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Grün war die Hoffnung

Grün war die Hoffnung

Titel: Grün war die Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C. Boyle
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hat. Außer Wilson natürlich. Und dem Park-Service-Typ, der mit dem Boot gekommen ist. Und nicht zu vergessen dem hier stationierten Ranger, der in seinem weißen Häuschen mit dem atemberaubenden Ausblick zweifellos auf seinem Hintern sitzt, Krimis liest, Spaghetti kocht und bis zum Erblinden Gin in sich hineinschüttet.
    Er ist jetzt vom Pfad abgegangen – Greifen, Ausholen, Werfen – und denkt an das geradezu unvorstellbare Maß an Grausamkeit, das ein Wissenschaftler besitzen muss, der für einen Chemiekonzern arbeitet, für Montsanto, Dow oder Amvac, der all seine Tatkraft und all sein Talent, ja eigentlich sein ganzes Leben der Aufgabe widmet, ein Mittel zu entdecken, das so tödlich ist wie Brodifacoum, und dann das richtige, das unwiderstehliche Mischungsverhältnis findet, das dieses Zeug zu einem Rattenheroin, einem Rattenkokain macht. Da stolpert er plötzlich über den Zweig eines Busches, und mit einemmal ist es ganz windstill. Es geschieht so schnell, dass er es gar nicht begreift: Die rissige, von Wurzeln durchzogene Erde verschwindet unter seinen Ellbogen, als er vornüberfällt, Staub steigt ihm in die Augen, und Steine wirbeln davon, fliegende Steine stürzen in die Tiefen des Abgrunds, der sich vor ihm öffnet, als würde ein Film plötzlich auf Breitwandformat gezeigt. Achtung! Die Klippenkanten sind brüchig! Bleiben Sie auf den markierten Wegen! Und das, was unter seinem Rumpf und den zappelnden Beinen ist, verschwindet ebenfalls und fällt hinab – wie er selbst. Ein kurzer Augenblick der Schwerelosigkeit und der Panik, die ihn wie ein elektrischer Schlag durchzuckt, und dann der Aufprall auf dem Sims drei Meter unterhalb der Kante.
    Er landet auf der rechten Seite, auf den Rippen, die Luft bleibt ihm weg, der Rucksack ist verrutscht. Zunächst versteht er nicht, was passiert ist. Und dann? Dass er von der Klippe gestürzt ist, von der brüchigen Klippe, der felsigen, mit loser Erde bedeckten Klippe, aber nicht abgestürzt – das ist das Wort, das ihm einfällt und das er in keinem anderen Zusammenhang benutzen würde –, nicht tot. Zerschmettert auf den Felsen dort unten. Wo die vom Sturm aufgewühlte Brandung donnert und schäumt und aufstiebt. Für einen langen Augenblick ist er unfähig, sich zu rühren. Dann spannt er wie eine erwachende Katze nacheinander alle Muskeln an, macht sich wieder mit ihren Funktionen vertraut und denkt: Anise wird es nicht glauben und: Was ist, wenn ich gerettet werden muss? Wenn der Hubschrauber, der Hubschrauber des Park Service, der Hubschrauber der Giftmischer …?
    Das Sims, der Vorsprung aus vulkanischem, mit stacheligen xerophytischen Pflanzen bewachsenem Gestein, der seinen Sturz aufgehalten und ihn gerettet hat, ist nur eine von vielen Felsnasen, die aus der Wand ragen, als gälte es, eine Invasion abzuwehren. Er sieht es, er sieht, als er ganz vorsichtig das Gewicht verlagert, das Muster, das eigentlich gar kein Muster ist und sich in beiden Richtungen über die Wand zieht. Es dauert eine Weile – er ist zweiundvierzig und hat Bluthochdruck und einen stechenden Schmerz in der rechten Seite –, bis er es schafft, die Beine anzuziehen und sich Zentimeter für Zentimeter aufzurichten, so dass er schließlich dicht an den Fels geschmiegt dasteht. Er sieht die Stelle über ihm, wo die Erde nachgegeben hat, und entdeckt an der ihm zugewandten Seite ein Gestrüpp von Pflanzen. Es besteht hauptsächlich aus Dudleya , Sukkulenten, die sogleich brechen, sich aus der Erde lösen und ihn abstürzen lassen würden, aber da ist auch etwas mit einem holzigen Stamm, ein Ceanothus oder vielleicht eine Krüppeleiche, und dieser Stamm befindet sich in Reichweite. Er packt ihn. Rüttelt prüfend daran. Und dann presst er sich so fest an den Fels, dass er später Kieselsteine, Sand, Blätter und Zweige unter seinem Gürtel und dem elastischen Rand der Unterhose findet, und zieht sich hinauf, greift nach dem nächsten Zweig, während die Spitzen seiner Wanderschuhe nach einem Halt suchen. Zwanzig Sekunden später ist er oben, die Beine schaben über die lose Erde, der Rucksack zerrt an ihm, das Blut rauscht donnernd in seinen Ohren, und dann ist er in Sicherheit, kriecht auf allen vieren zehn, fünfzehn Meter weit durch das Gebüsch und bricht zusammen.
    Das nächste, an was er sich später erinnert: Er sieht auf die Uhr. Es ist verblüffend: Nur fünf Minuten sind vergangen. Fünf Minuten. Nicht eine Stunde, sondern nur fünf Minuten, dreihundert Sekunden, in denen

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