Grün war die Hoffnung
Teekannen, und warum regnete es nie? Warum gab es nie ein Gewitter? Sie hätte gern mal ein schönes Ostküstengewitter erlebt, nur zur Abwechslung. Sie sah ihr Spiegelbild über die Schaufenster gleiten, verschwinden und wieder erscheinen, Lastwagen fuhren vorbei wie Mauern auf Rädern, Tauben und Stare stritten sich um die Überreste eines MacDonald’s Happy Meals, das neben einem ebenfalls weggeworfenen traurigen Plastikpüppchen – Ronald mit seinem aufgemalten Grinsen – auf dem nassen Bürgersteig lag. Bevor sie sich bückte, um das Spielzeug aufzuheben und in die Tasche zu stecken, wedelte sie mit den Händen, um die Vögel zu verscheuchen, und sah sich um, ob jemand sie beobachtete. Sie dachte an ihre Tochter und die Babysitterin, die sie für eine Stunde engagiert hatte, nur eine Stunde, denn wie lange konnte ein Mittagessen schon dauern?
Er saß in einer Nische am Fenster und hatte eine Zeitung auf dem Tisch ausgebreitet. Anfangs erkannte sie ihn nicht. Ich bin der mit dem Bart , hatte er gesagt, aber er hatte auch gesagt, er sei fünfundfünfzig (kurze Berechnung: vierundzwanzig Jahre älter als sie), und darum hatte sie einen hageren alten Mann erwartet mit Schildkrötenhals, zusammengekniffenen Augen, weißem Haar, Overall und vielleicht einem Strohhut. Doch dieser Mann sah ganz anders aus. Seine Haare waren lang und stellenweise von der Sonne ausgebleicht, und als er sie ansah, war sein Blick alles andere als der eines alten Mannes. »Mr. Russell?« fragte sie langsam und unsicher, als sie noch drei Meter von seinem Tisch entfernt war, denn er konnte nicht Mr. Russell sein … oder doch?
Er war es. Und er hatte ein Lächeln, das wie ein Radiergummi wirkte: keine Sorge, keine Angst. »Rita?« Er schob die Zeitung beiseite und richtete die Augen (ein ins Grau spielendes Blau mit kleinen goldenen Flecken) über den Rand der Lesebrille hinweg auf sie. »Sind Sie Rita?«
Sie trug Jeans, Flipflops und eine türkise Bluse mit kurzen Ärmeln und tiefem Ausschnitt und hatte sich, weil sie nicht wusste, worauf sie sich einstellen sollte, ein bisschen geschminkt. Das Haar hatte sie aufgesteckt, weil sie dachte, dass Köchinnen es so trugen. Sie war auf die Minute pünktlich und ging unterwegs zum Café noch einmal die wenigen Rezepte durch, die sie kannte – ein paar Currygerichte, die der Schlagzeuger ihr beigebracht hatte, Hähnchenbrust Cordon bleu, Muscheln in Weinsauce –, aber im Grunde glaubte sie nicht, dass etwas dabei herauskommen würde. Wenn er sie nach ihrer Berufserfahrung fragte, würde sie ihm sagen müssen, dass sie keine Profiköchin war und eigentlich immer nur für ihre Tochter und ihren Exmann und hin und wieder für Gäste gekocht hatte, aber wenn sie ehrlich war, aßen sie oft genug Sachen, die sie nicht zubereitet hatte: Hamburger, Pizza, Chicken Wings – sie hatte eine Leidenschaft für Chicken Wings. »Ja«, sagte sie und erwiderte das Lächeln, »das bin ich.«
»Setzen Sie sich«, sagte er, faltete die Zeitung zusammen und reichte ihr die Speisekarte. Er nahm sich einen Augenblick Zeit und richtete das Besteck auf dem Platzdeckchen aus Papier aus, das auf der Vorderseite mit dem Namen des Cafés und einem Bild des Besitzers, eines dicken Mannes mit Glatze, und auf der Rückseite mit Rätseln für Kinder bedruckt war. »Zwei Dinge«, sagte er schließlich. Seine Stimme klang wie ein fernes Donnergrollen, und er richtete seine krakelierten blauen Augen auf sie, als könnte sie jeden Augenblick aufspringen und wie ein Vogel davonfliegen. »Nennen Sie mich Bax. Und Sie sind eingeladen.« Eine weitere Pause. »Und ich muss sagen, ich habe nicht damit gerechnet, dass Sie eine so … eine so … Was will ich eigentlich sagen?«
Das war der Augenblick, in dem ihr unbehaglich zumute wurde. Hatte er was mit ihr vor, war es das? Ging es bei diesem Job um irgendwas Halbseidenes? Eine Insel? Mit Cowboys? Was hatte sie sich eigentlich gedacht? »Ich weiß nicht«, hörte sie sich sagen. Und jetzt war sie diejenige, die mit Messer, Gabel und Löffel herumspielte und Kaffeebecher und Platzdeckchen hin und her schob wie Schachfiguren. Sie sah von der Karte auf und versuchte, ihrer Stimme einen munteren Klang zu geben. »Was ist denn gut hier?«
Er schien den Faden verloren zu haben, doch er starrte sie noch immer an, musterte sie mit einem Blick, der kaum misszuverstehen war. Es dauerte einen Moment, doch dann sagte er: »Ich mag das Reuben-Sandwich. Sie sind doch nicht eine von denen, die
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