Grün war die Hoffnung
Bewegungen und die Behendigkeit, mit der sie sich auf den Fahrersitz setzte, die Schultern straffte und am Ganghebel riss, lenkten die drei so lange von Bax ab, dass er mitsamt Krücken und Gewehr einsteigen konnte. Sie sah Thatch nicht an, als sie das Gaspedal durchtrat und auf dem Weg davonholperte, bis die Ranch, das Feuer und die drei kleinen Gestalten nur noch ein Fleck im Rückspiegel waren.
Noch nie im Leben hatte sie sich so am Boden zerstört gefühlt. Ihre Hände zitterten, ihre Füße fühlten sich an wie tot, und sie spürte den Boden ihres Magens, als wäre er mit einem Reißnagel befestigt. Den ganzen gewundenen Weg zur Mesa hinauf brüllte Bax seine Wut heraus, und sie brüllte zurück. Sie fassten alle möglichen Beschlüsse: was sie tun würden, was Bax zu den Besitzern und der Polizei und der Küstenwache und allen, die es hören wollten, sagen würde, doch all das brachte ihnen gar nichts, denn als sie auf der anderen Seite der Mesa hinabfuhren und die Scorpion Ranch in Sicht kam und größer und größer wurde, bis sie die ganze Windschutzscheibe ausfüllte, sahen sie den Hubschrauber reglos vor dem Haus. Daneben standen der Pilot, ein Mann in Anzug und Krawatte – der Agent oder Anwalt oder was auch immer der Gherinis – und, mit grimmigen Gesichtern, Anise und Francisco.
Ja. Genau. Einfach den Stöpsel rausziehen und alles den Bach runtergehen lassen, die Mühsal und die Plagen, die Schafe und die Zuchtböcke, die Wasserpumpe und die Pferde und alles andere, den Geschmack des Staubs zwischen den Zähnen, wenn die letzten Sonnenstrahlen über die Hügel einfielen, und die tiefe erfüllte Liebe zu einem Ort, die wie die innige Liebe zu Gott war – nur weg damit. Denn Mr. Gherinis Agent, der in seinen Stadtschuhen durch den Matsch trippelte, sagte: »Es tut mir sehr leid, Ihnen das sagen zu müssen, Mr. Russell, aber ich habe Anweisung, Sie davon in Kenntnis zu setzen, dass Sie die Ranch innerhalb von zwei Wochen räumen müssen.«
»Wovon reden Sie überhaupt?« fuhr Bax ihn an.
Der Agent – hoch aufgerichtet und Herr der Lage, auch wenn er kaum größer als eins fünfundsechzig war und ihm der Abscheu ins Gesicht geschrieben stand – hielt ihnen einen kleinen Vortrag, gespickt mit Zahlen, die er von einem Notizzettel ablas: vierzigtausend Dollar Gewinn für die Gherinis im soeben abgelaufenen Geschäftsjahr, im Gegensatz zu den erwarteten hundertfünfzigtausend allein aus Jagdeinnahmen, und dazu noch der National Park Service, der ihnen im Genick saß und drohte, das seit den Lebzeiten des Großvaters seiner Mandanten in Familienbesitz befindliche Land zu enteignen und in öffentlichen Besitz umzuwandeln, gegen eine Entschädigung, zu mickrig, um sie auch nur zu erwähnen. »Machen wir uns nichts vor, Mr. Russell«, sagte er, hob einen Fuß aus dem Schlamm, besann sich eines Besseren und stellte ihn wieder ab, »die Welt dreht sich weiter. Schafzucht ist was aus dem Wilden Westen, und den Wilden Westen gibt’s nicht mehr.«
Bax beherrschte sich mühsam, versuchte zu gestikulieren und dabei nicht die Krücken zu verlieren, versuchte zu argumentieren, doch der Mann schüttelte den Kopf und unterbrach ihn. »Zwei Wochen«, sagte er. »Es tut mir sehr leid. Meinen Klienten tut es ebenfalls sehr leid. Allen tut es leid.« Er trat einen Schritt vor, sehr vorsichtig, wie ein Mann, der durch Kuchenteig watet, zog einen Umschlag aus der Brusttasche und drückte ihn Bax in die Hand. »Zwei Wochen. Hiermit sind Sie ordnungsgemäß in Kenntnis gesetzt worden.«
Es war wie ein Schlag, der ihr die Luft nahm. Sie fühlte sich wie die Überlebende eines Schiffbruchs, die sich an einen von Wellen umtosten Felsen klammerte. Sie war an Land, und doch ertrank sie. »Was ist mit den Lämmern?« fragte sie und streckte flehend die Hände aus. »Wir können sie doch nicht einfach –«
Er sah sie zum erstenmal an. Seine Augen waren schwarz, das Haar war kurzgeschnitten. Er war ein sehr kleiner Mann in einem sehr teuren Anzug und einem Paar ruinierter Schuhe, der mit einer dringlichen Botschaft aus einer anderen Welt gekommen war, und diese Botschaft war übermittelt worden. »Lassen Sie sie hier.«
»Für wen? Für diese … diese … « – sie fand das richtige Wort nicht – » Leute , die sie abschießen wollen?«
»Ich bin nicht hier, um zu diskutieren«, sagte er.
Francisco starrte auf die rissigen, aufgebogenen Spitzen seiner Stiefel. Anise schlug die Hand vor den Mund. Aus der Ferne war das
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