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Gromek - Die Moral des Toetens

Gromek - Die Moral des Toetens

Titel: Gromek - Die Moral des Toetens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Lutz
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gaben sowohl die Menschenmenge als auch die wechselnden Lichtverhältnisse
ihr eine gewisse Sicherheit. Die Mädchen dagegen hatte sie schnell entdeckt.
Sie waren da, wo es am lautesten war.
    Gromek bahnte sich einen Weg zur Bar, deren beachtlicher Tresen
aus einem grünlich schimmernden Aquarium in Hufeisenform bestand. Zwischen
naturgetreu nachempfundenen Schiffswrackteilen tummelte sich ein kleiner
Schwarm Piranhas mit metallisch glänzenden Schuppen und roten Bäuchen. Er
fragte sich, wie die Tiere diesen Krach aushielten. Aber immerhin war es an
der Bar schon eine Handvoll Phon leiser als auf den drei Tanzflächen. Er lehnte
sich über den Tresen und sah in das milchige Auge einer Muräne, die schräg
unter ihm aus dem Ende eines Rohres hervor glotzte. Dann bemerkte er die
Barkeeperin, die sich vorbeugte und ihm ein Ohr entgegenstreckte. Er bestellte
einen alkoholfreien ›Taxi Driver‹. Mit einem kurzen Blick in Richtung
Tanzfläche überzeugte er sich davon, dass es den Mädchen an nichts fehlte.
Dann machte er sich auf zu dem glücklicherweise weit von den brodelnden und
pulsierenden Tanzflächen entfernten WC.
    Ein überwältigender Geruch nach Putzmittel schlug ihm entgegen.
Vier junge Männer standen an einem der Waschbecken und drehten ruckartig die
Köpfe zur Tür, als Gromek den Raum betrat. Der Anführer der Gruppe trug einen
gelbschwarz geringelten Body. Bis auf zwei verschiedenfarbige, aufwärts verzwirbelte
Haarbüschel über seiner Stirn war er kahlgeschoren. Zur Krönung seiner
Erscheinung trug er eine silbrig spiegelnde Riesen-Sonnenbrille. Ganz
offensichtlich war hier etwas im Gange, bei dem ungebetene Zuschauer nicht
erwünscht waren.
    Die vier musterten Gromek düster.
    Für den Bruchteil einer Sekunde zögerte er. Dann schaute Gromek betont
gelangweilt in eine andere Richtung und betrat die sauberste der fünf Kabinen.
Geräuschvoll schloss er hinter sich ab. Sollten die doch machen, was sie
wollten. Wenn sie unbedingt ihre Gesundheit ruinieren mussten, war das nicht
seine Angelegenheit, und dabei wollte er es belassen.
    Als er zurück an die Bar kam, wartete schon der ›Taxi Driver‹ auf
ihn. Gromek genehmigte sich einen Schluck, wandte sich der Tanzfläche zu und
beobachtete die vier Mädchen. In ekstatischer Verzückung warfen sie die Arme
hoch und trieben ihre Körper zu den unglaublichsten Verrenkungen an. Aus den
Lautsprecherboxen erklang die Stimme der Verheißung und erzählte von einer
neuen Welt. Einer Welt, in der Menschen zu Maschinen wurden, während Roboter
Herz und Seele entwickelten, einer Welt der Liebe und des Friedens, in der alle
Wesen in das verwandelt wurden, wovon sie schon immer geträumt hatten.
    Gromek fragte sich, wie das in seiner Jugend gewesen war. Er
konnte sich an die Stones erinnern, an die Beatles und an Kiss. Auch damals
waren die jungen Leute begeistert gewesen, hatten die Diskotheken gestürmt und
die Musik ihrer Idole mit Hingabe in Bewegungen umgesetzt, die von ihrer Elterngeneration
noch als unanständig angesehen worden waren. Doch die Zeiten hatten sich
geändert. Die Musik, die in dieser Diskothek lief, verkörperte nicht mehr die
Rebellion einer ganzen Generation gegen die überholten Werte ihrer
Gesellschaft. Gromek schien es, als haftete all diesen wunderbaren Synthesizer
Klängen etwas Unechtes an, als würden sie nur noch ein Gefühl bedienen, das
nach Belieben hervorgerufen, konsumiert und ebenso schnell wieder vergessen
wurde. Vielleicht war das der Grund für seine Abneigung.
    Yasmine und ihre Freundinnen waren nicht nur gute Tänzerinnen. Sie
fielen zudem durch ihre raumgreifenden Bewegungen auf. Das bemerkte vor allem
ihre männliche Umgebung. Gleichmütig beobachtete Gromek, wie die vier einen
Korb nach dem anderen verteilten und sich von Mal zu Mal mehr zu amüsieren
schienen.
    Auch die vier jungen Männer, die ihr kleines Geschäft auf der
Toilette inzwischen abgewickelt hatten, wurden irgendwann auf die Mädchen aufmerksam.
Der geringelte Anführer warf sich in die wogende und zuckende Menge. Er tippte
Chantal auf die Schulter, hielt ihr die linke Hand ans Ohr und brüllte etwas
hinein. Die wandte sich zu Gromeks Überraschung begeistert an Yasmine, welche
nach kurzem Überlegen einmal nickte und Isabelle und Christine bedeutete, ihr
zu folgen. Gemeinsam verließen sie die Tanzfläche und steuerten einen ruhigeren
Teil der Diskothek an.
    Lisa stand inzwischen in der Nähe einer Projektionswand, auf der
schon den ganzen Abend wirre

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