Grün war die Hoffnung
Atem. Etwas Wesentliches war mit einemmal abwesend, auf eine Art, die falsch war, ganz und gar falsch, eine Negation all dessen, was sie gewusst und geglaubt hatte, als sie den Hafen hinter sich gelassen hatten. Der Geist war aus der Maschine entflohen.
Dann war sie oben und versuchte, Till und Warren von dem Wasser in der Kajüte zu erzählen, von dem Wasser, das nicht dorthin gehörte und durch den Bugstauraum drang, dessen Luk ebenfalls immer wieder überspült wurde, bevor das Boot das Gewicht der Wellen abschüttelte und abermals eintauchte. Doch Till hörte nicht zu. Till, ihr Fels in der Brandung, der Mann, der die Zerfleischung seines Arms und die feurige Explosion der Granate überlebt hatte, deren Splitter noch immer in seinen Beinen und unter den Narbenkonstellationen auf dem breiten Firmament seines Rückens verborgen waren, saß zusammengesunken, erschöpft und verwirrt am Steuer und drückte verzweifelt immer wieder auf den Knopf des Anlassers. Und Warren kämpfte sich, in eine gelbe Öljacke gehüllt und ununterbrochen fluchend, durch die Tür zum Achterdeck, während der Sturm in die Kajüte fuhr und die ganze sichtbare Welt ihre Festigkeit verlor.
Ungläubig und wütend drehte Till am Steuer, doch das Boot reagierte nicht. Es rollte und taumelte, aus dem Nichts tauchte eine Welle auf und traf es wie eine volle Breitseite, so dass es sich neigte, bis sie dachte, es würde kentern. Vielleicht schrie sie. Vielleicht schrie sie vergeblich, ihr Atem jedenfalls ging schnell und heftig. Sie konnte sich jetzt nur noch festhalten, mit zusammengebissenen Zähnen, während die Gischt über die Kajüte hinwegfegte und Warren, der irgendein Werkzeug in der Hand hatte, das Luk zum Motorraum öffnete – Warren, der aufs Achterdeck gegangen war, um alles zum Guten zu wenden. Aber was sollte er schon tun? Wie konnte irgend jemand in diesem Chaos irgend etwas reparieren?
Er war ein gelber Fleck in einer Welt, die aller Farben beraubt war, eben noch am Luk und im nächsten Augenblick nicht mehr, denn eine große, von achtern überkommende Welle warf ihn gegen die Kajütentür und goss einen halben Ozean in den Motorraum. Till warf ihr einen Blick zu, sein Gesicht war erschöpft und ohne Hoffnung. Warren wurde mit fuchtelnden Armen und keuchend aufgerissenem Mund gegen das Fenster geworfen und tauchte, geradezu unglaublich, aus dem schäumenden Tosen wieder auf – die Öljacke war ihm halb von den Schultern gerissen, untauglich, lächerlich, eine Kinderjacke, ein Puppenjäckchen –, und dann wurde er abermals umgerissen und verschwand. Im nächsten Augenblick sprang Till auf und wandte sich vom Steuer ab, das sich wild hin und her drehte. Alle Lichter im Armaturenbrett leuchteten, die Speigatten wurden überspült, die Bilgepumpe hustete schwächlich. Er packte sie am Handgelenk und zerrte sie hoch, und plötzlich waren sie draußen im Wüten des Sturms, der ihr den Atem nahm, und die nächste Woge türmte sich auf und zwang sie mit einem gewaltigen, eisigen Schlag auf die Knie, und sie war jetzt nicht mehr seekrank, sie war nicht mehr müde und erschöpft und wie betäubt. Alles in ihr, alles, was sie war, schrie in den höchsten Tönen. Sie würden untergehen, alle drei, das war offensichtlich. Sie würden untergehen und sterben und Futter für die Krabben sein.
»Was soll das?« Warren, dem das Haar wie aufgemalt ins Gesicht hing, stand schwankend da und packte Till, als wollte er mit ihm tanzen, doch der schüttelte ihn ab und beugte sich zum Beiboot, um es loszubinden.
»Das ist unsere einzige Chance!« brüllte er, taumelnd und wankend wie ein Betrunkener, in den Sturm. Er riss an den Leinen und zerrte heftig an der Persenning, mit der das Beiboot abgedeckt war.
»Du bist verrückt!« schrie Warren. »Du hast deinen verdammten Verstand verloren!« Auch er taumelte und versuchte, das Gleichgewicht zu bewahren, und ihr ging es nicht anders. Sie war hilflos, und die Wellen drangen von allen Seiten auf sie ein. Das Boot hob und senkte sich leblos unter ihren Füßen. »Bei diesem Sturm überstehen wir keine fünf Minuten in dem Ding!«
Aber da war das Beiboot, losgebunden und im Wasser, und sie saßen darin. Warren nahm die Ruder, und keiner dachte an die Schwimmwesten, denn diese waren zwar ganz neu und praktisch und versprachen, Männer, Frauen und Kinder beliebig lange an der Oberfläche des stürmischsten Meeres zu halten, doch sie waren ordentlich unter der Bank auf dem Achterdeck der Beverly B.
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