Grüne Magie
die Truppen zurück. Hein Huss näherte sich den überlebenden Autochthonen, die sich eng zusammendrängten und purpurnen Schaum bliesen. Einige Sekunden lang zögerte er, während die aufmerksamen Blicke der Nichtmenschen auf ihm ruhten. Dann sagte er in ihrer Sprache:
»Ihr habt Faidefeste angegriffen und trotz eurer guten Pläne eine Niederlage erlitten. Wir erwiesen uns als stärker. Wir könnten euch jetzt alle töten, und anschließend wären wir dazu in der Lage, die Wälder an hundert Stellen in Brand zu setzen. Einige der Feuer könntet ihr vielleicht löschen, andere jedoch nicht. Ja, wir hätten die Möglichkeit, den ganzen Dichtwald niederzubrennen. Die Reste des Ersten Volkes würden sich vielleicht zurückziehen und irgendwo Zuflucht finden, um neue Pläne für die Vernichtung der Menschheit dieser Welt zu entwickeln. Das wollen wir vermeiden. Lord Faide ist bereit, Frieden mit euch zu schließen – wenn ihr damit einverstanden seid. Das bedeutet, daß ihr keine Fallen mehr errichtet. Wir Menschen verlangen von euch, daß wir ungehindert durch die Wälder wandern können. Als Gegenleistung bieten wir euch die Möglichkeit an, sooft ihr wollt aufs Moos zu kommen. Fortan soll kein Volk mehr das andere belästigen. Welche Wahl trefft ihr? Auslöschung – oder Frieden?«
Es drang kein purpurner Schaum mehr aus den Schlitzen des Ersten Volkes. »Wir wählen den Frieden.«
»Es darf keine weiteren Wespen und Käfer mehr geben. Und die tödlichen Fallen müssen beseitigt werden.«
»Wir sind einverstanden. Und ihr gestattet uns dafür freien Zugang zum Moos.«
»Ja, so soll es sein. Bringt eure Toten und Verwundeten fort und tragt die Schaumstäbe in den Wald zurück.«
Hein Huss trat auf Lord Faide zu. »Die Eingeborenen sind zum Frieden bereit.«
Lord Faide nickte. »Ausgezeichnet. So ist es für uns alle am besten.« Und er rief seinen Männern zu: »Steckt die Waffen weg! Wir haben einen großen Sieg errungen.« Mit finsterer Miene betrachtete er Faidefeste: Die schwarzen Mauern waren hinter dem Wall aus Schaum verborgen, und man konnte nur das hohe Dach sehen. »Nicht einmal hundert Fässer mit Essig reichen aus, um das klebrige Weiß zu entfernen.«
Hein Huss blickte in die Ferne. »Die Truppen Ihrer Verbündeten nähern sich rasch. Die Unglücksbringer haben ihnen von unserem Sieg berichtet.«
Lord Faide lachte bitter. »Und jenen Rittern und Soldaten wird die Aufgabe zufallen, Faidefeste vom Schaum zu befreien.«
XIII
Während im Großen Saal von Faidefeste ein Festbankett stattfand, rief Lord Faide dem in der Nähe sitzenden Hein Huss fröhlich zu: »Und nun, Oberster Unglücksbringer, wollen wir auf Ihren Novizen trinken, den müßigen und doch so einfallsreichen Sam Salazar.«
»Hier ist er, Lord Faide. Steh auf, Sam Salazar, und erfreue dich an der Ehre, die man dir erweist!«
Sam Salazar erhob sich und neigte den Kopf.
Lord Faide reichte ihm einen Becher. »Trink, Sam Salazar, trink und vergnüge dich. Ich gestehe offen ein, daß wir alle unser Leben deinen so närrisch anmutenden Experimenten zu verdanken haben. Wir sind dir zu großem Dank verpflichtet. Ich hoffe nur, daß du dich jetzt von jenen Nichtigkeiten abwendest, dich an die Arbeit machst und dir Mühe gibst, zu einem anständigen Unglücksbringer zu werden. Ich verspreche dir schon jetzt, daß du nach dem Abschluß deiner Ausbildung eine lebenslange Anstellung hier in Faidefeste finden wirst.«
»Vielen Dank«, erwiderte Sam Salazar zurückhaltend. »Allerdings bezweifle ich, ob ich jemals zu einem Unglücksbringer werden kann.«
»Ach? Hast du andere Pläne?«
Sam Salazar suchte nach den richtigen Worten für eine Antwort, lief rot an, straffte seine Gestalt und sprach so ruhig und deutlich, wie er konnte. »Ich würde mich auch weiterhin lieber mit den Dingen befassen, die Sie als Nichtigkeiten bezeichneten. Und ich hoffe, ich kann andere Leute dazu bringen, meinem Beispiel zu folgen.«
»Narrendinge haben immer einen gewissen Reiz«, sagte Lord Faide. »Bestimmt hast du keine Schwierigkeiten damit, andere Müßiggänger und Faulpelze zu finden, ausgerissene Bauern jungen zum Beispiel.«
»Die Beschäftigung mit Narrendingen könnte sich als eine sehr ernsthafte Angelegenheit erweisen«, entgegnete Sam Salazar mit fester Stimme. »Zweifellos waren unsere Ahnen Barbaren. Sie benutzten Symbole, um Entitäten zu kontrollieren, die sie nicht verstanden. Wir gehen heute methodisch und rational vor. Warum sollte es
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