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Gromek - Die Moral des Toetens

Gromek - Die Moral des Toetens

Titel: Gromek - Die Moral des Toetens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Lutz
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Videoclips der Musiksender MTV und VIVA gezeigt wurden. Eben flüchtete eine Gruppe von Musikern vor drei kichernden
grünen Männchen in ein erntereifes Kornfeld. Einer nach dem anderen warfen sie
ihre Instrumente weg. Lisa sah abwechselnd zwischen Gromek, den sie vor einiger
Zeit an der Aquarien-Theke ausgemacht hatte, und den Mädchen hin und her. Sie
war gespannt, was er jetzt unternehmen würde. Denn dass er etwas unternehmen musste,
stand außer Frage.
    Gromek verwünschte in Gedanken den Unbekannten, der ihm diesen
Auftrag eingebrockt hatte. In der Toilette hatte er noch ohne Mühe über die
Aktivitäten der vier jungen Männer hinwegsehen können. Aber soeben waren sie
in sein Gebiet eingedrungen - und das war feindliches Gebiet.
    Gromek stellte seinen nur halb geleerten Drink auf der Raubfisch-Behausung
ab, knöpfte sein Jackett zu, umrundete mit zügigen Schritten die Tanzfläche,
wobei er den einen oder anderen im Weg stehenden Techno-Jünger unsanft zur
Seite schob, und folgte den acht Jugendlichen. Er hatte zwar keine Ahnung, was
die Mädchen bewogen haben mochte, sich ausgerechnet mit diesen vier jungen
Männern abzugeben, doch genau das wollte er jetzt herausfinden.
    Als er den Nebenraum betrat, fand er seine Schützlinge an einem
Tisch vor einer grau eloxierten Aluminiuminstallation, die aussah wie ein
abgestürzter Düsenjäger ohne Flügel. Den Mädchen gegenüber saß der etwa 18-jährige
Anführer, vor sich auf dem Tisch fünf kleine, bunte Tabletten. Jede von ihnen
hatte eine andere Farbe. Mit dem Zeigefinger schob er sie spielerisch hin und
her, während sein Blick Yasmine und ihre Freundinnen lüstern fixierte. Seine
drei Kumpane standen feixend hinter ihm. Nur zu gern hätten sie sich mit diesen
vier weiblichen Leckerbissen einen netten Abend gemacht. Aber noch war es nicht
so weit.
    Direkt vor dem Tisch blieb Gromek stehen und legte der ihm zunächst
sitzende Isabelle eine Hand auf die Schulter. Mit ruhiger Stimme erklärte er
den plötzlich nicht mehr kichernden Mädchen, die ertappt zu ihm aufsahen: »Die
Biene Maja hier ist nichts für euch. Unser kleiner Ausflug ins Paradies ist
hiermit beendet.«
    Bei diesen Worten ließ er den Anführer nicht aus den Augen.
    Der Junge schäumte vor Wut. Ohne Gromek anzusehen und ohne das
Spiel mit den Tabletten zu unterbrechen, antwortete er verächtlich: »Ihr habt
euren Onkel dabei? Sagt ihm, er soll Leine ziehen!«
    Die anderen drei starrten Gromek unterdessen frech in die Augen
und versuchten abzuschätzen, wie ernst sie ihn als Gegner zu nehmen hatten.
Für eine Schlägerei, vier gegen einen, waren sie immer zu haben. Sie grinsten
überheblich.
    Gromek war gänzlich unbeeindruckt.
    Er öffnete einen Knopf seines Jacketts, zog die Hosenbeine etwas
hoch und setzte sich neben Isabelle auf die Bank. Dort machte er es sich
bequem, lehnte sich zurück und legte einen Arm hinter dem Mädchen auf die
Lehne. Dann richtete er den Blick auf sein Gegenüber in seinem lächerlichen
Outfit und ließ sich von nichts anderem mehr ablenken.
    Für den geringelten und gehörnten Gelegenheitsdealer war Gromeks
Verhalten eine ungeheuerliche Provokation. Von einem Augenblick auf den
anderen wich seine Lässigkeit einer aggressiven Anspannung. Hasserfüllt schaute
er Gromek an. Mit einer schnellen Handbewegung zückte er ein silberfarbenes
Butterfly-Messer, fuchtelte einige Sekunden lang geschickt damit herum, ließ es
dann klappernd einrasten und legte es neben die bonbonfarbenen Tabletten auf
den Tisch.
    Die Spitze zeigte auf Gromek.
    »Wenn Du nicht in drei Sekunden verschwunden bist, Onkelchen,
schneidet Dir einer von meinen Leuten die Krawatte ab. Kapiert!? Gecheckt!?
Gespeichert!?«
    Yasmine und ihre drei Freundinnen tauschten beklommene Blicke aus,
doch Gromek blieb nach wie vor unbeeindruckt. Nach einem Moment des
Nachdenkens, der den Mädchen wie eine Ewigkeit vorkam, griff er unter das
Sakko, zog seine Glock hervor, entsicherte sie metallisch klickend mit
einer Hand und legte die Waffe geräuschlos auf den Tisch.
    Der Lauf zeigte auf den Anführer.
    Die Mädchen waren entsetzt. Sie alle waren an die Anwesenheit von
bewaffnetem Sicherheitspersonal gewöhnt. Dennoch war es das erste Mal, dass
eine Waffe in ihrer Gegenwart gezogen wurde. Die vier jungen Männer starrten
ebenfalls auf die Glock . Ihre Gesichtsfarbe nahm einen ungesunden
Farbton an. Eine Handvoll anderer Disco-Besucher im Raum hatte die Waffe auf
dem Tisch bemerkt und bewegte sich nun so eilig und

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