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Gromek - Die Moral des Toetens

Gromek - Die Moral des Toetens

Titel: Gromek - Die Moral des Toetens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Lutz
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hinter sich und schloss seinen BMW auf. Er setzte sich in den Wagen und griff nach der Zeitung, die auf
dem Beifahrersitz lag. Darunter befand sich ein Funkempfänger, der mit einem
Diktiergerät gekoppelt war.
    Da die Telefone von Sektion¬4 aus Sicherheitsgründen weder
über eine Freisprechanlage noch über eine Konferenzschaltung verfügten, war es
nicht möglich, sie von außen abzuhören. So hatte Gromek sich entschieden, auf
die altmodische, doch bewährte Methode des Abhörens mittels einer Wanze
zurückzugreifen.
    Er ließ das Fahrzeug an und fuhr los. Dann griff er nach dem
Diktiergerät und spulte das Band zurück. Als es von selbst gestoppt hatte,
schaltete er auf Wiedergabe. Nach einem anfänglichen Rauschen ertönte die nur
leicht verzerrte Stimme von Viktor Kilar: »Direktor von Eckersdorff ...? Hier
Kilar - ... - Es gibt Schwierigkeiten - ... - Gromek, richtig. Wahrscheinlich
weiß er, dass es sich um unsere eigenen Leute handelt - ... - Keine Ahnung, wie
er das so schnell herausgefunden hat - ... - Ich weiß. Sie favorisieren die
Delius, aber nach Gromeks Entdeckung - ... - Also gut. Es bleibt dabei. Auf
Wiederhören.«
    In dem Moment, als Gromek das Diktiergerät abschalten wollte, gab
das Tonband ein Klingeln von Kilars Telefon wieder. Gromek ließ das Gerät
weiterlaufen und hörte aufmerksam zu:
    »Kilar? - ... - Guten Tag! Schön, Sie zu hören! Wir sind sehr zufrieden.
Ihr Einsatz am Flughafen war vorbildlich! - ... - Das Rendezvous? Ja, wissen
Sie - da haben wir leider keine andere Wahl ... auch wenn Ihre
Gefahreneinstufung solche Einsätze an sich nicht vorsieht. - ... - Aber ich
verspreche Ihnen, es wird das letzte Mal sein. Ich gebe Ihnen mein Wort darauf.
Wenn dieses Rendezvous gelaufen ist, wird Ihre frühere Klassifizierung für die
Gefahrenstufe eins aus den Akten gelöscht. - ... - Endgültig. Auf Wiederhören.«
    Gromek schaltete das Diktiergerät ab und holte mit der rechten
Hand die Miniatur-Kassette aus dem Aufnahmeapparat hervor. Eine Zeitlang
spielte er mit dem Band, indem er es wie ein Taschenspieler durch die Finger
seiner rechten Hand gleiten ließ. Gleichzeitig machte er sich Gedanken über
sein weiteres Vorgehen.
    Währenddessen rauschte der Verkehr an ihm vorbei.
    Passanten überquerten die Straßen, ob mit oder ohne Zebrastreifen.
Gromek spielte immer noch mit dem Band. Er überlegte sich, ob er aus dem, was
er soeben erfahren hatte, die richtigen Schlüsse zog. Das Schicksal seiner drei
verbleibenden Rendezvous lag in seiner Hand. Er hatte eine Entscheidung zu
treffen. Allerdings wäre sein eigenes Schicksal untrennbar mit dem der anderen
drei verknüpft, würde er tatsächlich das tun, wozu er sich in diesem Moment entschlossen
hatte.
    Gromek unterbrach die Fingerübung, um die Tonband-Kassette in die
Brusttasche seines Hemdes fallen zu lassen. Sorgfältig knöpfte er die
Hemdtasche zu, damit sie nicht verloren gehen konnte. Er nahm an, er würde das
Band noch einmal gut gebrauchen können.
     
    Sektion¬4 -Direktor Herrmann
von Eckersdorff saß in seinem Büro, als seine Sekretärin ihm einen Besucher
ankündigte. Schnell schob er die oberste Schreibtischschublade zu, in der ein
Blutdruckmesser auf einer Akte mit der Aufschrift ›Operation Alamut‹ lag. In
den letzten Tagen hatte die Akte deutlich an Umfang gewonnen.
    Von Eckersdorff zog den Schlüssel, mit dem er die betreffende
Schublade abgeschlossen hatte, steckte ihn ein und drückte auf einen Knopf
neben dem Telefon. Ungehalten fixierte er den gleich darauf hereinkommenden
Kilar, dessen Erscheinen ihm ganz offensichtlich ungelegen kam.
    »Viktor, was gibt es denn nun schon wieder?« fragte er vorwurfsvoll.
    Kilar wusste nicht recht, wie er anfangen sollte. Missmutig und
ungefragt setzte er sich in einen von mehreren bequemen Sesseln. Nun saß er von
Eckersdorff gegenüber und blickte ihm gerade in die Augen.
    »Ich wiederhole mich nur ungern. Aber ich habe den Eindruck, dass
wir hier auf die falschen Leute setzen. Erst taucht Gromek unangemeldet in
meinem Büro auf, und kaum ist er weg, ruft mich die Delius an. Sie können sich
denken, warum.«
    Von Eckersdorff maß seinen engsten Mitarbeiter mit einem
sauertöpfischen Blick. Sollten seine Assassinen sich gerade jetzt seinen
Anordnungen widersetzen? So hatte er sich das in der Tat nicht vorgestellt.
    »Lisa-Marie Delius hat sich also über den Rendezvous-Auftrag
beschwert!? Und Gromek war in Ihrem Büro!? Das ist ja interessant«, schnappte
von Eckersdorff.

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