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Grün war die Hoffnung

Grün war die Hoffnung

Titel: Grün war die Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C. Boyle
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Genau so wollte ich immer schon aussehen. Hab lange daran gearbeitet.«
    »Bist du im Bett? Um diese Zeit?« Pause. Eigentlich sieht man von ihm nur Nase, Lippen und Wangenknochen. Es ist eine Verkleidung, und sie läßt ihn irgendwie alterslos erscheinen, obwohl er kaum zu den Jungjungen, ja nicht mal zu den Jungen gehört. Dann, ganz leise und gepreßt, mit der Stimme eines verängstigten Fünftkläßlers: »Du bist doch nicht etwa krank?«
    Was soll ich sagen? Andrea ist im Nebenzimmer, und die ist eine Art Krankheit. Ebenso wie April Wind. Und Earth Forever!. »Nein, Petunia ist abgehauen – aber keine Angst, es geht ihr gut, wir haben sie wieder eingefangen.« Ich hebe den bandagierten Arm in die Kamera. »Nur hat sie mich in den Arm gebissen, außerdem regnet’s wie aus Eimern, und ich war schon vor Morgengrauen auf, um frisches Stroh in die Gehege zu streuen, die Sandsäcke prüfen, solche Sachen eben.«
    »Ich weiß.«
    Ich betrachte sein Gesicht, das so starr ist wie eine geschnitzte Holzmaske, aber ich weiß, was meine Miene am anderen Ende ausdrückt: Verwirrung, hinfällige Betagtheit, Unsicherheit, Inkompetenz, etwas Tattriges um die Augen und ein ausgeprägtes Schrumpfen der Mund- und Kinnpartie. »Wie meinst du das?«
    »Ich bin hier. Zurück aus dem sonnigen North Carolina, wo es tropische Drinks gibt. Und es ist Spitze dort, echt – über dreißig Grad jeden Tag, Sonnenschein, wie man sich’s gar nicht mehr vorstellen kann... aber Ty, weißt du was?«
    Und darauf sage ich, der Champion der Jungalten, im Vollbesitz meiner geistigen Fähigkeiten und frisch beseelt von meinem neuesten sexuellen Triumph, was wohl? Etwas Schlagfertiges wie »Mmh?«.
    Wieder diese Fünftkläßlerstimme, piepsig und in betrübtem Flüsterton: »Ich mache mir Sorgen um die Tiere.«
    Genau wie ich , möchte ich am liebsten antworten, was glaubst du, wofür du mich bezahlst? Leider erhalte ich keine Gelegenheit dazu. Denn in diesem Augenblick kommt Chuy zur Tür hereingepoltert – in mein Schlafzimmer, so daß ich mich fragen muß, wo mein Frieden und meine Würde geblieben sind –, er fuchtelt mit den Armen, sein Mund öffnet und schließt sich tonlos, er ist so aufgeregt, daß er offenbar in keiner der beiden Sprachen, die sich in seinem Hirn bekriegen, die Worte bilden kann. Aber ich sehe es in seinem Blick – Probleme, große Probleme –, und natürlich ist er triefnaß, Haar und Schnurrbart sehen aus wie soeben vom Meeresgrund geborgen. »He, tut mit leid, Mac«, sage ich zu meinem Handgelenk, »ich hab hier was Dringendes, ruf dich später zurück«, und unterbreche die Verbindung.
    »Was?« fauche ich Chuy an. Jetzt sitze ich kerzengerade im Bett, das trübe Licht vom Nebenzimmer fällt matt auf die bemoosten Wände, und die gelbe Nacktschnecke klebt auf dem Bild von Thoreaus Gesicht wie ein Saugnapf. (Morgenluft! Wenn die Menschen nicht davon trinken wollen am Urquell des Tages, so müssen wir auch sie auf Flaschen ziehen und im Laden verkaufen, zum Besten all jener, die ihre Abonnementskarte für Morgenluft in dieser Welt verloren haben.) »Was ist denn los?«
    »Los edificios , sie, sie...«
    » Edificios ? Welche Häuser denn?« Jetzt bin ich auf, steige in meine Jeans, die besorgten Mienen von Andrea und April Wind hängen weiter hinten wie an Schnüren.
    » Los, los Apartmenthäuser gegenüber, und die von Rancho Seco auch – pienso que , die fallen alle um, ich meine, in dem corriente draußen, Sie wissen schon, rrrumms...«
    Wenn Frank Buck Elefanten brauchte – das heißt, wenn ein Zoo oder Zirkus welche bei ihm bestellte –, dann fuhr er nach Ceylon rüber, heuerte ein paar Hundert Eingeborene an, die ihm einen ganzen Wald von tropischen Hartholzbäumen umhackten und aus ihnen ein Gehege mit einem über hundert Meter langen Eingangskorridor bauten. Fünf Meter lange Stämme wurden im Abstand von fünfzig Zentimetern rings um das Gehege – oder Kral, wie man dort sagte – in den Boden geschlagen, und dann, nachdem mit Hilfe von zahmen Elefanten eine Herde von Wildtieren in die Nähe gelockt worden war, löste Buck mit seinen Leuten eine Stampede aus, die sie wie die Schafe durch den Korridor in den Kral hineintrieb. Onkel Sol, der ihm dabei geholfen hatte, weihte mich in diese und andere Einzelheiten des Großtierhandels ein, als ich fünfzehn war, ein schmächtiger Junge mit Schrubber und Schaufel, überwältigt von der schieren Menge von Exkrementen – sprich: Scheiße –, die seine acht

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