Grün war die Hoffnung
Rektor, dessen Allüren sie in der Grundschule hatten erdulden müssen, während Norm, der entspannte Norm, alle siebenunddreißig Sekunden Energieausbrüche hatte wie ein Vulkan. Wenn sich Jiminy den Arm oder die Schulter oder den Ellenbogen oder was auch immer gezerrt hatte und wenn außerdem unter dem zerfetzten Rand seiner abgeschnittenen Jeans ein gewaltiger blauer Fleck prangte, dann war das ganz verständlich. Vor allem weil Ronnie dabeigewesen war, als es passierte.
Man hatte gerade die abendliche Pampe zu sich genommen (Naturreis mit Dosenerbsen und hie und da einem fettigen Stück Lachs aus dem Thirtymile, und Gott sei gedankt für die scharfe Barbecuesauce aus der Familienflasche), und ein paar Leute spielten mit dem Aluminiumboot herum, das Norms Onkel zurückgelassen hatte, als er nach Seattle abgedampft war. (Das war übrigens so seltsam, daß es keiner so recht kapieren wollte: er hatte alles zurückgelassen, von seinen Stiefeln und den sauber gefalteten, aber mit Pisseflecken verunzierten Altmänner-Unterhosen über die Sammlung von Pornomagazinen bis zum Winchester-Jagdgewehr Kaliber 30/30 und der Smith&Wesson-Pistole in dem abgeschabten Halfter aus Leder, das von einem Haken an der Wand baumelte, dabei hatte Norm doch steif und fest behauptet, sein Onkel sei ein alter Mann mit Prostatakarzinom, der nicht die geringste Absicht habe zurückzukommen. Nie wieder. Sogar den Ofen hatte er zum Anzünden bereit hinterlassen, voller Papier, Kleinholz und mit Streichhölzern daneben. Warum würde jemand so etwas tun? Warum hatte er all dieses wertvolle Zeug hiergelassen, einschließlich der beiden Bowiemesser, die Marcos Kaufhausversion aussehen ließen wie ein Kinderspielzeug, das die Pfadfinder beim Holzschnitzworkshop ausgaben? So war das eben hierzulande Sitte, das war der Grund – jedenfalls sagte Norm das. »Man hinterläßt eben seine Hütte gut bestückt und beziehbar für den nächsten, der reinkommt – nicht aus Gründen der Höflichkeit, versteht ihr, sondern weil’s da ums Überleben geht. Und außerdem, wozu braucht er im Pflegeheim schon sein Bowiemesser?« Okay. Sicher. Na schön. Schon kapiert.
Jiminy wollte auch ins Boot. Genau wie Merry. Mendocino Bill hockte im Heck wie ein Kartoffelsack und ließ den Außenbordmotor aufröhren, Verbie, Angela und Maya quetschten sich auf der mittleren Bank zusammen, und der irre George nahm den Bugplatz ein. »Für einen ist noch Platz«, verkündete Bill und atmete die dünne Abgasfahne des Motors ein. Alle hatten den ganzen Tag hindurch gebuckelt, Bäume gefällt und Äste abgehauen, waren in einem Blitzkrieg der Moskitos durchs Gestrüpp gestolpert, und nun hatten sie die Fluppen und das Gras und die letzten Reste des klebrigen Rotweins herumgehen lassen, und schon waren die Zweiliterflaschen mit Tom Krishnas hellgrünem selbstgemachtem Bier aufgefüllt, das optisch an ausgelaufenes Motorenöl erinnerte und auch nicht unbedingt besser schmeckte. Die Hunde kläfften, die Ziegen meckerten, ein paar Leute kauerten mit ihren Gitarren und Büchern auf Baumstämmen, in den Händen Ketten mit leuchtendblauen Perlen, die das Licht aufblitzen ließen, als sie sie wie in einem Tanz durch ihre Finger sausen ließen. Merry sagte: »Scheiße, Jiminy, ich war zuerst hier!« worauf Jiminy meinte: »Nein, du kommst später dran – jetzt bin ich an der Reihe«, und von da an schaukelten sich die Dinge hoch.
Persönlich war es Pan egal, wer nun Boot fahren durfte und wer nicht. Er fühlte sich gut, fühlte sich unbeschreiblich, in seinem Kopf fetzte eine Ecke von dem roten Libanesen, den er Alfredo für das Dreifache des ursprünglichen Preises vertickt hatte, und auf die klumpige Reispampe in seinem Gedärmen wirkte der Wein süße, seidige Wunder. Er war braungebrannt wie eine Kokosmakrone. Vom Paddeln, Holzhacken und Schleppen waren seine Muskeln stahlhart geworden, vom Hochwuchten der vollen Lachsnetze aus der Strömung und vom Auswerfen der acht Zentimeter langen Blinker mit Drahtschlinge, um in den unterspülten Uferhängen nach Hechten zu fischen – nach Great Northerns . Es war kaum zu fassen. Er hatte zwölf oder dreizehn von den Viechern in der Freizeit geangelt, völlig mühelos, genau wie es in den Freizeitmagazinen beschrieben wurde, die er als Junge verschlungen hatte, und was tat es schon, daß sie zu neunzig Prozent aus Gräten bestanden? Die Bräute kochten Hechtsuppe, Hechteintopf, Hechtfilets und Hecht nach Müllerin Art. Und für die
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