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Gruene Armee Fraktion

Gruene Armee Fraktion

Titel: Gruene Armee Fraktion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Metzner
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aus seinem Alptraum zurück war und sich der Jet fing. Offenbar waren sie in heftige Turbulenzen geraten, der Flieger sackte immer wieder ab. Er spürte das Vibrieren der riesigen Maschine, wenn sie den tiefsten Punkt erreichte und wieder nach oben katapultiert wurde. Benommen schaute er aus dem Fenster und sah Monsunwolken, die sich im frühen Tageslicht zu schwarzen Gebirgen türmten. Er rieb sich die Augen. Wie lange hatte der wirre Traum gedauert? Der Monitor zeigte, dass sie schon über Myanmar nach Südosten flogen. Nicht mehr weit bis Bangkok.
     
    Die Sonne hatte ihren höchsten Punkt schon überschritten, als er sich der Insel näherte. Das Speedboot hielt in einer Gischtwolke direkt auf Koh Phangan zu. Mondrian suchte sich einen Weg durch dösende Traveller und Rucksackberge, die auf dem Deck lagen, und trat nach vorn an den Bug. Mit einer Hand beschattete er die Augen, um Ausschau zu halten. Je dichter sie an die Insel kamen, desto deutlicher zeichneten sich ihre Kalkfelsen ab, bizarre helle Türme im tiefblauen Ozean. Und Dschungel, ein undurchdringliches grünes Tarnkleid über Hügeln und Bergen. Dort irgendwo musste Ricarda Walde sein, wenn Daffner recht hatte.
    Als er in dem kleinen Ankunftshafen nach der Diving Station fragte, erntete er nur Thai-Lächeln. Kein Transport heute mehr, Mister. In wenigen Stunden war »Full Moon Party«. Ausnahmezustand.
    Kurz entschlossen mischte sich Mondrian in den Strom aufgekratzter Backpacker, die mit Minibussen auf einer holprigen Straße nach Südosten rumpelten. Vielleicht würde ja auch Ricarda zu dem Strand kommen, zu dem offenbar jeder unterwegs war.
    Als er aus dem klapprigen Gefährt stieg, stellte er fest, dass der weiße Sand schon vor Sonnenuntergang von erwartungsvollen Ravern besetzt war. Skandinavisch klingende Mädchen lagerten zwischen Alt-Hippies mit kalifornischem Slang, laute Australier kühlten ihren Sonnenbrand, indem sie Bier on the Rocks schlürften, grazile Chinesinnen blitzten sich unentwegt gegenseitig mit ihren Digitalkameras. Eine partysüchtige Karawane schob sich durch eine Gasse mit Bars und Girlanden, bis die Musik mit einem Donnerschlag begann.
    Ein Dutzend Soundsysteme, schätzte Mondrian, pumpten ihre Schallwellen in die schwüle Nachtluft. Aus mannshohen Boxen pulsierten hypnotische Klänge und waberten über die sandige Arena, die wie ein Amphitheater von Felsen eingefasst war. Nach wenigen Minuten wiegten sich die ersten Besucher zwischen angestrahlten Palmen und knallbunten Lampions im Takt, dann begannen einige zu tanzen. Bald war der Strand eine Menge wogender Leiber, über der ein fahler Ball am Himmel aufzog.
    Mondrian blinzelte hinaus zu der glitzernden Spur, die der Mond auf die Wellen tupfte. Einen Moment sinnierte er, ob er das Spektakel nicht einfach von einem Logenplatz aus genießen sollte, abschalten, seinen rastlosen Gedanken eine Pause gönnen. Doch dann richtete er sich auf und gab seinem müden Körper einen Ruck. Er drängte sich in das schwitzende Getümmel, um nach Ricarda Ausschau zu halten. Er wusste, dass sie gern tanzte. Vielleicht hatte sie sich in dieses Chaos gestürzt?
    Entschlossen bahnte er sich einen Weg durch die lärmende Masse, traf auf halb nackte Mädchen mit leuchtenden Bodypaintings, junge Surfer mit salzwassergebleichten Locken und gereifte Bohemiens mit schütteren Zöpfen. Mühsam umkurvte er Tische, an denen Thai-Frauen Süßspeisen anboten, und Pulks von Travellern, die lieber Ecstasypillen einwarfen. Minutenlang bestaunte er eine Gruppe Jongleure, die brennende Keulen durch die Luft wirbelten. Nach mehreren Streifzügen durch die Menge war ihm fast schwindelig, er wollte aufgeben. Am nächsten Tag die Tauchstation suchen. Da entdeckte er sie. Gypsy. Tanzend im Sand.
    Von Weitem sah es fast so aus, als würde sie gegen einen imaginären Gegner fechten. Sie bewegte ihre Arme im Rhythmus nach vorn und nach hinten. Tänzelte, wippte, machte immer wieder einen spielerischen Ausfallschritt. Wie in Trance bog sie ihren Körper hin und her, als wollte sie einem Angriff ausweichen, und wirbelte um die eigene Achse, die Hände über den Kopf gestreckt.
    »… some dance to remember
    some dance to forget …«
    Ricardas Haare flogen, während sie den Eagles-Song »Hotel California« mitsang, den der DJ unter die Rave-Musik gemischt hatte. Ihr Blick ging nach oben in den Nachthimmel. Und dann zu Mondrian, als hätte sie seine Augen auf ihrer Haut gespürt.
    Sie brauchte lange, um ihn im Schein

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