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Grün war die Hoffnung

Grün war die Hoffnung

Titel: Grün war die Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C. Boyle
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Regens auch von allen gehört zu werden. »Jemand sollte wirklich mal mit dem Kanu nach Boynton runterfahren. Also, um nachzusehen, was mit Pan und Verbie los ist, denn ich nehme doch stark an, daß zumindest Verbs normalerweise keine ist, die uns hier oben Ärger machen will, indem sie irgendwas verzögert , wie etwa die Lieferung der Fensterscheiben und der neuen Sägeblätter, des Öls für die Kettensägen, des Hobelmessers, der Holzmeißel und all der übrigen Sachen und Waren, ohne die wir hier bald nicht mehr weiterkommen. Höchstens daß das mit ihrer Mutter irgendwie, ich weiß nicht, eventuell echt heavy geworden ist, finsterer, als sie dachte« – hier sah er zu Angela hinüber, die neben Jiminy in der Ecke kauerte und ein Kreuzworträtsel löste, das von einem Dutzend Leuten bearbeitet, ausgefüllt und wieder wegradiert worden war. Angela hob nicht einmal den Kopf, so daß man hätte meinen können, er erwähnte hier die Mutter von jemand ganz anderem. Andererseits: was sollte sie schon tun, außer eben selbst in ein Kanu springen? Oder sich Flügel wachsen lassen?
    Jiminy sagte: »Mit denen ist schon alles okay. Wird wegen dem Wetter sein, daran liegt’s.«
    »Aber gestern war’s schön«, bemerkte Star. »Und vorgestern auch.« Sie stand jetzt am Tisch, wo sie versuchte, eine Sauce aus Dosentomaten und einem Büschel alter brauner Zwiebeln zu machen, deren Außenhaut sich in einen dünnen Film aus schwarzem Schwamm verwandelt hatte, und allein der Gedanke an Chili oder Koriander war ein Witz. Die beiden konnten ertrunken sein. Das war ohne weiteres denkbar. Eigentlich war es ein Wunder, daß sie alle bei der Ankunft den Fluß hinauf unversehrt geschafft hatten, selbst mit Hilfe von Joe Bosky, der fünf- oder sechsmal mit Gepäck und Passagieren und Proviant hin- und hergeflogen war, während die Kanus gegen die Strömung ankämpften und Norm die Hundertdollarscheine aus der Brieftasche pflückte, damit die Propeller weiter surrten und die Schwimmer übers Wasser pitschten, einen langen, stressigen Nachmittag lang und bis in die Nacht, die niemals anbrach.
    Premstar konzentrierte sich auf ihr Blatt, und die anderen starrten zur Tür hinaus, hypnotisiert vom Regen. Norm schob seine Karten zusammen, dann sah er zu Star auf und kratzte sich meditativ am Bart. »Da werd ich wohl besser mal eine Versammlung einberufen«, sagte er schließlich, und Star folgte seinem Blick zur Tür hinaus in die klägliche Aussicht, die der Regen bot.
    Der nächste Morgen war wolkenlos, die Sonne stand schon hoch und strahlte durch den dünnen blauen Nylonstoff des Zeltes, als sie neben Marco aufwachte, einen trockenen, säuerlichen Geschmack im Mund und mit einer steifen Schulter, wo die Polsterung – Fichtenzweige, nicht mehr ganz frisch – sie durch den Schlafsack zerpikt hatte. Alles war feucht und klamm. Sie klebte am ganzen Körper vor Schweiß, weil der Biwakschlafsack bis minus dreißig Grad schützte und sie ihn am Abend bis zum Hals zugezogen hatte, denn sie zitterte so heftig, daß sie kaum die Kleider vom Leib bekommen hatte. Es hatte noch geregnet, als sie sich hingelegt hatte, fast eine Stunde nach Marco, und es konnte nicht viel kälter als sieben Grad gewesen sein, trotzdem hatte sich das Zelt angefühlt wie eine Kühlkammer, und das hatte sie mehr als alles andere dankbar sein lassen für den konzertierten Sieben-Tage-die-Woche-Einsatz, den sie zum Errichten der neuen Häuser leisteten. Teamarbeit. Brüder und Schwestern. Jeder zog am selben Strang, einer für alle und alle für einen.
    Marco hatte ihr erzählt, daß so mancher Alteingesessene in Alaska schon in einem normalen Zelt überwintert hatte, mit nicht viel mehr als einem Blechofen und ein paar plattgedrückten Pappkartons, um den Wind abzuhalten, aber sie konnte sich das nicht mal ansatzweise vorstellen. Im Zelt? Im Schnee? Bei minus fünfundvierzig, fünfzig Grad? Das überschritt wohl eindeutig die Grenze zwischen Autarkie und Askese – oder auch die zum Märtyrertum –, und sie hegte keinerlei Absichten, zu leiden um des Leidens willen. Es gab nichts Schlimmes an Bequemlichkeit, an dreißig Zentimeter starken Mauern, einem extravaganten Kaminfeuer und einem Stapel von Schlafsäcken, in denen man sich einmummeln und stundenlang träumen konnte, während draußen der Schnee stob und der Wind in den Bäumen heulte. Und wieso nicht dieses Bild mit einer Tasse heißem Kakao vervollständigen – und einem guten Buch dazu?
    Sie hatten die

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