Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Grün. Le vert de la Provence

Grün. Le vert de la Provence

Titel: Grün. Le vert de la Provence Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Burger
Vom Netzwerk:
Seiten. Manchmal konnte ich trotz alledem sogar Liebe empfinden. Aber
von der idealen Ehe waren wir Lichtjahre entfernt.“
    „Und du?“, fragte Anselm, „hast du auch rumgefickt?“
    Valerie blieb einen Moment lang bewegungslos stehen und
sah Anselm stumm mit versteinertem Gesicht an. „Ich gehöre nicht zu den Frauen,
die in solchen Situationen die Kissen durchweinen und bei ihren Freundinnen
Trost suchen. Ich habe mir manchmal woanders die Zuneigung und Bestätigung
geholt, die Ed mir mit seinen Weibern vorenthalten hatte, wenn es das ist, was
du meinst.“
    „Und woher wisst ihr das mit dem Flittchen hier?“
    „Nutte, Flittchen, Affäre … es ist doch völlig egal, wie
man das bezeichnet. Sophie hat lange blonde Haare gefunden. Und wenn du in
letzter Zeit mal im Verlag gewesen bist, dann weißt du, dass Blond dort die
bevorzugte Farbe ist. Zumindest in Eds Umfeld. Er hatte hier aber noch ganz
andere Sachen laufen, und deshalb wollte ich, dass du kommst …“
    Sie ließ den Satz unvollendet und ging an ihm vorbei ins
Haus. Als sie zurückkam, reichte sie ihm einen Umschlag. „Ed hatte auch noch
etwas mit der hier. Ich will wissen, warum! Und warum sie!“ Sie zog einen
Gartensessel heran, setzte sich, sorgfältig ihre Körperhaltung inszenierend,
die Beine in einem leichten Winkel abgeknickt, die Arme zurückgelegt.
    Der Umschlag enthielt das Foto einer Frau, die kein
größerer Kontrast zu Valerie hätte sein können. Ein Schnappschuss, hinlänglich
scharf, aber von geringer Qualität, der auf einem Markt oder Jahrmarkt
entstanden war. Anselm erkannte einen Lieferwagen, einen Marktstand, ein
Sonnendach, darunter eine Frau, etwa so alt wie Ed, vielleicht aber auch älter.
Filziges, langes Haar umkränzte ein Gesicht, das früher einmal attraktiv
gewesen sein mochte. Ihr Blick wirkte melancholisch und schien in eine
entfernte Wirklichkeit zu sehen, ihr Mund war schmal und gerade. Der unförmige
orangene Pulli, unter dem sich deutlich hängende Brüste abzeichneten, erinnerte
Anselm an Sannyasin. Ihrem Äußeren schien die Frau nicht viel Interesse zu
widmen.
    „Kennst du sie?“
    Valerie schüttelte den Kopf. „Nein. Ich habe sie nur
einmal gesehen, an dem Morgen, als ich dieses Foto gemacht habe.“ Sie stand auf
und ging erneut ins Haus. Wenige Augenblicke später kam sie mit einer Schachtel
Zigaretten und einem Aschenbecher zurück. Sie hatte ein Kleid übergezogen.
„Rauchst du?“
    „Nein. Nicht jetzt.“
    „Es war purer Zufall, dass ich das mitbekommen habe.“ Sie
sog den Rauch der Zigarette tief ein. „Sophie kauft für uns mittwochs auf dem
Wochenmarkt ein. Vor zwei Wochen hatte sie am Mittwochvormittag einen Termin.
Ich dachte, dass es eine gute Gelegenheit für mich sei, einmal wieder zum Markt
zu gehen. Weißt du, früher habe ich das immer gemacht, wie fast alle hier. Die
Waren sind nicht besser oder frischer als im Gemüseladen oder in guten
Supermärkten, aber es gehört einfach zum Leben dazu. Also habe ich ihr gesagt,
ich würde einkaufen und bin dann gegen elf Uhr nach Prades gefahren. Ed
war schon eine geraume Zeit fort.“ Sie machte eine Pause und sah
gedankenverloren an Anselm vorbei in den Garten.
    „Wo war er hin?“
    „Ich hab keine Ahnung. Seit wir hier sind, war er viel
unterwegs und hat recherchiert, irgendwelche Leute besucht, in Antiquariaten
und Bibliotheken gestöbert oder offensichtlich auch Blondinen nachgejagt. Er
hat mir nie viel darüber erzählt.“
    „Er hat nie erwähnt, was er recherchiert?“
    „Hin und wieder. Aber sehr vage. Er hätte einige
historisch sehr interessante Sachverhalte entdeckt und wolle mehr darüber
erfahren.“
    „Hat er nichts dazu gesagt? Wo er was entdeckt hat, oder
so?“
    Valerie schüttelte energisch den Kopf. „Ich habe einmal
nachgehakt, aber er hat darauf sehr ausweichend reagiert. Dann habe ich es
dabei belassen und mir gedacht, dass er mir schon darüber erzählen wird, wenn
er es für angebracht hält. Das war bei Ed kein so ungewöhnliches Verhalten.
Vielleicht hing das aber auch alles mit anderen Frauen zusammen.“
    „Und an dem Morgen, als du zum Markt gefahren bist, ist
er auch wieder auf Recherchetour gegangen?“
    „Ja. Er ist gleich nach dem Frühstück losgefahren. Das
war so gegen neun. Als ich dann über den Markt geschlendert bin, habe ich ihn
gesehen. Er stand nur wenige Meter von mir entfernt an einem Stand und
unterhielt sich sehr angeregt und vertraut mit dieser Frau auf dem Foto.“
    „Hat Ed dich auch

Weitere Kostenlose Bücher