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Grüne Magie

Grüne Magie

Titel: Grüne Magie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Vance
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Meter lang. Dann blieb sie stehen, sah zurück und betrachtete ihr Werk zufrieden. Und sie überlegte kurz und zog eine zweite Linie, die parallel zur ersten verlief und nur eine Handspanne von ihr entfernt war.
    Sie fand das Ergebnis sehr interessant. Angetrieben von plötzlicher Begeisterung, machte sie sich daran, weitere Linien zu schaffen – bis auf dem Sand ein komplexes Muster aus gleichförmigen Strichen entstanden war.
    Erneut betrachtete sie ihr Werk, und wieder empfand sie so etwas wie Genugtuung. Es weckte Faszination in ihr, solche Zeichen im glatten Sand entstehen zu lassen. Sie nahm sich vor, das irgendwann zu wiederholen und dabei möglicherweise Kurven zu benutzen oder dafür zu sorgen, daß sich die Linien kreuzten.
    Doch für den Augenblick hatte sie genug und ließ den Stock fallen. Einmal mehr regte sich das Gefühl des Hungers in ihr, ein Empfinden, das gar kein Hunger war. Sie fing eine Sandschrecke, aß sie aber nicht, sondern warf sie wieder fort.
    Nach einer Weile lief sie über den Strand, schneller und immer schneller. Das gefiel ihr: die Festigkeit ihrer Beine, die frische Luft in ihren Lungen. Keuchend verharrte sie und ließ sich auf den Sand sinken.
    Kurz darauf beruhigte sich ihr Atem wieder, und sie setzte sich auf. Sie verspürte den Wunsch, erneut zu laufen, doch eine gewisse Mattigkeit war in ihr entstanden. Sie verzog das Gesicht und bewegte sich unruhig. Vielleicht sollte sie die Käfer auf der Landzunge besuchen; möglicherweise würde das alte graue Wesen namens Ti-Sri-Ti mit ihr sprechen.
    Langsam erhob sie sich und setzte die Wanderung über den Strand fort. Schon nach wenigen Schritten fragte sie sich, ob sie ihre Absicht wirklich in die Tat umsetzen sollte. Eigentlich hatte Ti-Sri-Ti nichts Interessantes zu sagen. Er beantwortete keine Fragen, sondern brummte nur immer Informationen und Daten, die die Kolonie betrafen. Pausenlos sprach er davon, wie viele Larven schlüpfen durften und aus wie vielen Spinneneiern der gegenwärtige Vorrat bestand. Er schilderte den Zustand seiner Kiefer, Fühler und Augen…
    Mitr zögerte, doch nach einigen Sekunden ging sie weiter. TiSri-Ti war immer noch besser als niemand, und sie zog den Klang irgendeiner Stimme dem monotonen Rauschen der grauen Brandung vor. Und vielleicht sagte er diesmal doch Dinge, die ihr Interesse weckten. Gelegentlich beschränkten sich seine Vorträge nicht nur auf das Unmittelbare, und wenn das geschah, hörte Mitr ihm fasziniert zu. »Die Berge werden von wilden Eidechsen beherrscht, und jenseits davon erstreckt sich die Domäne der Mercaloid Mechanvikis, die in unterirdischen Höhlen leben. Nur die rauchenden Kamine und Schlackenhaufen weisen auf ihre unermüdliche Arbeit hin. Die Käfer hingegen beanspruchen die Küste, und von den Zweibeinern gibt es nur noch ein Exemplar in der alten Gläsernen Stadt – die letzte der Mitr.«
    Sie hatte Ti-Sri-Ti nicht ganz verstanden, denn die Unbeständigkeiten der Zeit, die Konzepte des Vorher und Nachher, bedeuteten ihr nichts. Für sie war das Universum statisch. Ein Tag folgte auf den anderen, und sie bildeten keine fortlaufende Reihe, sondern stellten vielmehr Wiederholungen dar.
    Und Ti-Sri-Ti brummte weiter: »An die Berge schließt sich eine endlose Wüste an, danach kommt endloses Eis, und darauf folgt das Land des ewigen Feuers. Daran schließen sich das große Wasser und wieder das Land des Lebens an, die Region der Käfer, in der während jeder Sonnenwende ein weiterer Morgen aus modrigem Laub gekaut und ausgelegt wird…« Und dann ließ sich Ti-Sri-Ti eine Stunde lang über die Pilzkulturen der Käfer aus.
    Mitr schritt über den Strand. Sie kam an dem prächtigen Muster vorbei, das sie in den damastfarbenen Sand gekratzt hatte, passierte auch die gläsernen Mauern. Es dauerte nicht lange, und sie kletterte über die ersten schwarzen Felsen. Dort blieb sie stehen und lauschte. Ein Geräusch?
    Sie verharrte, und nach einiger Zeit setzte sie den Weg fort. Sie hörte, wie Dutzende von Beinen über den Fels kratzten. Ein langer braunschwarzer Käfer sprang auf sie zu und preßte sie an die Klippen. Sie versuchte sich zur Wehr zu setzen, doch die vorderen Klauen des Wesens hielten ihre Schultern fest und zwangen sie dazu, den Rücken zu beugen. Der Käfer zielte mit seinem Rüssel auf den Nacken Mitrs und durchstach die Haut. Sie rührte sich nicht von der Stelle und starrte in seine roten Augen, während er saugte und trank.
    Nach einer Weile hatte der Käfer

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