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Grün war die Hoffnung

Grün war die Hoffnung

Titel: Grün war die Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C. Boyle
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Nylonseil, um das Boot weiter auf den Strand zu ziehen. Anise folgt ihr, und dann ist auch er auf dem Strand, und zu dritt schieben sie das Schlauchboot über den Sand.
    »Mensch«, sagt Rita, die Hände in die Hüften gestemmt und nicht mal außer Atem, »seht euch das an!« Was sie sieht, liegt zwanzig Jahre und mehr zurück, doch was er sieht, ist das beinahe zwei Meter breite Schild am Strand, ein Zwilling des Schildes an der Pier, aus demselben Metall wie ein Straßenschild, und noch bevor er das nächste und dann das übernächste Schild bemerkt, fragt er sich, ob die wohl von Sträflingen in Soledad oder so hergestellt worden sind. Wenn ja, dann ist es eine seltsame Verknüpfung, dass diese Schilder hinter Gittern gemacht werden, um den Zutritt zu einem Ort zu verbieten, an dem es keinerlei Gitter gibt.
    Rita ruft etwas, Anise folgt ihr den Hang hinauf zum Haus, das von hier aus gerade eben zu sehen ist, etwa fünfhundert Meter entfernt, weiße Lehmziegelwände, grüne Dachziegel, und die Sonne wirft ihre Speere – und in diesem Augenblick kommen die beiden Volltrottel in Park-Service-Uniformen aus dem Haus gerannt. Er ist überrascht, trotz allem – immerhin hat er doch genau damit gerechnet, oder? Seine Stimme ist hart, barsch, knapp wie das Bellen eines Hundes. »Anise! Los, schaff deinen Arsch ins Boot!«
    Sie ist fünfzehn Meter vor ihm, und weitere fünfzehn Meter davor ist ihre Mutter.
    »Rita!« ruft er, und als sie sich umdreht, zeigt er auf die beiden Männer und schwenkt den anderen Arm über dem Kopf wie ein Baseballtrainer, der seine Leute aus dem Außenfeld heranwinkt. Ein Moment der Unentschlossenheit, er sieht Anises breites, fragendes Gesicht und dahinter das Duplikat, und dann rennen die beiden, und er rennt ebenfalls, zum Boot, zur Leine, um das Ding ins Wasser zu schieben und abzuhauen, bevor er sich eine weitere Standpauke anhören oder, schlimmer noch, die ganze kranke Schmierenkomödie einer Verhaftung über sich ergehen lassen muss.
    Worum geht es also – um Sekunden? Die Ranger, einer mit Schnurrbart, der andere ohne, halten es nicht für nötig zu rennen, denn das könnte ja irgendwie ihre Würde verletzen, das jedenfalls ist sein Eindruck, aber sie beeilen sich. Was Anise betrifft: Sie fliegt geradezu. Sie hält sich im Studio in Form, denn fit zu sein und gut auszusehen ist Teil von dem, was sie ist und was sie tut. Sie ist neben ihm, knöcheltief im Wasser, das Boot schwimmt, die Ranger kommen näher, die Sonne wirft noch immer Speere. Die große Überraschung – und wie schafft er es, das so ruhig analysieren? – ist Rita. Einen Herzschlag lang dachte er, sie würde stehenbleiben, sich ihnen entgegenstellen, ihnen die Leviten lesen und sie bis ins kleinste Detail wissen lassen, wer sie ist und was ihre Rechte sind und warum dies ihre Insel ist, nicht die des Park Service, und wenn sie auch nur einen Finger gegen sie erheben, wird der Himmel sich auftun und das Meer sie verschlingen, aber irgendwie hat er es geschafft, ihren Fluchtimpuls auszulösen, und so fährt auch sie herum und rennt zum Strand.
    Der Motor springt mit einem anschwellenden Grollen und einem kurzen wütenden Knall des Auspuffs an. Anise winkt wie eine Schiffbrüchige. Die Park-Service-Typen kommen steifbeinig näher – o nein, sie werden nicht rennen, das können sie gar nicht, denn sie sind hier Amtspersonen, Polizisten, Obrigkeit –, doch Rita lässt ihnen keine Chance. Sie kann rennen. Sie ist eine alte Frau oder eine Frau in vorgerücktem Alter oder was auch immer, aber sie bewegt sich wie eine gutgeölte Maschine. Die Cowboystiefel, verziert mit einem Muster aus zwei Schlangen, rot und blau, die einander auf dem Spann umschlingen, stampfen über den Sand und dann durch die flachen Wellen, das Wasser reicht ihr bis zu den Knien, und dann ist sie an Bord, und Sekunden später sind sie fünfundzwanzig Meter vom Ufer entfernt. Er gibt etwas Gas, damit das Boot gleitet. Sein Atem geht heftig, die Aufregung pulsiert in ihm wie Freude, wie reine, unverfälschte Freude, doch mit ihr kommt auch ein Übermaß von Wut, und er legt die Pinne um, so dass das Boot eine enge Kurve fährt, gerade als die Ranger den Strand erreicht haben und er ihre Gesichter erkennen und sehen kann, dass sie etwas rufen, eine amtliche Drohung oder Verwünschung.
    Sollen sie doch. Sollen sie rufen, soviel sie wollen. Ganz langsam, mit größtem Bedacht, hebt er die rechte Hand, den Mittelfinger ausgestreckt, damit sie wissen, wie er

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