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Große Geschichten vom kleinen Volk - Band 2 (German Edition)

Große Geschichten vom kleinen Volk - Band 2 (German Edition)

Titel: Große Geschichten vom kleinen Volk - Band 2 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Frenz
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und bei den Menschen. Und am Ende können die Kleinsten ein weiteres Mal den Lauf der Welt verändern.«
    Meine Neugier hatte mich noch einmal an diesen See geführt. Ein Wagnis, gewiss, doch nun hatte ich die Antworten auf all meine Fragen. Ich verabschiedete mich und verließ dann rasch den Ort. Eine Weile war ich noch in Sorge, ging Umwege und ließ Zeit verstreichen, damit Geliunas Aufmerksamkeit mir nicht folgte. Aber wer macht sich schon die Mühe, einen Halbling zu beobachten?
    Endlich, als ich mich sicher fühlte, kehrte ich um und holte das Kästchen aus der Grube, in der ich es versteckt hatte, bevor ich zu der Dame vom See gegangen war. Es war in Seide geschlagen, wie ich es im Heerlager gelernt hatte – in Seide, welche die magische Ausstrahlung abschirmte. Ich widerstand der Versuchung und ließ meinen Schatz verhüllt. Die Zeit mag kommen, da man ihn gefahrlos hervorholen kann, doch in jenem Augenblick waren gewiss sämtliche Zauberer der Welt auf der Suche nach dem verschwundenen Kleinod, weswegen es wichtig war, dass nichts von seiner Macht nach außen drang.
    Umhüllt hielt ich es eine Weile auf dem Schoß, jenes silberne Kästchen, das Leuchmadans Herz und so viel magische Macht in sich barg. Einen Krieg hatte es schon entschieden, und weitere Kriege warteten darin auf denjenigen, der das Artefakt gebrauchte und seine Macht in die Welt entließ.
    In den richtigen Händen könne es Wunder bewirken, hatte Geliuna gesagt. Doch manchmal sind die richtigen Hände diejenigen, die keinen Gebrauch von einer Sache machen wollen. Also nahm ich es mit zu mir nach Hause, barg das Kästchen sicher eingepackt in meinem Keller und bewahrte den Frieden.
    Es ist ruhig und sicher im Wichtelwald. Mitunter ziehe ich noch auf Abenteuer aus, aber wenn ich zurückkehre, finde ich mein Haus und mein Volk unversehrt, und eine Tasse Tee steht immer bereit. Der Krieg gegen die Finstervölker, der all das bedroht hatte, ist nur mehr Geschichte, und ich habe ihn beendet.
    Abbildung 3
    Inzwischen ist das Leben, sind die Gefahren klein geworden, und der Alltag hat Einkehr gehalten im Wichtelwald. Ein kleines Leben für kleine Leute, und die großen Krieger müssen anderswo Zerstreuung suchen.
    Nur manchmal, wenn mir ein wenig langweilig wird, dann gehe ich in meinen Keller und nehme meine Kriegsbeute in die Hand. Ich packe sie nicht aus, halte sie nur und erinnere mich daran, wie selbst die Kleinsten das Schicksal der ganzen Welt in Händen halten …
    … und darüber entscheiden können.

SHLOKO HOLMSER &
DER UNSICHTBARE ARMBRUSTSCHÜTZE
von Bernd Perplies
    Es gibt Leute, die behaupten, dass ein großer Geist nur in einem großen Körper wohnen kann. Das ist, wenn ich das so sagen darf, ausgemachter Unsinn. Wäre es wirklich so, müsste mein Herr, Shloko Holmser, mindestens acht Fuß groß sein, und nicht bloß die dreieinhalb, die er tatsächlich misst. Denn Holmser hat einen großen Geist, so wahr ich hier sitze und diese Zeilen niederschreibe. Er hat einen außergewöhnlichen Geist. Sein Scharfsinn ist bis weit über die Grenzen von Grünheim bekannt, ja, man preist seine Gaben, Rätsel zu lösen und Mysterien zu lüften, selbst an so fernen Orten wie Büttelborn, Kleineck und Hammelfurt!
    Aus eben diesem Grund kommen die Leute immer wieder zu uns, wenn es irgendwo ein Ungemach gibt. Ist ein Ehegatte spurlos verschwunden, obwohl er nur kurz in der Gaststätte um die Ecke ein paar Humpen Kräuterbräu trinken wollte? Fehlt in der Bierdeckelsammlung plötzlich und aus unerklärlichen Gründen der Erdenthaler Dunkel von 1127 – natürlich der mit Goldkante? Wollte Tante Anneline nach ihrem Ableben nicht ihrem Sohn statt ihrem Neffen ihr beträchtliches Vermögen vermachen? In all diesen Fällen ist der Bäckerweg 21 b, eine gemütliche Wohnhöhle am Nordrand von Grünheim, die erste Adresse für Hilfesuchende.
    Das hat zur Folge, dass die meiste Zeit ein ziemlich reges Kommen und Gehen in unserem Domizil herrscht. Wenn ich von uns spreche, meine ich damit natürlich meinen guten Freund Holmser, unsere treue Aufwartung Frau Hattson und meine Wenigkeit. Mir persönlich – und ich denke, Frau Hattson geht es da nicht anders – wäre ein etwas beschaulicheres, von weniger Aufregungen geprägtes Leben lieber. Aber natürlich ist uns bewusst, dass Holmser dieser Art der steten geistigen Herausforderung, dieser Nahrung für seinen unstillbaren Hunger bedarf, um nicht zum Trinker oder, noch schlimmer, zum Abenteuerreisenden zu

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