Grüne Magie
angreifen, mit noch schrecklicheren Waffen: mit Flugkäfern, die so groß sind wie Pferde, mit Wespen, die stark genug sind, um Rüstungen zu durchstoßen, mit Eidechsen, die an den Wällen von Faidefeste hochklettern können.«
Lord Faide rieb sich das Kinn. »Und die Unglücksbringer können nichts dagegen unternehmen?«
»Sie haben es ja selbst erlebt. Isak Comandore ist es gelungen, in das Gemeinschaftsbewußtsein des Ersten Volkes einzudringen, doch er weckte nur Zorn.«
»Nun gut. Was sollen wir also tun?«
Hein Huss breitete kurz die Arme aus. »Ich weiß es nicht. Ich bin Hein Huss, Unglücksbringer. Ich habe Sam Salazar voller Faszination beobachtet. Er lernt nichts, aber er ist entweder zu dumm oder zu intelligent, um sich entmutigen zu lassen. Vielleicht gelingt es ihm tatsächlich herauszufinden, wie man Wunder bewirken kann.«
Lord Faide stand auf. »Ich bin todmüde und kann nicht mehr richtig denken. Ich muß schlafen. Morgen werden wir mehr wissen.«
Hein Huss verließ das Trophäenzimmer und kehrte auf den Wehrgang zurück. Der Ring des Ersten Volkes schien sich enger um die Feste geschlossen zu haben, und er hatte fast den Eindruck, als seien die Eingeborenen bis auf Pfeilreichweite herangekommen. Hinter ihnen reichte eine lange bleiche Kolonne weit übers Moos nach Norden. Ein wenig abseits der Bastion wuchs ein Haufen aus weißem Material, und im Verlaufe der nächsten Stunden wurde er immer größer.
Die Nacht ging zu Ende, und der Himmel erhellte sich allmählich. Im Osten stieg die Sonne über den Horizont. Wie ein Ameisenheer marschierten die Autochthonen durch das Hügelland und trugen lange Riegel aus gehärtetem Schaum aus dem Norden herbei. Vor den Wällen der Feste häuften sie sie zu Stapeln auf, und dann kehrten sie in den Dichtwald zurück, um Nachschub zu holen.
Lord Faide trat an die Brustwehr heran; er wirkte unausgeschlafen und nervös. Er hatte sich nicht einmal rasiert. »Was hat das zu bedeuten? Was tun die Wilden da?«
»Es ist uns allen ein Rätsel«, erwiderte Sergeant Bernard.
»Hein Huss! Was ist mit den anderen Festen?«
»Sie haben Truppen ausgerüstet und in Marsch gesetzt, doch sie rücken nur langsam vor.«
»Können Sie ihnen mitteilen, wie dringend wir Unterstützung brauchen?«
»Das kann ich, und es ist bereits geschehen. Meine Mitteilung verstärkte nur ihren Hang zur Vorsicht.«
»Pah!« machte Lord Faide verächtlich. »Und solche Leute nennen sich Krieger, bezeichnen sich als treue und loyale Verbündete!«
»Sie wissen, welche bittere Erfahrungen Sie mit dem Ersten Volk machen mußten«, erwiderte Hein Huss. »Und deshalb fragen Sie sich aus gutem Grund, ob sie etwas bewerkstelligen können, was Ihnen bisher nicht gelang.«
Lord Faide lachte humorlos. »Darauf vermag ich keine Antwort zu geben. Nun, bis die Verstärkung eintrifft, sollten wir etwas unternehmen, um uns vor den Wespen zu schützen. Rüstungen sind nutzlos. Die Beißmilben dringen durch kleine Fugen ein und können einen innerhalb kurzer Zeit um den Verstand bringen… Bernard!«
»Zur Stelle, Lord Faide!«
»Sorgen Sie dafür, daß jeder Ihrer Männer ein rund sechzig Zentimeter langes und mit einem Handgriff versehenes Gestell anfertigt. Daran sollen dichte Netze befestigt werden. Wenn sie fertig sind, greifen wir an, und jeweils zwei Soldaten schützen dann einen zu Fuß vorrückenden Ritter, der nur noch einen Teil seiner Rüstung trägt.«
»Und unterdessen«, ließ sich Hein Huss vernehmen, »setzt das Erste Volk seine Vorbereitungen fort.«
Lord Faide drehte sich um und blickte in die Tiefe. Mit
Stäben
aus
gehärtetem
Schaum
näherten
sich
die
Autochthonen
den
Wällen.
»Bernard!
Setzen
Sie
die
Bogenschützen ein! Sie sollen auf die Köpfe zielen!«
Die Soldaten auf dem Wehrgang zogen die Sehnen durch, und Dutzende von Pfeilen jagten den Eingeborenen entgegen. Einige der bleichen Gestalten blieben stehen, setzten sich dann wieder in Bewegung und stakten wie orientierungslos umher. Andere zogen einfach die Geschosse aus den Wunden, die sie in keinster Weise zu behindern schienen. Ein weiterer Schwarm aus Pfeilen, und erneut wurden einige Nichtmenschen außer Gefecht gesetzt. Die anderen steckten die Stäbe ins Moos und sonderten große Schaumfladen ab; die Rückenhäute pumpten rhythmisch. Neue Stäbe wurden herbeigebracht und in den Schaum geschoben, und auf diese Weise entstand innerhalb kurzer Zeit ein neuer Ring um Faidefeste. Die Hauptmasse der Belagerer näherte
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