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Große Tiere

Große Tiere

Titel: Große Tiere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hiaasen
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der Wal während eines Kampfs mit einem Angestellten des Wunderlandes starb.«
    »Oh, das ist ein guter Witz.« Chelsea lachte verkniffen. »Woher haben Sie das denn?«
    »Stimmt es denn?«
    Das Blinklicht der Kamera erschien ihm nun nicht mehr so harmlos. Chelsea sagte: »Ich werde diesem Gerücht nicht mal den Anflug von Ernsthaftigkeit verleihen, indem ich auf diese Frage antworte.«
    Die Reporterin sagte nichts, ließ nur das Band weiterlaufen. Ließ ihn an seinem eigenen Schweigen ersticken. Und es funktionierte.
    »Es gab an jenem Abend einen Toten«, gab Chelsea zu und beschäftigte sich nervös mit seinen Hemdmanschetten. »Ein Angestellter des Parks beging offenbar Selbstmord. Es war ein sehr, sehr tragischer Fall -«
    »Wie lautet der Name des Angestellten?«
    Chelseas Stimme bekam einen kalten, tadelnden Unterton. »Bei uns gilt die strikte Regel, solche Dinge nicht in der Öffentlichkeit zu diskutieren. Es gibt immerhin noch den Schutz der Privatsphäre, und wir nehmen Rücksicht auf die Hinterbliebenen.«
    Maria sagte: »Das Gerücht besagt -«
    »Wir reagieren nicht auf Gerüchte, Mrs. Rodriguez.« Nun lehnte Chelsea sich vor und wurde belehrend. Das Galgenmikrophon folgte ihm. »Möchten Sie etwas über unsere neueste Attraktion erfahren oder nicht?«
    Sie lächelte wie eine hungrige Muräne. »Deshalb sind wir ja hergekommen.«
    O nein, das seid ihr nicht, dachte Chelsea und bemühte sich, sie nicht wütend anzufunkeln, nicht zu schwitzen und nicht wie der kleine, mickrige Handlanger auszusehen, der er in Wirklichkeit war.
    »Ich habe einen Badeanzug mitgebracht«, sagte Maria, »wie Sie es vorgeschlagen haben.«
    »Vielleicht sollten wir noch auf Ihre Kollegen warten.«
    »Ich denke, Mr. Chelsea, wir sind die einzigen. Von den anderen Stationen wird wohl niemand kommen.«
    »Na schön.« Er schaffte es kaum, sich seine Enttäuschung nicht anmerken zu lassen.
    Der Kameramann stoppte das Band. Chelsea tupfte sich erleichtert die Stirn ab; er mußte sich sammeln, mußte sich von dieser Attacke erholen. Jeder will offensichtlich eine große Enthüllungsstory bringen, dachte er bitter. Jeder will jemandem ans Leder.
    Maria griff nach ihrer Sporttasche und erkundigte sich nach der Damentoilette. Als sie zurückkam, trug sie einen knappen melonenfarbenen Badeanzug, der ständig zurechtgezupft werden mußte. Bei ihrem Anblick leckte Charles Chelsea sich ohne es zu wollen die Lippen. Sonntags zu arbeiten war am Ende doch nicht so übel.
    »Soll ich reinsteigen?« fragte Maria.
    »Klar.« Chelsea gab einem jungen Mann in Khakishorts auf der anderen Seite des Beckens ein Zeichen. Es war einer der Dompteure.
    Maria ließ sich ins Walbecken gleiten, tauchte den Kopf unter Wasser und strich sich die Haare glatt nach hinten. Das Videoband lief weiter.
    Blinzelnd lächelte sie in die Kamera. Der Mann mit dem Galgenmikrophon beugte sich weit über den Beckenrand, um ihre Worte aufzunehmen.
    »Hi, hier ist Maria Rodriguez mit einer Reportage aus dem Wunderland der Abenteuer in North Key Largo. Wie Sie alle sehen, ist es wieder mal ein wundervoller Sommertag in Süd-Florida – ideal für ein Bad mit dem neuesten Star der Wunderland-Marineshow. Er heißt Dickie der Delphin, und ab morgen können auch Sie mit ihm um die Wette schwimmen!«
    Chelsea gab dem Dompteur ein Zeichen, der den Riegel des Tors zum Walbecken löste. Eine V-förmige Bugwelle vor sich herschiebend, kam der Delphin aus seinem Ruhebecken herausgeschossen und zwitscherte.
    Die Fernsehreporterin fuhr fort: »Das ist die neueste Zugnummer in den Meerwasseraquarien der Vergnügungsparks – aktive Teilnahme des Publikums. Anstatt auf der Tribüne zu sitzen und diesen erstaunlichen Säugetieren bei ihren Tricks zuzusehen, können Sie tatsächlich selbst ins Wasser steigen und mit ihnen spielen. Es kostet etwas mehr, aber – glauben Sie mir – es lohnt sich wirklich.«
    Ein paar Meter hinter ihr drehte Dickie der Delphin sich auf die Seite und blies lautstark Luft aus. Maria ließ sich nicht aus der Ruhe bringen, blickte mit einem fröhlichen verliebten Lächeln über eine Schulter. Chelsea war beeindruckt; sie hatte das gesamte Skript auswendig gelernt.
    Indem sie sich wieder der Kamera zuwandte, fuhr Maria fort: »Mit diesem sanften intelligenten Wesen im Wasser zu sein ist ein Erlebnis, das Sie niemals vergessen werden. Wissenschaftler meinen, daß das Gehirn des Delphins tatsächlich größer ist als unseres und daß ein Großteil ihres komplizierten

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