchzuckt ein lüsternes Entzücken.
    Aus dieser Brandung leuchtendem Gesprühe
    Zaubere ich Lichtgestalten mir empor.
    Mir ist, als schwebte ich im Weltenraum,
    Wie ein Jehova, der die Rechte reckend
    Die Sonnenscheibe vorlockt überm Nichts.
    Und dann durchschauert mich ein andrer Wahn,
    Als wäre ich der letzte Erdensohn,
    Der einer neuen Sintfluth bang entrinnt,
    Wenn in der Wogen ungeheurem Schwall
    Des Abgrunds Aufruhr immer lauter grollt.
     
    Blick hier umher! Nach schwülem dunstigem Tag
    Strahlt blendender der Sonnenuntergang:
    Der Tod nach einem Leben trüb und bang
    Verklärt als Phönix sich erheben mag.
    Des Luft-Talares Purpursaum berührt
    Die Erde fast und Traubenbäche triefen
    Herab, so scheint es, aus der Wolken Tiefen;
    Manch rafaelisch Engelsköpfchen ziert
    Mit rosigem Fittich rings das Firmament.
    Der Mensch, an Niedrigkeit und Hochmuth reich
    Steht gegenüber jedem Element,
    Als wäre Herrscher er und ist doch Knecht zugleich.
     
     

II.
    »Dies Tagebuch ist – wirklich – recht – interessant, lieber Xaver.« Lady Dorrington gähnte leicht, als die Lectüre beendet.
    »Ja,« meinte Mrs. O'Donnogan. »Nur die vielen Gedichte hätte ich weggewünscht. Das versteht man oft gar nicht! Das heißt – natürlich – vielleicht verstehe ich doch nicht Deutsch genug..«
    »O ich bitte.« Krastinik verbeugte sich, etwas pikirt. Perlen vor die Säue! dachte er

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