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Großer-Tiger und Christian

Großer-Tiger und Christian

Titel: Großer-Tiger und Christian Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frritz Mühlenweg
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Schwierigkeiten. Wir wissen
     nämlich nicht, was ein Kang ist. Da aber unsere zwei Helden darauf liegen und allem Anschein nach fest schlafen, scheint der
     Kang eine Bettstatt zu sein.
    So ist es auch, und es ist großartig, dass wir das so schnell herausgefunden haben. Der Kang ist eine Art Kiste aus Lehmziegeln,
     so hoch wie ein normaler Tisch bei uns, nur ist er viel größer, und meistens nimmt er zwei Drittel des Zimmers ein, sofern
     wir es mit einem Schlafzimmer zu tun haben. Auf so einem Kang haben viele Leute Platz. Innen ist er hohl, damit man ihn im
     Winter heizen kann. Er wird dann schön warm wie ein Kachelofen, man legt sich oben drauf, deckt sich zu und schläft. So ein
     Ding ist das.
    Als Großer-Tiger und Christian aufwachten, schien die Sonne hell ins Zimmer. Es war ein schönes Zimmer, und die Wände waren
     mit weißem Papier beklebt. Auf dem Kang lag eine Strohmatte, auf der Strohmatte lagen Decken, und auf den Decken lagen Großer-Tiger
     und Christian, ein Sattel und eine Ledermappe.
    »Hier schläft der General«, sagte Großer-Tiger.
    »Schlafen Generäle mit dem Kopf auf einem Sattel?«, fragte Christian.
    »Soldaten machen das so«, erklärte Großer-Tiger.
    Er stand auf, rutschte vom Kang herunter auf den Fußboden und schlich zum Fenster, das auf den Hof ging. Das Fenster war aber
     nicht aus Glas. Es war durch ein hölzernes Gitter in viele Quadrate geteilt, die mit dünnem Reispapier verklebt waren. So
     kam wohl Licht ins Zimmer, aber hinausschauen konnte man deswegen noch nicht. Man musste schon den kleinen Finger nehmen und
     ein Loch durch das Papier stoßen. Großer-Tiger tat es ohne weiteres, denn er wollte wissen, was im Hof vor sich ging.
    Zunächst sah er unter dem Vordach den Kübel, in dem sie gleich nach der Ankunft in warmem Wasser gebadet hatten. Im Hof waren
     Pferde, die gestriegelt wurden, und Soldaten, die Wassereimer trugen und Automobile wuschen. Das eine war der Personenwagen
     des Generals. Ein anderes war ein großer Lastwagen mit einem hohen Fahrgestell. Auf den Dächern ringsum saßen viele Tauben
     und gurrten.
    »Kwi-Schan«, rief Großer-Tiger, »guck mal, Glück muss den Lastwagen waschen!«
    »Geschieht ihm recht«, sagte Christian, und er bohrte auch ein Loch in das Papierfenster.
    »Kannst du alles sehen?«
    »Ich sehe alles. Schau, da kommt Guter-Gefährte!«
    »Gelber-Pfeil kommt hinterdrein. Siehst du ihn nicht?«
    »Schrei nicht so laut, sonst erschreckst du ihn, und er lässt die Pakete fallen. Er schleppt ja wie ein Lastträger am Neujahrstag!«
    »Die kommen hierher«, flüsterte Großer-Tiger, »wir wollen so tun, als ob wir schliefen. Wenn sie dann sagen: ›Diese armen
     Kinder sind ganz erschöpft‹, schreien wir laut.«
    »Ja«, sagte Christian und kletterte flink auf den Kang, »aber was wollen wir schreien?«
    »Was uns einfällt«, sagte Großer-Tiger. »Am besten ist es, wir schreien ›Wu!‹«
    »›Wu‹ wie ein Hund oder ›Wu‹ wie ein Mensch?«
    »Wie ein Hund ist schöner«, sagte Großer-Tiger. Er warf schnell eine Decke über Christian und eine über sich; dann machten
     beide die Augen zu.
    Bald darauf hörten sie Schritte, die vor dem Zimmer haltmachten. Der Vorhang, der an Stelle einer Tür den Eingang verdeckte,
     wurde gehoben. »Sie schlafen«, sagte Gelber-Pfeil leise. »Wir wollen die Geschenke auf den Kang neben sie legen. Sobald sie
     aufwachen, freuen sie sich.«
    »Ja, so wollen wir tun«, sagte Guter-Gefährte, und er schlich auf Zehenspitzen ins Zimmer.
    »Sie können die Körper noch nicht bewegen«, bemerkte Gelber-Pfeil, »sie sind müde und blass.«
    »Diese armen Kinder sind ganz erschöpft«, sagte Guter-Gefährte.
    »Wu! Wu!«, schrien Christian und Großer-Tiger, und sie sprangen auf.
    »Ich erschrecke sehr«, rief Gelber-Pfeil, und gleich ließ er zwei Pakete fallen, die in rotes Glückswunschpapier eingewickelt
     waren.
    »Seid ihr Menschen, oder seid ihr Hunde?«, fragte Guter Gefährte.
    »Wu!«, rief Christian, »wir sind Hunde.«
    »Entschuldigt! Da haben wir uns im Zimmer geirrt.«
    »Nein, wir sind Menschen«, sagte Großer-Tiger.
    Die beiden Soldaten lachten, und dann baten sie Christian und Großer-Tiger, sie sollten sich auf den Kang setzen.
    »Wie dürften wir in eurer Gegenwart sitzen!«, sagte Großer-Tiger.
    »Es kommt uns nicht zu, zu sitzen, solange ihr steht«, sagte Christian.
    »Doch«, sprach Guter-Gefährte, »wir wollen es so haben, und wir bitten darum.«
    Da setzten sich

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