Grün war die Hoffnung
Ein-Personen-Unterschlupf, den irgendwer in einem der vollgestopften Schränke von Drop City aufbewahrt hatte. Pan hatte sich das Ding beim Ausladen des Busses angeeignet, weil er momentan nicht viel mehr Platz brauchte, so ohne feste Partnerin – und außerdem hatte er so ein wenig Privatsphäre und einen Ort für seine Sachen. Er hatte es zweihundert Meter vom Haupthaus aufgeschlagen, auf einer Sandbank im Fluß, und nein, er machte sich keine Sorgen wegen der Bären, ob Grizzlys oder andere, denn er schlief immer mit dem Jagdgewehr unter dem Kopfkissen, mit dem er damals in Kalifornien das Reh geschossen hatte, und der Winchester, dem Erbstück von Norms Onkel, ganz zu schweigen von der .44er Magnum, die er ständig im Hosenbund trug. Sollte so ein Bär doch den Kopf zum Zelt reinstecken. Sollte er doch.
Es war warm. Merrys Hand klebte an seiner. Die halbe Sippe hockte jetzt im Blockhaus, saß herum und polkte sich in den Zehen, während irgendwer ein Kapitel aus Schlachthof 5 vorlas, der Rauch aus dem Ofen aufstieg und im großen Waschtopf das Wasser zum Geschirrspülen heiß wurde. Er und Merry hatten kurz hineingesehen, als sie an der offenen Tür vorbeigekommen waren – Köpfe und Schultern, krumme Rücken, verschlungene Arme, abstehende Füße –, dabei hatte er Marco entdeckt. Und Star. Natürlich war ihm das weitgehend schnurz, außerdem hatte er das Buch schon zweimal gelesen – und er wollte ohnehin lieber angeln. Oder vögeln. Im Idealfall jedenfalls.
Er warf einen verstohlenen Seitenblick auf Merry. Ihre Miene war neutral, das Kinn leicht vorgeschoben, die Augen blinzelten in der Sonne. Ihr Haar schwang mit jedem Schritt, wehte leicht in die Höhe, legte sich wieder, wehte wieder auf. Sie schlang die Finger in seine Hand. Er sah die Hunde, zwei herumflitzende Feuerbälle, die sich in einem Sonnenfleck auf der Veranda um einen Knochen balgten, und hörte Rebas Gören irgendwo am Fluß herumkreischen, wo Mendocino Bill und Tom Krishna immer noch versuchten, den Motor Mores zu lehren, der zwar sprotzte und fauchte, aber nicht wieder zum Leben erwachen wollte. Niemand blickte auf, als er Merry das Ufer entlang zu seinem Zelt führte, das etwas windschief vor der gezackten Baumlinie aufragte.
Im Innern war es eng, so daß sie nur im Yogasitz Platz hatten, ihre Knie berührten sich, die Hände lagen untätig im Schoß. Pan kam sofort zur Sache, drehte sich in der Hüfte, um Pfeife, Streichhölzer, Alufolie, Haschisch und eine Rasierklinge hervorzukramen, alles sauber verstaut in einer Plastiktüte im vorderen Fach seines Rucksacks. Merry bemerkte: »Ich liebe das Plätschern des Flusses«, nur um ein bißchen Unterhaltung zu machen, denn Unterhaltung füllte die Leere, wenn einem jemand etwas zum Kiffen machte, und Ronnie gab eine vorhersehbare Antwort, etwa »Ja, kommt echt gut«, dann hielt er ihr die Pfeife hin und riß ein Streichholz an. Er sah, wie ihre Lippen sich beim Inhalieren um das Mundstück schlossen, sah den Feuerschein in den Ringen an ihren Fingern aufblitzen. Sie waren in einem Kokon, verborgen vor der Außenwelt, die Zeltbahn flackerte auf wie ein Blitzlicht. Oder eine Wurst. Genau, das war es: »Ich hab das Gefühl, wir wären im Innern einer großen italienischen Wurst, weißt du, so eine scharfe Mortadella«, sagte er, nahm einen Zug und hielt ihr die Pfeife gleich wieder hin, schließlich war sie es, die einen Rückstand aufzuholen hatte ...
Ihre Augen tränten. Sie traten hervor, ein paar Äderchen platzten, ihre Wangen blähten sich vor Anstrengung, den Rauch bei sich zu behalten, der immer kostbar war, aber niemals so sehr wie hier draußen. Dann hustete sie, hustete sich die Lunge aus dem Leib und hatte Spucketropfen auf den Lippen, und er hustete ebenfalls. »Das wirkt immer«, keuchte sie mit gepreßter Piepsstimme, die auch Maya hätte gehören können, »ich glaube nämlich – also, das ist jedenfalls meine Theorie –, daß man vom Husten genauso high wird wie vom Dope selbst.«
Pan lächelte. Er stimmte ihr zu. Wie recht sie doch hatte. Er hustete in die Hand. Nach einem Moment legte er ihr die Hände auf die Oberschenkel und schob sie versuchsweise mit sanftem Reiben hin und her. »Jetzt wäre ein bißchen Musik super«, sagte er, um den Augenblick weiterzubefördern, und dabei dachte er an Lydia, die im Bus in Boynton saß und jede Platte spielen konnte, die sie wollte, aber diesen Gedanken verbannte er gleich wieder. »Aber weißt du, irgendwie ist es auch gar
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