Grün war die Hoffnung
Abends oder wenigstens für ein schuldbewusstes Schmunzeln, wenn die Katzenbesitzer an ihre übergewichtigen, an Trockenfutter gewöhnten Zimmertiger denken, die zu Hause schlafend auf dem Sofa liegen.
Jetzt hat sie es geschafft, das Publikum ist gefesselt. Was macht es schon, dass sie insgeheim findet, alle streunenden Katzen sollten abgeschossen werden? Sie findet ihren Rhythmus, die lateinischen Bezeichnungen gehen ihr so leicht über die Zunge, als wäre sie eine Novizin, sie hat alle Fakten und Zahlen parat und braucht nicht auf die Notizen zu sehen, die sie in einer 22-Punkt-Schrift ausgedruckt hat, damit sie keine Brille braucht und das Publikum ihr direkt in die Augen sehen kann. Hinter ihr erscheint ein Bild nach dem anderen, sie präsentiert einen kurzen Überblick über die Biogeographie der Inseln und erklärt, wie sich an isolierten Orten Spezies entwickeln und die Nischen des Ökosystems füllen und dass ein solches einzigartiges Gleichgewicht, wie es auf vielen Inseln in aller Welt herrscht, durch die Einfuhr von Festlandarten empfindlich gestört werden kann. Sie spricht vom Dodo, dem Paradebeispiel für eine ausgestorbene Inselspezies, einem taubenartigen Vogel, der irgendwie seinen Weg auf eine Insel im Indischen Ozean gefunden und sich, da es dort keinerlei Raubtiere gab, zu dem watschelnden, fettsteißigen, flugunfähigen Vogel entwickelt hat, der dann zum Inbegriff der Hilflosigkeit geworden ist.
»Der Dodo war naiv«, sagt sie und bedenkt sie mit einem strengen, nüchternen Blick, denn das ist die Realität, Leute, das ist es, worauf es hinausläuft – der unersetzliche Verlust einer Spezies –, und daran ist nichts Komisches oder auch nur entfernt Ironisches. »Das soll heißen, er hatte Misstrauen und Furcht im Verlauf von Generationen verloren und watschelte arglos auf den ersten Matrosen zu, der auf der Insel Mauritius landete. Und der drehte dem Dodo den Hals um, rupfte und briet ihn. Anschließend führte er Ratten und Schweine ein, die die Eier dieser Bodenbrüter fraßen. Fliegen ist teuer«, fährt sie fort, »jedenfalls in Hinblick auf den Kalorienverbrauch, und dasselbe gilt für das Anlegen von Nestern in Bäumen. Warum fliegen, warum Nester auf Bäumen bauen, wenn man an einem Ort ist, wo man nichts zu befürchten hat? Wie jedes Schulkind weiß, lautet die Antwort – oder vielmehr das Resultat – im Fall des Dodos: Ausrottung.«
Das Publikum ist ruhig geworden, das anfängliche Rascheln, Schneuzen und halbunterdrückte Husten ist einer Stille gewichen, die sie nicht als kollektiven Stupor, sondern als aufmerksames Schweigen deuten möchte. Und tatsächlich, sie sind aufmerksam: Sie kann es spüren, sie sind wach und gespannt, sie warten auf das Thema (Schlüsselworte: Ratten und Gift) und die heftige anschließende Diskussion. Nun gut. Dann also heraus damit. Sie klickt mit der Maus, und das nächste Bild, das die Leinwand befällt, ist das ebenjener Ratten. Augen funkeln dämonisch im Blitzlicht des Fotografen, und die Tiere selbst durchstöbern die Nester von Möwen und Alken, ihre Schnauzen und Pfoten sind verschmiert mit Eidotter, Eiweiß und Keimflecken.
»Ratten«, verkündet sie und hält kurz inne, damit das ganze Gewicht dieser Information zur Geltung kommt, »sind weltweit für sechzig Prozent des Aussterbens von Inselpopulationen verantwortlich.« Wieder eine kurze Pause. »Und Ratten sind dabei, die Bodenbrüter auf Anacapa auszurotten.« Diesmal wird ihre Pause begleitet von dem stählernsten Blick, den sie angesichts der Tatsache, dass sie das Publikum praktisch nicht sehen kann, zustande bringt. »Und darum bin ich heute abend hier, um Ihnen zu erklären, dass wir schnell etwas unternehmen müssen, wenn wir diese endemischen Tier- und Pflanzenarten vor dem Schicksal bewahren wollen, das der Dodo, der Rodrigues-Solitär, der Stephenschlüpfer, Roosevelts Anolis und Dutzende, Hunderte, Tausende andere Arten erleiden mussten.«
Ein Rascheln, das Knarzen von Stühlen, Geflüster – Erregung geht durch das Publikum wie eine elektrische Ladung. Das ist es, wofür sie gekommen sind. Und das ist es auch, wofür Alma gekommen ist: der Augenblick der Wahrheit. Sie richtet sich auf und strafft die Schultern. Sie hat die Leute jetzt da, wo sie sie haben will, und jetzt ist der Augenblick gekommen, sich zum Mikrofon zu beugen, mit diesem stählernen Blick, und zu sagen: »Und darum haben wir, nach langer Beratung und mit voller Unterstützung der Biologen vom National
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