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Gromek - Die Moral des Toetens

Gromek - Die Moral des Toetens

Titel: Gromek - Die Moral des Toetens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Lutz
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einem Lächeln zu verziehen.
    »Darf ich vorstellen: der französische Botschafter Alain de
Lacroix, Michael Gromek.«
    Serge Borell war erleichtert, dass diese Angelegenheit nun nicht
mehr in seiner Verantwortung lag. Würde etwas schiefgehen - er jedenfalls wäre
aus dem Schneider.
    »Mon cher Monsieur Gromek«, begann der vorzeitig ergraute
Botschafter lächelnd und legte dabei vertraulich einen Arm um Gromeks Schulter.
»Kommen Sie. Kommen Sie. Ich möchte Sie mit meiner Tochter Yasmine bekannt
machen. Ein zauberhaftes Geschöpf. Aber leider auch etwas eigensinnig. Na, Sie
kennen das ja bestimmt. Oder etwa nicht?«
    Während der Botschafter über seine eigene Bemerkung lachte, befiel
Gromek ein Verdacht. Er wurde das ungute Gefühl nicht mehr los, dass hier
jemand einen üblen Scherz mit ihm trieb.
    Yasmine und ihre drei Internatsfreundinnen Isabelle, Chantal und
Christine stellten den Champagner beiseite, hörten auf zu kichern und
versuchten, einen wohlerzogenen Eindruck zu machen. Es hatte Yasmine tagelange
diplomatische Vorarbeit gekostet, dass sie heute Abend gemeinsam ausgehen
durften. Nichts sollte im letzten Augenblick noch dazwischenkommen.
    »Yasmine, ma petite ange. Darf ich Dir und Deinen Freundinnen
Monsieur Michael Gromek vorstellen? Er hat sich bereiterklärt, euch heute Abend
zu begleiten und für eure Sicherheit zu sorgen.«
    Gromek traute seinen Ohren nicht, als er die Worte des französischen
Botschafters hörte. Von bereiterklären konnte keine Rede sein. Das war es also,
worum es hier ging: Man hatte ihm einen Babysitter-Job angehängt. Gromek hasste
Aufträge dieser Art, auch wenn sie gut bezahlt wurden. Er würde herausfinden
müssen, wer dafür verantwortlich war. Aber zunächst blieb ihm zu seinem Ärger
nichts anderes übrig, als gute Miene zum bösen Spiel zu machen.
    »Angenehm.«
    Er lächelte und deutete eine Verbeugung an. Dann ergriff er
Yasmine de Lacroix' Hand. Diese war zwar schlank und zart, hatte aber einen
unerwartet festen Griff. Mit routinierter Gelassenheit übernahm Yasmine die
Vorstellung ihrer Freundinnen: »Darf ich bekannt machen: Mademoiselle Isabelle
Farouche, Mademoiselle Christine Boumédienne et Mademoiselle Chantal
Pierrotin-Dauvier.«
    Gromek nickte den dreien zu. Eine hübscher als die andere, dachte
er. Dennoch hätte er am liebsten auf der Stelle kehrtgemacht. Erfahrungsgemäß
war diese Sorte von Aufträgen anstrengender als alle anderen.
    »Yasmine, Du weißt, was wir vereinbart haben!? Du und deine
Freundinnen, ihr werdet tun, was Monsieur Gromek euch sagt«, ermahnte
Botschafter de Lacroix. »Anderenfalls wird er tout-de-suite mit euch hierher
zurückkommen. Habe ich mich klar ausgedrückt!?«
    Gromek warf einen Seitenblick auf den französischen Botschafter.
Die Gastgeberfreundlichkeit war gänzlich aus dessen Gesicht verschwunden. Jetzt
sprach der strenge Vater, der sich um seine einzige Tochter sorgte und
gleichzeitig wusste, dass er das Liebste, was er auf Erden hatte, nicht
vollständig kontrollieren und auch nicht für sich allein behalten konnte.
Gromek, der selbst keine Kinder hatte, vermochte nicht einmal zu erahnen,
welche Qualen dieser Mann seiner unbeschwerten, lebenshungrigen Tochter wegen
auszustehen hatte.
    »Oui, Papa«, erwiderte Yasmine. Offensichtlich war ihr die Bevormundung
durch ihren Vater unangenehm, und das weniger vor ihren Freundinnen als vor
Gromek. Sie schien zu fürchten, dass er in ihr keine junge Dame, sondern
allenfalls eine verwöhnte Jugendliche sehen würde. »Wir wissen Bescheid, Papa.
Mach Dir keine Sorgen. Ich glaube, bei Monsieur Gromek sind wir in den besten
Händen. A bientôt.«
    Yasmine küsste ihren Vater flüchtig auf die Wange. Während sie
sich von diesem abwendete, bedeutete sie Gromek, dass sie und ihre Freundinnen
bereit zum Aufbruch seien. Doch Gromek wartete auf ein Zeichen des Botschafters.
Erst als dieser ihm zunickte, setzte auch er sich in Bewegung.
    Er ließ die Mädchen vorausgehen und folgte ihnen zum Fahrstuhl. So
mancher der umstehenden Gäste beneidete ihn zutiefst. Nur zu gern hätten sie
selbst einen Abend lang auf Mademoiselle Yasmine und ihre reizenden Freundinnen
aufgepasst.
    Als sich der blasse Serge Borell an Gromek wandte und ihm mit
gleichgültiger Miene einen Autoschlüssel reichte, hätte dieser ihn gern das
Ausmaß seiner Frustration spüren lassen. Doch solche unbeherrschten Reaktionen
waren nicht sein Stil. Äußerlich ließ er sich nichts anmerken.
    »Wer hat mir diesen Mist

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