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Gromek - Die Moral des Toetens

Gromek - Die Moral des Toetens

Titel: Gromek - Die Moral des Toetens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Lutz
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gleichzeitig unauffällig
wie möglich in Richtung Haupttanzfläche.
    »Wenn Du in drei Sekunden das Zeug nicht wieder eingepackt und
dich mit deinen Jungs vom Acker gemacht hast, dann zieh ich Dir den Stachel«,
erklärte Gromek gefährlich ruhig. »Haben wir uns verstanden!? Haben wir das
kapiert, gecheckt und gespeichert!?«
    Keine fünf Minuten später verließ er mit den noch immer beklommenen
Mädchen das ›Millennium‹. In dem Moment fuhren fünf Streifenwagen mit
Martinshorn und Blaulicht vor. Yasmine und ihre Freundinnen waren einer
Ohnmacht nahe. Was würde der Botschafter dazu sagen? Sie alle rechneten mit
Hausarrest auf Lebenszeit.
    Zu ihrem Entsetzen ging einer der Türsteher den Polizisten entgegen
und zeigte wortreich gestikulierend in ihre Richtung. Als der Einsatzleiter und
seine Beamten näherkamen, zog Gromek einen Ausweis aus der Innentasche seines
Sakkos, der ihn als Sektion¬4 -Mitarbeiter legitimierte. Der Einsatzleiter
nahm ihn entgegen, um ihn zunächst gründlich zu prüfen. Mit einem
respektvollen Kopfnicken reichte er ihn zurück.
    »Was ist hier eigentlich vorgefallen?« fragte er Gromek. »Unsere
Informationen sind bisher nur mangelhaft. Haben Sie einen Überblick über die
Situation?«
    Wortlos drückte Gromek Yasmine den Schlüssel des Kleinbusses in
die Hand. Diese verstand und trat unverzüglich mit ihren Freundinnen den
Rückzug an.
    »Da drinnen laufen vier männliche Jugendliche herum, die mit
Ecstasy handeln. Voraussichtlich befinden sie sich noch im hinteren Teil der
Discothek. Ihr Anführer trägt einen gelb-schwarz geringelten Body und zwei
bunte Hörner über der Stirn. Sie können ihn nicht verfehlen.«
    Der Einsatzleiter gab seinen Beamten Anweisung, die vier Ecstasy-Händler
festzunehmen, woraufhin diese bis auf den letzten Mann in den dröhnenden
Tanztempel eilten. Er drehte sich noch einmal in Gromeks Richtung: »Ich nehme
an, hier gilt Dienstvorschrift Nummer ...«
    »Richtig«, fiel ihm Gromek ins Wort. »Sie haben mich nie gesehen.«
    Der Einsatzleiter nickte und folgte seinen Beamten.
    Yasmine und ihre Freundinnen hatten keinerlei Einwände mehr gegen
eine rasche Rückfahrt. Zaghafte Erleichterung malte sich in ihren Gesichtern.
Es war anscheinend noch einmal gutgegangen. Der Botschafter würde also nichts
von ihrer Dummheit erfahren, und folglich würde es keinen Hausarrest oder
andere Sanktionen geben. Oder etwa doch?
    Während Gromek in den Kleinbus einstieg, sah er einen Moment lang
wie zufällig über die Schulter. Schon den ganzen Abend über hatte er den
Eindruck gehabt, von jemandem beobachtet zu werden.
    Tatsächlich erkannte er schräg hinter dem Bus eine blonde Frau,
deren Gesicht jedoch im Schatten lag. Sie stieg in einen weißen Jeep
Cherokee und fuhr in eine andere Richtung davon. Den Kleinbus bedachte sie
mit keinem Blick, doch irgendetwas an ihrer Gestalt kam Gromek bekannt vor. Für
einen Augenblick erhellte eine der bläulichen Lichtsäulen das Innere ihres
Wagens. Zu seiner Überraschung erkannte Gromek Lisa-Marie Delius.
     
    Eine knappe Stunde später bog er in eine kurze, breite
Seitenstraße ein und parkte seinen Wagen schräg gegenüber von einem kleinen,
alten Kino, in dessen Schaukasten schon seit Jahren dieselben Plakate hingen.
In dieser Ecke der Stadt schien die Zeit stehengeblieben zu sein. Die
Leuchttafel über dem Eingang zeigte Titel von Filmen, die noch aus den
Fünfzigern und Sechzigern stammten - europäische Kunstwerke in Originalsprache
ohne Untertitel. Der Schwerpunkt dieses Lichtspieltheaters lag auf dem spanischen
Film.
    Gromek überquerte die Straße und löste am Eingang eine Karte für
die Spätvorstellung von Luis Buñuels ›Los Olvidados‹. Schweigend und ohne einen
der wenigen anderen Besucher anzuschauen, die sich lebhaft und leise in ihrer
Muttersprache unterhielten, setzte er sich auf einen Platz im hinteren Drittel
des Saals.
    Die Lautsprecher knisterten, der Vorhang hob sich. Auf der Leinwand
begann es zu flackern. Gromek lehnte sich entspannt zurück. Er verstand kein
Spanisch und er hatte den betreffenden Film bereits mehrmals gesehen, doch das
störte ihn nicht. Er hatte es sich zur Gewohnheit gemacht, das Haus in
unregelmäßigen Abständen von mehreren Wochen zu besuchen, und mit der Zeit
empfand er das Gesprochene als etwas Vertrautes, die Grautöne des 1950 in schwarzweiß
gedrehten Klassikers als beruhigend.

8 .  Jagd
     
    Lisas Wecker klingelte wie gewohnt um 6.30 Uhr. Am liebsten hätte
sie ihn gegen

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