Gründergeschichten
schätzt die Marktkapitalisierung auf 150 bis 200 Millionen
Euro.
Nach außen verkündet Olek, man wolle durch den Börsengang »einen Meilenstein setzen«. Das Geld solle dazu verwendet werden,
diagnostische Testsysteme zu entwickeln und stille Gesellschafter auszuzahlen. Der frühe Zeitpunkt des Börsengangs hat jedoch
tatsächlich andere Gründe, wie Olek heute, drei Jahre später, einräumt. Die Situation innerhalb des Unternehmens sei damals
angespannt gewesen: »Ich hatte schon wochenlang über die Lage von Epigenomics nachgedacht: Wir brauchten irgendwann wieder
Geld, aber wir waren noch nicht so weit, wie wir wollten. Außerdem fingen die Investoren an, sich in die Haare zu kriegen.«
Unter den Geldgebern habe es verschiedene Meinungen zur Zukunft des Unternehmens gegeben. »Wenn das so weitergegangen wäre,
wäre die Firma auf lange Sicht auseinander geflogen«, glaubt Olek.
Die Lösung kommt ihm an einem Sonntag im Schwimmbad. Dreimal die Woche ackert Olek im Wasser seine drei Kilometer ab, nutzt
die Zeit zum ungestörten Nachdenken. Dieses Mal kreisen seine Gedanken wieder um die Probleme der Firma, als der Begriff »Börsengang«
in seinem Kopf auftaucht. Ein paar Bahnen weiter steht für Olek fest: Jetzt schon diesen Gang anzutreten, wäre geradezu verwegen.
Aber es würde den Einfluss der Investoren eingrenzen und das nötige Geld in die Kassen bringen.
|23| »Ich bin dann montags morgens ins Büro gegangen und habe mir einzeln die Vorstände vorgeknöpft. Die sind aus allen Wolken
gefallen, jeder Einzelne für sich«, berichtet Olek. Er schafft es, alle von seinem Plan zu überzeugen und marschiert mit ihnen
zum Aufsichtsrat. »Der ist dann auch aus allen Wolken gefallen.« Niemand habe wirklich daran geglaubt, aber plausible Alternativen
habe auch niemand vorweisen können. »Dieser Mut zur Flucht nach vorne, das ist eine der zentralen Eigenschaften eines Gründers«,
glaubt der Berliner. »Dazu gehört entweder viel Dummheit oder ein gutes Nervenkostüm. Der Rückzug jedenfalls ist immer tödlich.
Es wird gefährlich, sobald wir anfangen, uns zu verschanzen oder in die Defensive zu gehen, vor allem in so einer Anfangsphase
wie damals.«
Auch bei der Vorbereitung auf die Neuemission geht Olek offensiv vor: «Wir sind eine Biotech-Firma – und daher nicht risikofrei
wie die Postbank oder Siemens«, sagt er damals der
Süddeutschen Zeitung
. Im
Spiegel
warnt er Kleinanleger, ihr Investment sei »kein Bundesschatzbrief«. Kritik erregen aber nicht seine Warnungen, sondern der
Aktienpreis, mit dem Epigenomics auf dem Parkett starten möchte: Bis zu 14,50 Euro soll das Wertpapier kosten. Viel zu hoch
sei das, kritisieren Analysten. Schließlich werden die Biotechnologen frühestens in vier Jahren, also 2008, schwarze Zahlen
schreiben, noch machen sie Millionenverluste. Auf den allgemeinen Druck hin senkt das Unternehmen dann doch noch den Preis:
Gerade mal neun Euro werden es schließlich sein. Das Papier ist am Stichtag trotzdem nur leicht überzeichnet. Die
Financial
Times Deutschland
schreibt: »Damit reiht sich Epigenomics in die bislang eher enttäuschend verlaufenen Börsengänge von Biotech-Firmen auf beiden
Seiten des Atlantiks ein.«
|24| Der Gründer
Name:
Alexander Olek
Geburtsjahr
:
1969
Geburtsort
:
Bonn
Ausbildung / Abschluss:
promovierter Molekularbiologe
Heutige Position in der Firma Epigenomics:
Aktionär
Die Unternehmen
Firmenname:
Epigenomics AG
Sitz
:
Berlin
Gründungsjahr
:
1998
Was macht die Firma?
Früherkennungstests für Krebserkrankungen
Mitarbeiter:
ca. 110
Firmenname:
Phorms Management AG
Sitz
:
Berlin
Gründungsjahr
:
2005
Was macht die Firma?
Betrieb von Privatschulen
Mitarbeiter:
ca. 120
|25|
Alexander Olek
|26| Olek ist wütend auf die Skepsis, die ihm in Deutschland entgegenschlägt – und neidisch auf den optimistischer gestimmten amerikanischen
Markt. In Seattle, dem Standort der amerikanischen Niederlassung, habe es zum Börsengang »Go, guys, go« geheißen, schimpft
Olek, »und hier kommt man sich vor, als betreibe man ein Bordell«. Sogar mit dem Gedanken, den Hauptsitz des Unternehmens
in die Vereinigten Staaten zu verlegen, spielt der Gründer. Später distanziert er sich allerdings wieder von dieser Überlegung.
Aber seine Kritik am Standort Deutschland bleibt: »Wenn ich in Amerika plausibel erklären kann, dass ich eine gute Technologie
habe, die sich weltweit durchsetzen
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