Große Liebe Desiree
konnte.«
»Es muß noch eine anderer Zeit gegeben haben, in der Jack dort war, nicht mit der Marine!«
»Die einzige Zeit, die Herendon nicht auf einem Schiff verbrachte, war zwischen 1790 und 1792, und da war er sehr mit einer jungen Schauspielerin beschäftigt, seiner Mätresse. Ich werde den Name der Lady nicht nennen, aber ich bin sicher, sie würde sich dafür verbürgen, daß Herendon nicht von ihrer Seite wich, um in die Karibik abzuwandern.«
Er meint Minnie, dachte Désirée. Und Minnie hatte ihr in etwa dieselbe Geschichte erzählt. Désirée kämpfte gegen die aufsteigende Panik, doch ihre alten Zweifel kehrten zurück und vermischten sich mit den neuen, die Macaffery gesät hatte. Jack hatte sie immer im unklaren darüber gelassen, wie er Obadiahs Freund geworden war. Sie hatte vermutet, es habe an Obadiahs Charme gelegen, dem jeder schnell verfallen war. Warum hätte es bei Jack anders sein sollen? Aber was, wenn er ihren Bruder nie getroffen hatte? Was, wenn es gar keine Freundschaft zwischen ihnen gegeben hatte? Nur zu gut erinnerte sie sich daran, wie Jack die Ähnlichkeit zwischen ihr und Obadiah erwähnt hatte. Er war dann mit irgendeiner Entschuldigung gekommen, die sie schnell akzeptiert hatte.
So schnell, weil sie ihn sogar damals schon liebte. O Jack, nein...
»Aber ich möchte nicht behaupten, daß Ihr Zukünftiger ein Lügner ist, meine Liebe«, fuhr Macaffery fort. »Obadiah traf sich kurz mit Gideon de Monteil in Calais, und er kehrte auf einem französischen Schmugglerschiff nach England zurück. Zumindest hatte er die Absicht, aber der französische Kapitän machte den Fehler zu versuchen, eine englische Fregatte zu überholen. Ein einziger Schuß vor den Bug, und er änderte seine Meinung und damit leider auch das Schicksal des armen Obadiah.«
»Eine englische Fregatte, sagen Sie.« Warum klang ihre Stimme so steif, so ausdruckslos? »Bitte, Mr. Macaffery, kennen Sie den Namen der Fregatte?«
Der Anwalt zuckte die Schultern. »Es war Gegenstand der öffentlichen Berichterstattung, meine Liebe, und wurde in allen Zeitungen gepriesen. Der Kapitän wurde sehr gelobt dafür, daß er bei den Franzosen so reiche Beute gemacht hatte, ohne auch nur einen Tropfen englischen Blutes zu vergießen, und natürlich sind er und seine Männer dabei ein gutes Stück reicher geworden.«
Reich genug, um Halsbänder aus Saphiren und Diamanten zu kaufen, reich genug, um eine vor Glück berauschte Frau mit Kleidern aus zarter Seide zufriedenzustellen.
»Es gab mehrere Verwundete an Bord der französischen Schaluppe«, sagte Macaffery, »Seeleute und ein Passagier, aber da sie Ausländer waren, hatte die englische Presse kein Interesse an ihnen.«
»Den Namen der Fregatte, Mr. Macaffery!«
»Müssen Sie ihn wirklich erst von mir hören, Désirée?« fragte er beinahe besorgt. »Ich dachte, Sie hätten ihn inzwischen selbst erraten.«
»Nein!« Désirée schüttelte heftig den Kopf. »Wie könnte er soviel von mir und meiner Familie wissen, wenn er meinen Bruder niemals gekannt hätte? Er hatte Obadiahs Shilling und einen Brief, den Obadiah an mich geschrieben hatte! Wie hätte er sonst dazu kommen sollen? Nein, Mr. Macaffery, ich kann das nicht glauben. Ich werde es nicht glauben!«
»Ah, meine Liebe, ich dachte mir, daß es Ihnen schwerfallen wird, mir das zu glauben. Deshalb habe ich Mr. Clegg mitgebracht.«
Désirée wandte sich an die Cleggs. »Ist das wahr?«
Sam nickte und umklammerte seinen glänzenden schwarzen Hut. Mary legte ihre Hand auf seinen Arm, um ihm Mut zu machen. »Es tut mir leid, Miss, so leid, aber als Mr. Macaffery anfing, Fragen zu stellen, kam eins zum anderen, und ich konnte nicht schweigen.«
»Nicht, wenn Sie den Käpt’n heiraten wollen«, sagte Mary. »Es ist gut, ihm zu dienen, er ist unser Käpt’n Lord Herendon, aber das ist etwas anderes, als wenn Sie ihn zum Ehemann nehmen. Sie müssen die Wahrheit wissen, ehe Sie ihn heiraten, Miss.«
»Dann erzählen Sie sie mir«, sagte Désirée, »und ich werde zuhören.«
Sam holte tief Luft. »Wie Mr. Macaffery sagte, gaben wir einen Warnschuß ab, treffsicher, wie wir es immer tun. Aber da waren drei Mann, die von der Reling zusahen, und die Kugel ging dazwischen. Danach setzte ich mit dem Boot über - das tue ich immer, um zu sehen, ob irgend etwas in der Schußlinie war, das es wert ist, auf die Aurora gebracht zu werden-, und diesmal kam Käpt’n Herendon mit anstelle eines Lieutenants. Er lachte unterwegs und
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