Gruene Armee Fraktion
Das gilt als dicke Panne, die bestimmte Leute vielleicht mit einem schnellen Geständnis wiedergutmachen wollen.«
Mondrian massierte sich die Schläfen. »Angenommen, das Geständnis ist tatsächlich manipuliert. Muss man nicht damit rechnen, dass so was auffliegt? Spätestens im Prozess, wenn der Angeklagte vor Gericht erscheint und alles erzählen kann?«
»Falls er dann noch Lust dazu hat. Es gibt ja verschiedene Arten, einen Häftling ruhigzustellen. Schweigegeld zum Beispiel. Oder das Versprechen einer milden Strafe plus neuer Identität. Oder die Drohung mit einem Racheakt durch Mithäftlinge. Bei dem Speed-Jungen hat man möglicherweise eine andere Lösung gewählt.«
Mondrian kniff die Lippen zusammen, wie er es manchmal tat, wenn er sich angestrengt etwas auszumalen versuchte. Die Wunde schmerzte. Er griff nach der Kaffeetasse, die der Kellner inzwischen serviert hatte, und starrte hinüber zu einer Vitrine, ohne die Antipasti darin wirklich wahrzunehmen.
Nachdenklich wandte er sich wieder Daffner zu. »Aber es gibt doch auch objektive Beweismittel, die dem Geständnis entsprechen. Die Spuren aus der durchsuchten Wohnung etwa, von denen bei Bussung die Rede war …«
»Du meinst diese Erdbrocken aus Geesthacht?« Daffner verzog das Gesicht. »Lagen so deutlich im Flur, dass man fast darüber gestolpert wäre.«
»Und die Schuhe, die ja wohl Abdrücke beim ICE-Tunnel hinterlassen haben?«
»Ebenfalls irgendwie komisch, finde ich, nachdem ich noch mal darüber nachgedacht habe. Wirkten wie hindrapiert. Ich wollte dir im Innenministerium schon sagen, dass mich etwas daran irritiert hat, aber dann bist du mit dieser lila Titten-Tussi abgezogen …«
»Nur bis in die Tiefgarage, falls du es genauer wissen willst.«
Daffner sah Mondrian misstrauisch an, ohne dessen Bemerkung zu kommentieren, und fuhr fort: »Außerdem sehen diese Treter nicht so aus, als hätte jemand damit Baumstämme durch den Wald geschleppt. Wenige Schmutzanhaftungen, weder Schweißspuren noch Hautpartikel.«
»Aber die Blutreste an der Spritze?«
»Die stammen allerdings zweifelsfrei von dem entführten Mädchen. Bloß lag die Spritze im Zimmer von diesem Gandhi ebenfalls wie auf dem Präsentierteller.«
»Und was bedeutet das alles?«
Daffner zögerte, ehe er antwortete. »Das weiß ich noch nicht. Ich wundere mich bloß, dass wir bisher null Mikrospuren der Täter an den Tatwerkzeugen haben. Weder an der Spritze noch im Fluchtfahrzeug oder an dem Schild, das sie dem Mädchen umgehängt haben. Auch nicht an den Baumstämmen im Tunnel oder den Kanistern in Geesthacht. Totale Pleite.«
»Kein Fingerabdruck? Kein Fussel?«
»Rein gar nichts«, seufzte Daffner. »Als würden Profis mitmischen und peinlich darauf achten, dass kein Härchen von ihnen zurückbleibt. Vielleicht blicken wir besser durch, wenn wir Ricarda Walde einkassiert haben.«
»Wo sucht ihr sie denn?«
Daffner zog unwillig die Stirn in Falten.
»Okay«, schob Mondrian rasch hinterher, »die Frage ist vielleicht etwas … direkt.«
»Unverschämt, wolltest du sagen«, muffelte Daffner. »Also gedulde dich wenigstens, bis ich eine geraucht habe.«
Sie winkten den Kellner heran und bezahlten. Dann traten sie vor das Terminal an den Fahrstreifen, wo Taxis Passagiere einluden. Mit unruhigen Fingern zündete Daffner sich eine Zigarette an. Sog den Rauch tief in die Lunge. Vergewisserte sich, dass niemand in der Nähe stand, und wartete, bis eine Maschine startete und der Düsenlärm anschwoll.
»Wir vermuten, dass sie in Thailand ist. Auf einer Insel, die Koh Phangan heißt. Möglicherweise in einer Tauchbasis bei irgendwelchen Öko-Freaks.«
»Woher wisst ihr das?«, fragte Mondrian durch den Jetlärm.
Daffner blinzelte ihn unter seinen buschigen Augenbrauen an. »Unsere IT-Leute haben vor ein paar Tagen einen Trojaner auf ihren Computer geschickt. Damit konnten sie ihren Mailverkehr abfischen. Sie hat an Brandtner noch vor dessen Tod geschrieben, dass sie eine Pause brauche. Später hat sie mit dieser Diving Station auf der Insel Kontakt gehabt, zu der sie offenbar schon länger wollte. Seitdem ist der Mailverkehr tot. Vielleicht war sie während der Razzia bei Freunden. Und die Suche nach ihr hat eine Last-Minute-Entscheidung ausgelöst.«
»Aber wie ist sie durch die Passkontrolle gekommen? Sie ist doch bestimmt zur Fahndung ausgeschrieben. Ich habe vorhin ein Suchplakat mit ihrem Bild gesehen.«
»Das weiß ich nicht. Außerdem habe ich dir schon
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