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Große Tiere

Große Tiere

Titel: Große Tiere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hiaasen
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lockeren Meeresboden schob. Ein kleines Flugzeug kreiste über ihm, und das Brummen des Motors scheuchte die Fische auf. Joe Winder fluchte, behielt seinen Blick aber auf das Wasser gerichtet, nur für den Fall, daß sich eine Chance für einen Fang ergab. Und tatsächlich, die Bonitos hatten sich beruhigt und begannen, wieder nach Nahrung zu suchen. Als er sich ihnen näherte, zählte er fünf kleine schwarze Torpedos.
    Während Joe Winder mit dem Arm ausholte, um den Köder zu werfen, hörte er eine Frauenstimme seinen Namen rufen. Diese Störung reichte aus, um seine Zielgenauigkeit zu ruinieren; der kleine rote Schwimmer landete mitten im Schwarm und veranlaßte die Fische, blitzartig in Richtung Andros Island und noch weiter davonzuschießen. Ein absolut erbärmlicher Wurf.
    Er wandte sich um und sah Nina am Strand stehen und winken. Sie stieg aus ihrer Bluejeans, was kein leichtes Unterfangen war.
    »Ich komme raus zu dir«, rief sie.
    »Das sehe ich.«
    Und sie kam wirklich in einem wasserblauen T-Shirt, einer orangenen Mütze der Dolphins, schwarzem Höschen und weißen Sandalen. Unter diesen Umständen war es Joe Winder unmöglich, sich wegen der Bonitos zu ärgern.
    Nina lachte wie ein Kind, als sie ihn erreichte. »Das Wasser ist so warm«, sagte sie. »Man möchte am liebsten reinspringen.«
    Joe Winder deutete mit der Spitze seiner Angel. »Siehst du? Sie führen mich an der Nase herum.« Ein weiterer Bonitoschwarm tobte mit blitzenden Flossen im Wasser herum, weit außerhalb menschlicher Reichweite.
    »Das glaube ich dir glatt«, sagte Nina blinzelnd. »Joe, was hast du mit deinen Haaren gemacht?«
    »Abgeschnitten.«
    Nina griff nach oben und fuhr mit der Hand über das, was noch vorhanden war. »Um Gottes willen, warum?«
    »Chelsea meinte, ich sähe aus wie ein Mitglied der Manson-Familie.«
    Nina runzelte die Stirn. »Seit wann gibst du denn etwas darum, was Charlie Chelsea denkt?«
    »Das ist ein Teil dieser verdammten Bekleidungsvorschriften. Kingsbury dreht sonst durch, jedenfalls hat Charlie so etwas gesagt. Ich hab nur versucht, zum Team zu gehören, wie du es gewünscht hast.« Joe Winder entdeckte einen kleinen Haubenhai, der durch das seichte Wasser glitt, und warf die Angel nach ihm aus. Der Hai schaute einmal flüchtig hin, dann schwamm er hochmütig davon.
    »Wie läuft denn deine neue Nummer? Ich nehme an, deshalb bist du hergekommen.« Um diese Zeit in der Woche möbelten die Girls im Telefonsex-Geschäft immer ihre Texte auf.
    »Sag mir, was du davon hältst.« Nina griff in die Brusttasche ihres TShirts und zog ein zusammengefaltetes Blatt Notizpapier heraus. Sorgfältig faltete sie es auseinander. »Aber sei ehrlich«, bat sie Winder.
    »Aber immer.«
    »Okay, dann los.« Sie räusperte sich. »Sag >Hallo<.«
    »Hallo!« rief Joe Winder.
    »Hallo«, antwortete Nina und las vor. »Ich habe gerade an dich gedacht. Ich dachte, wäre doch sicherlich schön, wenn wir beide, nur du und ich, mit der Eisenbahn fahren würden. Eine lange, romantische Zugfahrt. Ich liebe es, wie der Zug ruckt und schwankt. Zuerst ganz langsam und hart, aber dann« – hier hatte Nina eine Pause eingefügt – »aber dann wird es schneller und heftiger. Ich liebe das Stampfen der schweren Lokomotive, es macht mich richtig heiß.«
    »Es bringt mich in Fahrt«, schlug Joe Winder vor. »Heiß ist zu klischeehaft.«
    Nina nickte zustimmend. »Das ist besser, ja. Ich liebe das Stampfen der schweren Lokomotive, es bringt mich in Fahrt.«
    Joe Winder bemerkte, daß die Flut nachließ. Die Fische würden bald verschwunden sein.
    Aber da war Nina in ihrem schwarzen Höschen. Knietief im Atlantik. Blonde Haare mit einem roten Band zusammengerafft und unter ihre Mütze gesteckt. Damit beschäftigt, irgendeinen verdammten Unsinn über Sex auf Schienen vorzulesen, und das mit ihrer absolut aufregenden Stimme. Die Worte waren völlig gleichgültig, für Joe Winder war es die reinste Musik; er wurde allein durch ihren Anblick nervös, wie sie da im Wasser stand, während die Sonne hinter den Keys versank. In solchen Augenblicken war er in Florida geradezu verliebt.
    »Manchmal, tief in der Nacht, träume ich, daß du eine Lokomotive bist. Und ich reite auf dir, habe die Beine gespreizt und um dich geschlungen. Zuerst geht es bergauf, ganz langsam und hart und schwer. Dann, plötzlich, reite ich auf der Lokomotive bergab, schneller und wilder und heißer bis…«
    »Bis was?« fragte Joe Winder.
    »Bis was immer«, sagte Nina

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