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Große Geschichten vom kleinen Volk - Band 2 (German Edition)

Große Geschichten vom kleinen Volk - Band 2 (German Edition)

Titel: Große Geschichten vom kleinen Volk - Band 2 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Frenz
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vielleicht gerade deswegen, hielt Herr Krausefuß es für angebracht, zusätzlich um meine Hilfe zu ersuchen.«
    »Shloko Holmser …« Euphelia ließ die Worte wie eine Beleidigung auf den Lippen zergehen. »Geht Ihr immer noch dieser närrischen Freizeitbeschäftigung nach, Rätsel zu ergründen, für deren Auflösung es ordentlich eingesetzte Beamte gibt?«
    »Ja, meine Dame, das tue ich. Und mit nicht geringem Erfolg, wenn ich hinzufügen darf«, erwiderte Holmser verschnupft. »Mein Beileid übrigens zum Tod Eures Bruders.«
    Euphelia schnaubte. »Euer Beileid brauche ich nicht. Präsentiert mir seinen Mörder, damit dieser Albtraum so schnell wie möglich vorüber ist.«
    »Ich gebe mein Bestes, das verspreche ich. Und deswegen würde ich mir jetzt gerne den Tatort anschauen – und alle Anwesenden darum bitten, mir ein paar Minuten der Ruhe zu gönnen. Ihr, Wasndas, seid natürlich ausgenommen. Ihr dürft mich gerne begleiten.«
    Holmser ließ sich von Krausefuß die erneut abgeschlossene Tür zur Studierstube öffnen und trat gemeinsam mit mir ein. Der Patriarch des Hauses, ein beinahe hundertelf Jahre alter Herr, saß an seinem Schreibtisch. Vor ihm auf der Schreibtischoberfläche standen eine Flasche mit dem starken Auenthal-Brandy, den Grünbein so liebte, ein leeres, aber offenkundig benutztes Glas, ein Fässchen mit Tinte, eine Feder und ein Blatt Pergament, auf dem nur die in geschwungenen Lettern verfasste Überschrift »Mein letzter Wille, gültig mit diesem Tage« geschrieben stand. Das Datum darunter entsprach dem von gestern.
    Aus der Brust des feinen Herrn, der durch Geschäfte außerhalb des Landes zu Wohlstand gekommen war, ragte ein Armbrustbolzen. Er steckte genau im Herzen, ein Anblick, der alles andere als schön anzusehen war. Aber als Veteran des Goblinkriegs habe ich selbstverständlich Schlimmeres erlebt – und Holmser lässt sich ohnehin von nichts, so grausam es auch sein mag, aus seiner von wissenschaftlichem Ernst geprägten Stimmung bringen.
    Mit ebendiesem Ernst begann er, das Zimmer in Augenschein zu nehmen. Er baute sich vor dem Toten auf und zielte mit einer gedachten Armbrust. Dann trat er vor und maß den Bolzen aus. Er schnüffelte in der Luft, pendelte mit einem Magieaufspürer und begutachtete den Boden unter dem einzigen Fenster sowie das Fenster selbst, eine sowohl aus klaren als auch aus bunten Glasstücken zusammengesetzte Scheibe. Holmser klopfte gegen ein gelbes, kreisrundes Glasstück, das daraufhin aus der Bleifassung fiel und nach draußen verschwand. »Hoppla«, sagte er, öffnete das Fenster und blickte hinaus. Direkt unterhalb des Fensters begann der steile, felsige Abhang der Gurgelbachklamm. Die Klamm war etwa drei Dutzend Schritt tief und hundert Schritt breit. Unten, zwischen Steinen, plätscherte der Gurgelbach, der dem Ort seinen Namen verlieh. »Nun, dieses Stückchen Glasscheibe ist wohl auf und davon«, befand er.
    Im nächsten Moment drehte er sich schwungvoll zu mir um. »Die Tatortbegehung ist beendet«, erklärte er. »Schreiten wir zu den Befragungen.«
    Als Erstes nahm Holmser sich Krausefuß vor.
    »Ich sah, dass Grünbein im Begriff war, ein Testament zu verfassen. Wisst Ihr etwas darüber?«
    »Nun, genau genommen handelte es sich bereits um das zweite Testament. Das erste liegt bereits seit Jahren bei Notar Beutelheim, und auch wenn mir sein Inhalt nicht bekannt ist, wird gemeinhin angenommen, dass Herr Grünbein sein Vermögen unter den Verwandten seiner Schwester aufteilen wollte. Wie Ihr sicher wisst, Herr Holmser, ist die Gemahlin von Herrn Grünbein bereits seit Jahren tot und das Paar kinderlos geblieben. In letzter Zeit allerdings hatte er mehrfach Streit mit der Familie seiner Schwester, sodass es mich nicht wundern würde, wenn Herr Grünbein nun einige Änderungen im Testament vornehmen wollte.«
    »Da es dazu jetzt nicht mehr gekommen ist, wird wohl das alte Testament seine Gültigkeit behalten, nicht wahr?«, warf ich ein.
    »Sofern es nicht aus triftigen Gründen anzufechten ist, ja«, gab Krausefuß zurück.
    »Könnte die Familie von Grünbeins Schwester Wind davon bekommen haben, dass Gefahr im Anzug war?«, fragte ich. »Könnte Sie den alten Grünbein erschossen haben, um eine Änderung des Testaments zu verhindern?«
    »Wir wollen keine voreiligen Schlüsse ziehen, sondern uns an die Fakten halten«, sagte Holmser in leicht tadelndem Tonfall. »Eine zweite Frage: Gibt es hier in diesem Haushalt eine Armbrust?«
    »Ja, in

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