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Größenwahn

Größenwahn

Titel: Größenwahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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Wallfisch und Leviathan.
    Nur würziger Duft von Fichtenharz
    Uns meldet, daß wir nahn.
     
    Es flammt das röthliche Fanal,
    Manch Schatten durch die Wipfel schwebt.
    Sind's Hünen, deren Todtenmal
    Sich hier erhebt?
     
    Die Woge schwillt zum Katarakt.
    Mit Kamm und Mähne schaumig grün,
    Die Midgardschlange tanzt im Takt
    Mit schneeigen Geifers Sprühn.
     
    Ade, Atlantischer Ocean! Schon jagen wir unter hinfegenden Regenschauern den Loch Etive und Loch Awe entlang, in das Herz von Argyleshire. An allen Flecken begegnen wir einem Aufruf des Marquis of Lorne (Schwiegersohn der Königin) als Clauhäuptling zu einem »Gathering«, um die alten Tänze und Uebungen der Hochländer in Ausübung zu erhalten. Dies ist die Heimath Campbells und die poetische Domaine Scotts. Wie wir so in Sturm und Wetter einsam dahinbrausten – nur die schwarzen Hochlandbullen stierten und brüllten uns von den schwarzen Hochlandhügeln nach –, da ward es um mich lebendig von schauerlichen Bildern. An der Bridge of Awe sah ich die weinende »Hochlandwittwe«, und drüben im Paß of Brander ihren erschlagenen Gatten, der da lag mit seinem ganzen Clan Mac Dougald of Lorn. Majestätisch starrte der steil herniederstürzende Ben Cruachau in den blutgetränkten See und über die Leichen zog rasselnd die Ritterschaft des Niederlandskönigs Robert Bruce. In den klatschenden Wellen aber und dem heulenden Wind, der mir den Hut vom Kopfe reißt, höre ich rauschen und brausen die melancholische Weise: »
We are landless, landless, landless, Grigalich
«. Und die Schatten der Wolken, die über die Landschaft jagen – sind es nicht die verfehmten verfolgten Mac Gregors? Doch der Weih, der hoch überm See lustig sich wiegt, scheint trotzig zu krächzen das Campbellsprichwort: »
'T is a far cry to Lochow!
« Dort in Glen Fruin vernehme ich im Klirren der Sensen das Wassenklirren der Mac Gregor und Colquhouns, die hier vernichtet wurden bis auf den letzten Mann. Ich sehe ein weißes Wölkchen am Ufer des Ben Lomond emporsteigen – oder ist es der Schleier Diana Bernons? Ein Seeadler stößt rauschend in die Fluth – oder ist es Rob Roy, der den See durchschwimmt?
    In Inversnaid genoß ich die hohe Freude, eine mir besonders werthe Reisegesellschaft wiederzusehen. Es waren dies die sogenannten »Eßreisenden«, eine hochinteressante Species. Auf keinem asthmaerzeugenden Aussichtspunkt wächst diese Pflanzengattung – sie verschmäht vergängliche Genüsse. Aber beim Breakfast, Lunch, Dinner – da sieht man sie den bleibenden Freuden des Daseins sich mit uneingeschränkter Hingebung widmen. Die Assimilationskraft, mit der sie Roastbeef und Mutton in zahlloser Menge ihrem innern Selbst verschmelzen, hat etwas Ehrfurchtgebietendes. Besonders Missus kann man sich gar nicht anders vorstellen, als mir Messer und Gabel kriegerisch gerüstet. Dabei haben wir sie im Verdacht der Identität mit jener Cokneydame, die kürzlich, wie die Touristensage meldet, einem Gentleman, der erwähnte, er habe gestern Ben Lomond gesehen, die grandiose Antwort ertheilte: »Ben – was? Stellen Sie mir Ihren Freund doch mal vor!!« 1
    In Inversnaid stürzt ein prachtvoller Wasserfall sich in den See. Hier hat Wordsworth seine »Hochlandmaid« singen hören. Hier stand ich lange bis tief in die Nacht und sah Gedichte, für die mir die Worte fehlen. Den Loch Kathrine , die Scenerie der »Jungfrau vom See«, muß man durch das optische Vergrößerungsglas der Scottschen Muse betrachten. Sonst ein recht gewöhnlicher Teich.
    Hier bewundern wir auch das »Gefängniß« Robins des Rothen, einen spitzen Felsen, auf welchem der Biedermann von oben her seine Opfer herabließ, um in dieser angenehmen Lage von ihnen unangenehme Bedingungen zu erpressen. Ach, die Helden der Poesie entpuppen sich oft bei nüchterner Betrachtung als ganz gemeine Wegelagerer. – Der Dampfer landet. Weiter durch die Trossachs. Dies Stromthal zeigt im Anfang einige Aehnlichkeit mit dem Sarne-Thal bei Botzen. Der Teith schäumt aber lange nicht so ungebärdig wie die muthwillige Sarne, und den ganzen Weg bis Callander hat die Natur als stilles liebliches Idyll gedichtet.
     
    Durch die Trossachs hör' ich schallen
    Der Romantik Silberhorn.
    Doch verschüttet und verfallen
    Ist der alte Sagenborn.
     
    Ach, die Kutschen auf und ab
    Rasseln hier in vollem Trab.
    Menschen, wer kann euch entfliehen?
    Wer sich, Prosa, deinem Staub entziehen?
     
Sterling-Castle.
    Am Felsenwall der Forth vorübergleitet.
    In

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