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Große Geschichten vom kleinen Volk - Band 2 (German Edition)

Große Geschichten vom kleinen Volk - Band 2 (German Edition)

Titel: Große Geschichten vom kleinen Volk - Band 2 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Frenz
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von dem Kameraden herunter, kam auf die Beine und zog ihn ebenfalls hoch. »Stimmt das?«, fragte ich ihn barsch.
    »So wahr ich hier stehe«, stammelte mein Gegenüber mit hochrotem Kopf. »Aber woher wisst Ihr das alles, Herr Holmser? Ich habe mich doch noch gar nicht vorgestellt.«
    »Bringen wir etwas Licht in die Angelegenheit«, sagte mein Freund, ging zum Fenster und öffnete es, damit der beißende Qualm abziehen konnte. Daraufhin schlenderte er zu dem vorgeblichen Ponyburschen hinüber und baute sich vor ihm auf. »Zum Ersten«, sagte Holmser, »verströmst du einen mehr als merklichen Geruch nach Pferd, und auf deiner Kleidung sind Reste von Stroh zu finden.« Er klaubte einen gelben Halm von Bukos brauner Jacke. »Du stürmst hier herein wie ein Bote, also stehst du offenbar in jemandes Diensten. Nun gibt es genau drei Leute in der Umgebung, die wohlhabend genug sind, Ponyburschen zu beschäftigen, und nur einer von ihnen ist so nachsichtig, einen Tollpatsch wie dich bei sich arbeiten zu lassen: Fondo Grünbein. Ganz abgesehen davon erzählte er mir vor einem Monat bei einem gemeinsamen Mittagessen, dass er einen neuen Ponyburschen suche.«
    »Und mein Name?«, fragte der Junge staunend.
    »Steht auf dem gestickten Schild auf deiner Brust«, sagte Holmser lapidar und schnippte mit dem Finger dagegen. »Ein weiterer Hinweis dafür, dass Fondo dein Herr ist, denn er kann sich einfach keine Namen merken und verlangt daher von allen Angestellten, dass sie diese lächerlichen Schildchen tragen.«
    »Das ist Magie!«, rief Buko staunend aus.
    »Mitnichten«, erwiderte Holmser. »Reine Kombinationsgabe. Aber wo wir gerade von Fondo sprechen: Wie geht es dem alten Knaben eigentlich?«
    Bukos Miene verdüsterte sich. »Nicht gut, Herr Holmser. Herr Grünbein ist tot. Er wurde in seiner Studierstube erschossen.«
    Mein Freund blinzelte ein paar Mal, während er versuchte, diese Neuigkeit zu verdauen. Dann sagte er: »Das ist unerfreulich, in der Tat. Und weshalb kommst du damit zu mir? Wäre das nicht ein Fall für den Büttel?«
    Buko nickte. »Der ist auch schon da, aber Herr Krausefuß, der mich geschickt hat, wünscht zusätzlich Eure Anwesenheit.«
    Holmser nickte. »Ich verstehe. Also machen wir uns auf den Weg.«
    Das Anwesen des Handelsreisenden Grünbein lag auf einer kleinen Erhebung direkt am Rand der Gurgelbachklamm, einem schroffen Einschnitt inmitten der sanften Hügel, der den Eindruck erweckte, ein Riese habe mit seiner Axt versucht, das Land zu spalten. Das Anwesen selbst war, im Gegensatz zum überwiegend unterirdischen Wohnungsbau dieser Gegend, oberirdisch angelegt, was sicher damit zu tun hatte, dass Grünbein als Händler direkt an sein Wohnhaus angrenzend einen Pferdestall, eine Scheune mit Lastkarren und ein Lager für Handelsgüter besaß.
    Am Eingang des Wohnhauses wurden wir vom Haushofmeister des alten Grünbein, einem ernsten und beinahe mageren Gevatter namens Thom Krausefuß, empfangen. »Holmser, schön, dass Ihr es einrichten konntet. Und Ihr auch, Wasndas.« Er schüttelte uns die Hand.
    »Was genau ist hier vorgefallen?«, fragte mein Freund.
    »Es war Mord!«, tönte eine neue Stimme vom Korridor her, und der untersetzt wirkende Büttel Bunteblum trat mit gewichtigen Schritten näher. »Ein feiger Meuchler hat den alten Grünbaum mit einer Armbrust aus nächster Nähe erschossen. Der Bolzen steckt noch in seiner Brust. Und ich habe auch schon eine gute Vorstellung davon, wer da seine Finger im Spiel hatte. In der Gaststätte oben an der Nordhandelsstraße lungern seit zwei Tagen ein paar fragwürdige Gesellen herum. Denen werde ich mal auf den Zahn fühlen. Zweifellos handelt es sich um gedungene Mörder, die von früheren Handelspartnern Grünbeins bezahlt wurden. Fall abgeschlossen. Geht nach Hause, Herr Holmser.«
    Mein Freund warf mir einen vielsagenden Blick zu, bevor er sich an Krausefuß wandte. »Teilt Ihr die Meinung von Büttel Bunteblum, Krausefuß?«
    »Um ehrlich zu sein, nein, Herr Holmser.«
    »Und weshalb nicht?«
    Krausefuß räusperte sich. »Wie ich Büttel Bunteblum schon sagte, muss Herr Grünbein im Laufe der Nacht gestorben sein. Gestern Abend nach dem Schlummerschmaus war er laut unserem Koch noch wohlauf. Und als ich ihn vorhin suchte, weil er nicht zum Frühstück erschienen war, fand ich ihn tot in seiner Studierstube vor. Allerdings hat keiner der Angestellten in dieser Zeit einen Fremden auf dem Anwesen bemerkt, und auch die Hunde haben nicht

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