Grün war die Hoffnung
aber sie wird keinen Wein trinken, nicht mal den winzigsten unschuldigsten Tropfen.
Es ist ein Kampf. Ellbogen, Unterarme und Handgelenke sind so schwach, als hätte jemand alle Knochen entfernt, doch sie schafft es, sich aufzusetzen, und im nächsten Augenblick schlüpfen ihre Füße in die Sandalen. Die Klettverschlüsse sind ihr allerdings zu anstrengend, und so bleiben die Riemen offen. Sie sitzt einen Moment da und sieht den Fliegen am Fenster zu: Ihre Welt ist ihnen fremd geworden, die freie und freigebige Luft, die sie mit ihren herrlichen Gerüchen nach Suppentöpfen, leeren Konservendosen und zartem Aas umfächelt hat, ist mit einemmal hart und undurchdringlich wie Stein – wie konnte das nur geschehen, welches Mysterium hat sich hier ereignet? Sie können es nicht wissen. Sie können nur fliegen, summen und sterben, das unerreichbare Paradies vor Augen. Wäre sie auf Guam, dann würde jetzt ein Gecko an der Wand hinaufkriechen und sich an ihnen gütlich tun, doch hier sind die Eidechsen weniger zutraulich. Aber das Essen ist eindeutig fertig, und sie steht auf und geht über die rissigen Dielenbretter hinüber in das große Zimmer, wo alle aufsehen und grinsen.
»Mensch, Alma«, ruft Frazier, und sein rotes Gesicht wird noch röter, »wir dachten schon, du hättest dahinten Drillinge gekriegt, dich einfach zusammengenommen und die Nabelschnur durchgebissen.« Er zwinkert den anderen zu, nimmt sein Glas von der rechten in die linke Hand, geht durch den Raum zu ihr, streicht über ihren dicken Bauch und verkündet: »Nein, Leute, sie sind noch dadrin. Und ich kann’s ihnen nicht verdenken – welches Baby, das noch alle beisammenhat, würde rauskommen wollen, wenn das erste, was es sieht, ein verdammter Haufen Trunkenbolde und Buschläufer ist?«
»Damit kannst ja wohl nur dich selbst meinen«, sagt jemand. Allgemeines Gelächter.
Annabelle kommt hereingeschwebt, schiebt Frazier freundlich beiseite und hält eine Flasche hoch, damit Alma sie in Augenschein nehmen kann. »Alkoholfreier Cidre. Vielleicht möchtest du ein Glas?«
»Ja, gern«, sagt sie. Ihre Stimme ist leise und zart, mit einem leisen Flattern, das auch sie selbst bemerkt. »Das heißt, wenn es noch ein sauberes Glas gibt.«
A. P. stößt demonstrativ einen unartikulierten Laut aus, wirft den Kopf in den Nacken und leert sein Glas in einem Zug. Dann wäscht er es in der Spüle aus, trocknet es umständlich mit der einzigen noch halb sauberen Ecke des Geschirrtuchs ab und reicht es ihr mit einer Verbeugung. Annabelle ist zur Stelle, schenkt aus der Cidreflasche ein und bringt einen Toast aus. »Auf Alma«, sagt sie. »Und das Baby!«
»Oder die Babys«, wirft Frazier ein.
»Du hast leicht reden« – Annabelle beugt sich vor und füllt ihr Glas aus der nächstbesten Flasche Pinot Grigio –, »du bist ja nicht derjenige, der dieses ganze Gewicht mit sich herumtragen muss.« Sie hält inne, sieht ihn nachdenklich an und tätschelt dann seinen Bauch. »Obwohl, wenn ich’s mir recht überlege …«
»Ich schwöre, ich bin nicht schwanger.«
»Sechslinge!« ruft A. P. »Weniger wäre« – er schwankt, grinst, versucht, aus der Flasche zu trinken und gleichzeitig den Satz sinnvoll zu Ende zu bringen – »unerträglich. Oder untragbar. Oder … oder was auch immer.«
Der errechnete Termin ist in zweieinhalb Wochen. Alle wissen das, sogar Freeman Lorber, der sich alle Mühe gegeben hat, seine Autorität geltend zu machen, und, als ihre Schwangerschaft nicht mehr zu verbergen war, immer wieder betont hat, er stehe als Trauzeuge zur Verfügung, bis sie ihm klipp und klar gesagt hat, es werde keine Hochzeit geben, und das Ganze gehe ihn auch gar nichts an. Du musst dich nur darum kümmern , und hier hat sie ihre Stimme so hart werden lassen, dass Widerspruch unmöglich war, dass du während meines Mutterschaftsurlaubs eine Vertretung für mich hast – der wird allerdings nur eine Woche dauern, fünf Arbeitstage, du kannst dir diesen Gesichtsausdruck also gleich wieder abschminken. Sollte es irgendwelche Überraschungen geben – sollten die Wehen einsetzen, während sie noch auf der Insel ist –, bleibt noch genug Zeit, um zum Festland zu kommen, wenn nicht mit dem Boot, dann mit einem Hubschrauber. Aber das wird nicht geschehen, denn sie wird die letzte Woche zu Hause verbringen. Ihre Mutter wird dasein. Und Ed. Ed, der den Wagen volltanken und den Reifendruck prüfen und bereit sein wird, mit durchgetretenem Gaspedal zum Krankenhaus zu
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