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Grün war die Hoffnung

Grün war die Hoffnung

Titel: Grün war die Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C. Boyle
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konnten sie keinen entbehren, weil sie im Wettlauf mit der Zeit standen, und jeder, selbst Jiminy mit dem kaputten Arm, wurde gebraucht, doch irgendwann meldete sich Angela freiwillig – immerhin ging’s um ihre Schwester und um ihre Mutter –, und Bill meinte, er werde sie lieber begleiten, damit sie sich nicht verliefe, denn schließlich war sie ja erst kürzlich dem Zuchthaus eines Lebens in Pasadena entsprungen, und ihre Vorstellung von »Wildnis« hatte sich nicht viel weiter als bis zu den Grenzen von Griffith Park erstreckt.
    Es war tatsächlich Kaffee. Nichts auf der Welt hatte so ein Aroma. Star strampelte sich aus dem Schlafsack frei und schlüpfte in Unterhose und Shorts, beides so feucht, daß man damit den Linoleumboden zu Hause hätte aufwischen können, dann zog sie ein schlabbriges Batik-T-Shirt über, das möglicherweise Marco gehörte – zweimal schnuppern: stimmt! –, und beugte sich vor, um die Wanderstiefel zu schnüren. In diesem Moment wichen die Hintergrundgeräusche – der Wind in den Erlen, Weiden, Pappeln und Fichten, das Gezeter der Vögel, das Gluckern des Flusses – allmählich etwas anderem, einem un natürlichen, von Menschen gemachten Laut: der ratternden, unverblümten Monotonie eines Verbrennungsmotors.
    Sie trat gerade rechtzeitig aus dem Zelt, um Joe Boskys stumpfsilbernes Wasserflugzeug vorbeizischen und hinter dem Vorhang der Bäume am Ufer verschwinden zu sehen, von wo es gleich wiederauftauchte und in zwei blitzenden Lichtparabeln auf dem Wasser zum Stillstand kam. Der Motor heulte noch einmal auf und starb dann ab, während die Maschine einen Bogen beschrieb und mit dem letzten Schwung auf den Kiesstrand vor dem Blockhaus hinaufglitt. Bis sie das Ufer erreichte, war Ronnie schon herausgesprungen und sicherte das Flugzeug mit einer Leine, die er um den großen Stamm an der Anlegestelle schlang. Es entstand ein Moment der Totenstille, dann erfaßte die Sonne die Tür des Cockpits und ließ sie wieder los, und schon stand Joe Bosky neben ihm, in militärischem Tarnzeug und mit schwarzem Barett, beide beugten sich dicht aneinander und lachten über irgend etwas.
    Es war noch früh – nicht später als sieben oder so –, aber auch andere hatten den Motorenlärm gehört und steckten die Köpfe aus ihren Zelten oder standen einfach benommen herum, barfuß und in Unterwäsche. Star kam als erste beim Wasser an, und auch sie schlief noch halb, das hohe Gras kitzelte sie an den Waden, vor ihren Füßen hüpften Insekten wie wirbelnde bunte Kaleidoskope davon. Irgendwo in der Tiefe des Blockhauses stieß Freak, der überlebende Hund, zur Probe ein scharfes Kläffen aus. »Ronnie!« rief sie, während sie über den Kiesstreifen rannte und die Arme nach ihm ausstreckte, und auf einmal verspürte sie helle Freude, sie strahlte einfach, ganz unwillkürlich. »Wir haben uns schon Sorgen um dich gemacht!«
    Ronnie grinste nicht, sagte auch kein Wort. Er umfing sie nur – ganz Pan –, und er gab sich auch nicht mit einem geschwisterlichen Drücken zufrieden, diesmal nicht, denn er hielt sie fest und zog sie eng an seinen Körper, als wollte er ihr etwas brechen. Und dann, ehe sie noch reagieren konnte, schob er ihren Kopf in den Nacken und küßte sie fest auf den Mund, zu fest und auch zu lange, so daß sie sich regelrecht von ihm losreißen mußte, während Joe Bosky grinsend zusah, als wäre er bei einer Peep-Show oder so ähnlich. »Und, krieg ich nicht auch einen?« fragte er, und Ronnie schmeckte nach Alkohol und Zigaretten und durchgemachten Nächten. »Meine Güte«, sagte Ronnie, »du siehst ja total scheiße aus.«
    Ihre Hand fuhr an die Schläfe, und sie schob sich das Haar aus dem Gesicht, verletzlich, immer verletzlich. »Was glaubst denn du? – Ich bin eben erst aufgestanden. Hab mich weder gekämmt noch gewaschen, noch irgendwas ...«
    »Ich finde, sie sieht gut aus«, sagte Joe Bosky. »Könnte man glatt mit Butter einschmieren und den ganzen Tag drauflosschlabbern.« Sein Grinsen war konstant, etwas schief, aber fest, die Augen wichen tief in die Höhlen zurück, als nähmen sie sich vor irgendeiner inneren Peitsche in acht. Er trug wie Ronnie eine Pistole an der Hüfte, in einem angeschnallten Halfter, und er hatte die Hemdsärmel hochgekrempelt, um seine massigen Bizepse zur Schau zu stellen. Er warf ihr einen lüsternen Blick zu, dann setzte er eine verspiegelte Brille auf, die seine Augen überhaupt nicht mehr sehen ließ. Er war stoned, keine Frage, da oben in

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