Grün war die Hoffnung
Töpfe und Pfannen, schaltet die Kaffeemaschine und den Toaster ein und legt dünne Streifen gepökelten Schweinefleischs kreuzweise übereinander in die Edelstahlpfanne, ohne Deckel. Überall werden Fettspritzer sein, auf dem Herd, dem Boden, der Teekanne, und der Geruch nach versengtem Fleisch wird wie Zigarettenrauch in einem Nichtraucherhaus in die Ecken, die Teppiche und Vorhänge ziehen und wochen-, ja vielleicht monatelang nicht verschwinden. Sie hat noch nicht mal die Decke zurückgeworfen und sich aufgesetzt, da ist sie schon beunruhigt – oder nein, nicht beunruhigt, denn es ist ihre Mutter, die mit ihrem Stiefvater gestern abend zur Essenszeit unangekündigt gekommen ist, aber immerhin aus dem Rhythmus gebracht. Sie ist verärgert. Genervt. Aber was soll’s? Tatsache ist: Tim ist auf der Insel, ihre Mutter ist in der Küche, und sie selbst hat um Viertel vor acht ein Frühstücksmeeting.
Katherine »Kat« Boyd – den Namen Takesue hat sie nach dem Tod ihres Mannes abgelegt, und bei der zweiten Eheschließung hat sie ihren Mädchennamen behalten, denn das ist es, was sie immer war, das ist der Name, mit dem sie sich wohl fühlt – ist neunundfünfzig, klein, stämmig und leidet an einsetzender Diabetes und einer schleichenden Sucht nach Wodka und Diät-Tonic. Sie trägt das pfirsichfarbene Haar in einem Pagenschnitt, der sie jünger wirken lässt, als sie ist – jedenfalls hält man sie gewöhnlich für fünfzig oder fünfundfünfzig –, und sie trägt am liebsten Jeans und T-Shirt, die Uniform ihrer Generation. Zweiundzwanzig Jahre lang hat sie die dritte Klasse der Cœur-D’Alene-Grundschule in Venice unterrichtet, bevor sie sich in Scottsdale zur Ruhe gesetzt hat. Sie hat eine Antipathie gegen das Meer, eine Angst und Abneigung, die an Hass grenzt, und findet, dass sie genug Nebel für den Rest ihres Lebens gesehen hat. Im Augenblick hat sie so viel aufgestaute Energie, dass sie nicht weiß, wohin damit, also kocht sie. Alma wird den Speck nicht anrühren. Seit sie in der siebten Klasse Vegetarierin geworden ist, unter dem Einfluss ihrer besten Freundin, die aus Indien stammte, deren Eltern Ärzte waren und die bis zum Ende der Junior High School darauf bestand, das rote Kastenzeichen auf der Stirn zu tragen, hat sie kein Fleisch mehr gegessen. Aber Ed wird sich über den Speck hermachen. Und vielleicht wird Kat auch etwas davon essen.
Sie ist sich dessen nicht voll bewusst, aber in gewisser Weise steckt sie hier ihr Territorium ab, denn warum sollte sie sich in der Küche ihrer eigenen Tochter wie eine Fremde fühlen? Sie hat die Becher so an die Haken unter dem Oberschrank gehängt, dass die Öffnung nicht zur Wand, sondern zum Raum zeigt, sie hat das Geschirr in die Spülmaschine geräumt und den gekachelten Boden gewischt, erst einmal und dann noch einmal, um die Streifen zu beseitigen, und schließlich hat sie einen Radiosender eingestellt, bei dem sie mitsummen kann. Jetzt gerade singt Cat Stevens, der Verteidiger des Islams, »Peace Train«, und davor waren die Carpenters dran und davor die Gruppe, die »Up Up and Away in My Beautiful Balloon« gemacht hat. Die Speckstreifen brutzeln – ein erfreuliches Geräusch. Sie sticht mit einer Gabel hinein und legt einen nach dem anderen auf ein Stück Küchenpapier. Dann verringert sie die Hitze und gibt Tomaten, Paprika und Zwiebeln für huevos rancheros in die Pfanne. Später, wenn die Eier stocken, wird sie noch eine großzügige Dosis Tabascosauce darüber spritzen. Und wenn Alma zur Arbeit gegangen ist und Ed mit seinen Eiern und Speck und der morgendlichen Bloody Mary vor dem Fernseher sitzt, wird sie den Ofen vorheizen und Eigelb und Eiweiß für den Kuchenteig trennen.
Oben im Badezimmer schlüpft Alma aus dem Morgenmantel und geht unter die Dusche. Für kurze Zeit steigt Dampf auf, aber das Duschwasser ist nie warm genug, irgendwas ist mit dem Durchlauferhitzer, und jetzt ist das Wasser auf einmal ganz kalt. Sie fährt zurück, weicht dem eiskalten Guss aus, der Schock durchzuckt sie wie ein Stromschlag. Sofort bekommt sie eine Gänsehaut. Ihr Ellbogen rammt schmerzhaft den Aluminiumgriff der Kabinentür, und sie stößt einen kurzen, widerhallenden Fluch aus. Wahrscheinlich lässt ihre Mutter das warme Wasser laufen, füllt die Teekanne oder hat womöglich die Geschirrspülmaschine eingeschaltet, was bedeuten würde, dass der ganze Rest der Dusche eine Übung in Masochismus wäre; ihre Füße auf den Kacheln sind kalt, und kaltes
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