Grün war die Hoffnung
schwimmend im eigenen Fett, das das Tier nun nicht mehr draußen in den Wasserläufen und Sümpfen mit sich herumschleppte. Der Geruch war neu für Pamela, oder vielmehr weckte er alte Erinnerungen – sie hatte kein Bärensteak mehr gegessen, seit sie als kleines Mädchen im Sommer zelten gewesen war, mit ihrer Mutter und Pris und dem Mann mit dem graugefleckten Bart und den blitzenden blauen Augen, den sie Daddy nannte –, und ihr olfaktorisches Gedächtnis löste prompt Hunderte weitere Erinnerungen aus, bis sie wieder in den Schlaf glitt, vor dem inneren Auge das Bild ihres Vaters, wie er auf die Lichtung gestolpert war, das Hinterteil eines Schwarzbären über die blutverschmierte Schulter geworfen, das Grinsen so breit wie der Koyukuk River.
Sie erwachte von Sess’ Stimme, laut und klar über dem Gebell der Hunde und dem Krachen und Knirschen eines widerspenstigen Gegenstands, der durch das hohe Gras und die Weiden gezerrt wurde. »Jii!« rief er. »Ji-hii, ihr Mistkerle!« Und: »Haa! Haa! hab ich gesagt. Haa! « Sie hob den Kopf und spähte zum Fenster hinaus. Die Sonne knallte auf den Vorplatz, auf den Garten, auf die immer noch qualmenden Wärmefeuer. Die meisten Pflanzen standen noch und waren grün, obwohl sie bei den Buschbohnen und den Kirschtomaten ein paar vom Frost geschwärzte Blätter sah. All das dämmerte ihr gleich im Erwachen – Frost, Wärmefeuer, nur geringer Ernteschaden, Sonnenschein, noch mehr Sonnenschein –, aber sie hatte kaum Zeit, darüber nachzudenken, bevor der huschende Schatten aus Mann, Hunden und Schlitten sich kurz zwischen Fenster und Garten schob und dann wieder verschwunden war. »Haa!« rief Sess. »Haa!«
Dann stand sie draußen, in Shorts und Sweatshirt, die Uhr, die sie gegen Sess’ Proteste aufgehängt hatte, zeigte 7.48, und der Morgen erwärmte sich allmählich deutlich über die Null-Grad-Grenze. Sie sah Sess nach, der am Waldrand einen Bogen schlug, ein Stück weit am Flußufer entlangjagte, dann wendete und direkt auf sie zuraste, die Hunde warfen sich ins Geschirr, und es gelang Sess, ziemlich genau vor dem Haus zum Stillstand zu kommen, indem er die Bremse auswarf (eine Art Anker, der peitschend und hüpfend umherflog und am Ende eine viele Meter lange Furche in die Erde gepflügt hatte) und die Absätze seiner Stiefel massakrierte, während er Kommandos brüllte und die beiden hinteren Hunde einander in einem der übellaunigen Vierbeinerdispute an die Kehle gingen, wie sie tagtäglich alle fünf Minuten ausbrachen. Sess ließ die Schlittengriffe los und warf sich zwischen die Tiere, teilte Tritte und Flüche aus, bis sie endlich ihr Mütchen gekühlt hatten und hechelnd auf die Hinterläufe sanken. Sess’ Hemd war zerrissen, und von beiden Unterarmen triefte Blut, wo die Hunde nach ihm geschnappt hatten. »Hey, Baby«, sagte er grinsend. »Willst du eine Runde drehen? Ich kann dir mal zeigen, wo Gott wohnt – weißt du, was das heißt?«
»Keine Sauereien, Sess!«
Gleich darauf drückte er sie an sich und wiegte sie sanft hin und her. »Du weißt doch, daß ich so was nicht mache«, raunte er ihr ins Ohr.
Die Hunde sahen sie an, zehn Wolfsaugen fixierten Sess’ Rücken, und Lucius, der Leithund, sah aus, als könnte er mit Leichtigkeit noch zweihundert Kilometer laufen, ohne auch nur heftiger zu atmen. Sess hatte sie vor seinen Trainingsschlitten gespannt, einen schmalen, aber schweren Kasten aus festem feuchtem Holz mit armdicken Espenprügeln als Kufen und an den vier Ecken zusätzlich mit Rädern, die er von kaputten Schubkarren – vielleicht auch von Kinder-Dreirädern – abgeschraubt hatte. Die Räder waren allerdings völlig nutzlos. Der Schlitten wog knapp eine Tonne. Sess wollte die Hunde damit nur trimmen, sagte er immer, ihnen beibringen, als Team zu arbeiten und schwere Lasten zu ziehen.
»Also, ich hab mir gedacht, ich fahr mit ihnen heute mal auf die Fallenstrecke«, sagte er, »nur ein Stück weit, damit sie sie kennenlernen und was davon wittern können, außerdem könnte ich ein paar Zweige und Gestrüpp wegschneiden und so. Heut abend bin ich zurück. Wird aber wohl spät werden. Richtig spät.«
Sie war erstaunt. »Mit dem Ding da? Das fällt dir doch auseinander, bevor du drei Kilometer weit bist.«
Er versuchte gar nicht, es abzustreiten. »Na ja, die Räder werden wohl runter müssen, sobald wir im Moor sind. Ich lasse sie einfach ziehen, bis sie geschafft sind. Ach, und übrigens, das Bärenfleisch mußt du echt auf Teufel
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