Grün war die Hoffnung
gelassen wie das eines Priesters –, er kniete auf einem Bein nieder und streckte die Arme aus. »Walter«, sagte er, und in diesem Wort lag der verführerischste Klang, den der Junge je gehört hatte. »Weißt du noch, wer ich bin?«
»Truman!« sagte Hesh, gleichzeitig flehend und warnend.
Walter wußte es noch.
Und dann sah er es. Hinter seinem Vater, hinter dem blassen, kurzgeschorenen, verbrauchten Mann in den Pennerklamotten stand ein Motorrad. Eine kleine Pony Parilla, 98 Kubik, grellrot und mit viel Chrom, funkelnd wie eine Wasserlache in der Wüste. »Komm her, Walter«, sagte sein Vater. »Komm zu deinem Vater!«
Walter blickte zu dem Mann auf, den er als seinen Daddy kannte, dem Mann, von dem er Nahrung und Kleidung bekam, der ihm bei all seinen traumatischen Erfahrungen beigestanden hatte, der immer da war, um den Ball zu werfen und ihn aufzufangen, mit seinen Lehrern herumzustreiten und seine Feinde mit einem einzigen Blick in die Knie zu zwingen, der ihm Anker und Beschützer war. Und dann sah er zu dem Mann auf dem Rasen hinüber, zu dem Vater, den er kaum kannte, und zu dem Motorrad dahinter. »Komm schon, ich beiß nicht.«
Walter ging hin.
Und nun war er wieder da, war nach elf Jahren zurückgekehrt, zum zweitenmal an diesem Tag war er zurückgekehrt. Nur jetzt war er schwarz, eine massive Erscheinung mit zwei rotgeränderten Augen und einer Nase, die aussah, als hätte jemand draufgetreten. Jetzt lehnte er sich durch das Fenster des Pontiac, zündete sich an Hectors Joint eine Zigarette an und langte in den Wagen, um Walters Hand zum Soul-Gruß zu packen und ihn zu fragen, wie es ihm ging, verdammt, Mann. Auf einmal war es Herbert Pompey, Stammgast in den Bars der South Street, Dichter, Kornett- und Nasenflötenspieler, Teilzeittänzer im Mann von La Mancha und Wochenendkiffer.
Genervt von der Geschichte, von der Vergangenheit, die wie eine Kolonne gellender Feuerwehrwagen auf ihn einstürmte, konnte Walter Pompeys Händedruck nur matt erwidern. Er murmelte etwas in der Art, daß es ganz gut ginge, aber er habe Kopfschmerzen, fühle sich ziemlich stoned und außerdem dächte er, er habe was an den Augen. Und an den Ohren. Und, fiel ihm dabei ein, am Hirn vielleicht auch.
Es folgte eine Weile, in der Pompey sich zu ihnen in das gewaltige Raumschiff des Pontiac-Fahrgastraums gesellte – Hector, Mardi und Walter saßen vorn, Pompey lag über den Rücksitz hingefläzt und nuckelte an einer Flasche Spañada, die wie von Geisterhand erschienen war –, eine Weile der Besinnung auf das blecherne Plärren des Radios, auf die Textur der Nacht, auf einen grünlichen Lichtfleck am Himmel, der möglicherweise ein Ufo, wahrscheinlich aber eher ein Wetterballon war, und das riesige Sternengeflecht, das sich über der Motorhaube des Pontiac erstreckte wie ein samtenes Meer. Die Schwerkraft zerrte an Walters Unterlippe. Der Hals der Spañadaflasche tauchte zu seiner Rechten auf, der Joint zu seiner Linken. Er war gefühllos wie eine Leiche. Die Attacke der Geschichte war vorüber.
Es war Mardi gewesen, die den Einfall gehabt hatte, zu den Geisterschiffen hinauszuschwimmen. Ein Einfall, dessen theoretische Ausarbeitung leichter gefallen war als seine praktische Durchführung. »Das ist fantastisch«, beharrte sie, »nein, ehrlich, das ist wirklich fantastisch«, als hätte ihr jemand widersprochen. Und deshalb waren sie, Walter, Mardi und Hector (Pompey hatte klugerweise beschlossen, beim Auto zu bleiben), nun im Fluß und schwammen zu den schwarzen, stummen Umrissen hinüber, die in zehn Meter tiefem Wasser am Fuß des Dunderberg vor Anker lagen.
Armschlag, Beinschlag, Armschlag, Beinschlag, sagte Walter leise vor sich hin und versuchte, sich zu erinnern, ob man beim Atmen den Kopf unter oder über die Wasseroberfläche halten sollte. Er dachte an Wassersport. Scuba-Tauchen. Wasserpolo. Seemannsköpfler. Toter Mann. Eine Flasche war er nicht: all das hatte er irgendwann schon gemacht, hatte Gegner untergetaucht und Tore geworfen wie sonst keiner, Flüsse, Seen und Buchten durchmessen, trübe, urzeitliche Teiche und chlorseptische Schwimmbecken, ein Wunder aus windmühlenflügelartigen Armen und zuckenden Beinen. Aber das hier war etwas anderes. Er war viel zu bedröhnt für das hier. Das Wasser war wie dicke Sahne, seine Arme wie Holzbretter. Wo war sie?
Sie war nirgendwo. Die Nacht fiel aus den hintersten Winkeln des Alls über ihn her, mähte über die uralten Berge hinweg, über die Eichen und
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