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Große Liebe Desiree

Titel: Große Liebe Desiree Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mirinda Jarett
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würde Jack nicht lieben?« Minnies Lachen klang ein wenig zu schrill, und schnell wandte sie sich dem offenen Schrank zu. »Hat er dich in dem roten Kleid gesehen? Ich kann diese Farbe beim besten Willen nicht tragen wegen meines Haares, aber an dir muß es bezaubernd aussehen. Zieh es für ihn an, und ich verspreche dir, daß er den ganzen Abend lang seine Augen nicht von dir lassen wird. Oder seine Hände, bis der Morgen anbricht.«
    Aber bei dem kleinen Abendessen, das Minnie arrangiert hatte, war Désirée darauf angewiesen, von einem anderen Herrn zu Tisch geleitet zu werden, und Jacks Platz blieb leer. Désirée in ihrem roten Seidenkleid versuchte, sich auf die Geschichte zu konzentrieren, die der ernsthafte junge Mann neben ihr unbedingt erzählen wollte, aber statt dessen lauschte sie auf Jacks Klopfen an der Tür oder seine Schritte auf der Treppe. Als die Tafel aufgehoben wurde und Minnie aufstand, um die Damen in den Salon zu führen, gab es noch immer weder ein Lebenszeichen von Jack noch eine Entschuldigung für sein Fernbleiben.
    Während die anderen Frauen klatschten, trat Désirée an eines der großen Fenster, von dem aus man die Straße überblicken konnte, und rieb sich die Arme gegen die Kälte. Egal, was Minnie versprochen hatte, Jack würde heute nicht kommen. Es konnte dafür eine Menge guter Gründe geben.
    Die einzigen, die sie beunruhigten, hatten mit Obadiah zu tun.
    Jack hatte ihr gesagt, er würde heute nachmittag zum Gefängnis gehen, nachdem er mit dem Admiral gesprochen hatte, und sie war sicher, daß er ihr die Neuigkeiten mitgeteilt hätte. Er mochte ihr aus dem Wege gehen, aber seine Versprechungen nahm er ernst, wenigstens die, die er Obadiah gegeben hatte. Macafferys düstere Prophezeiungen fielen ihr wieder ein, als sie durch die regennasse Scheibe blickte. Sie dachte an den Glücksshilling, der wieder unter dem Rand ihres Strumpfes steckte, und hoffte, daß ein gutes Stück von seiner Kraft bei ihrem Bruder geblieben war.
    »Er kann noch immer kommen«, sagte Minnie, als sie sich neben sie stellte. Die Federn von ihrem Kopfschmuck streiften Désirées Wange. »Er kann gute Gründe haben, wegzubleiben, vor allem an einem Abend wie diesem. Vielleicht hat Jack sich besser als ich an die Gewohnheit Colonel Hathaways erinnert, in seiner Tasse zu rühren und wieder diese langweiligen Jagdgeschichten zu erzählen.«
    »Es ist in Ordnung, Minnie«, entgegnete Désirée, »du mußt dich nicht für ihn entschuldigen.«
    Die Countess seufzte, als sie ebenfalls durch das Fenster blickte. »Das ist wahr. Jack kann das auch allein. Und nachdem er sich so um mein Abendessen gedrückt hat, sollte er es verdammt gut machen.« Sie ging näher an das Fenster, schob die Vorhänge mit der Spitze ihres Fächers beiseite und runzelte die Stirn. »Da draußen lungert ein Mann schon seit der Dämmerung herum. Es mag nichts bedeuten -Portsmouth ist immer voll von sonderbaren Männern wegen der Flotte -, aber ich werde darüber mit dem Lakai sprechen.«
    Sie berührte sanft Désirées Arm. »Meinetwegen mußt du nicht hierbleiben, Liebes. Ich werde dich bei den anderen entschuldigen, wenn du dich zurückziehen möchtest. Und wenn - du merkst, ich sage wenn, nicht falls - unser lieber Kapitän sich entschließt, hier zu erscheinen, werde ich ihn zu dir schicken.«
    Aber als sie allein in dem Bett mit den blauen Vorhängen lag, wünschte Désirée beinahe, sie wäre bei Minnie geblieben. Es war so ungewohnt, in einem Bett zu liegen, das nicht wie eine Koje pendelte, und noch ungewohnter, daß Jack nicht neben ihr lag, seinen Arm schützend um sie legte. Das Haus wirkte so ruhig nach der steten Betriebsamkeit, wie sie auf der Aurora herrschte, die Rufe, die Shanties bei der Arbeit, die Glocke, die jede halbe Stunde schlug, und sie vermißte das Rauschen des Windes und der Wellen. Nur das Ticken der großen Uhr in der Ecke zählte die Stunden und der einsame Rhythmus ihres gebrochenen Herzens.
    Sie war wieder auf der Weybosset Bridge, aber diesmal stand sie ganz oben auf dem Geländer, nicht Obadiah, und sie war auch kein Kind mehr. Der Wind fing sich in ihrem roten Seidenkleid, schlang den Rocksaum um ihre Knöchel, während sie mit ausgestreckten Armen balancierte. Sie bewegte sich vorsichtig, setzte einen Fuß vor den anderen wie ein Seiltänzer am Markttag, denn Großmama würde ihr niemals verzeihen, wenn sie in den Fluß fiel und ihr bestes Seidenkleid ruinierte.
    »Hör auf zu trödeln, Désirée«,

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