Grüne Magie
genug und gab Mitr frei. Die Wunde schloß sich von allein, bereitete ihr aber heftige Schmerzen. Das vielbeinige Wesen kletterte über die Felsen davon.
Eine Stunde lang blieb Mitr sitzen und kam langsam wieder zu Kräften. Die Vorstellung, Ti-Sri-Ti zuzuhören, übte nun nicht mehr den geringsten Reiz auf sie aus.
Gleichgültig wanderte sie über den Strand zurück und verspeiste einige Algenfladen und einen kleinen Fisch, der in einem Gezeitentümpel zurückgeblieben war.
Sie trat an die Wassergrenze heran, blickte über die Landzunge hinweg und beobachtete den Horizont. Sie fühlte sich versucht, laut zu schreien. Sie hatte diese Art von Verlangen schon einmal gespürt, kurz bevor sie über den Sand gestürmt war.
Sie legte den Kopf in den Nacken und rief. Ein seltsam melodischer Laut erklang, und die feuchte Brise schien ihn zu dämpfen. Enttäuscht drehte sie sich um.
Sie ging weiter, bis sie den kleinen Süßwasser-Bach erreichte. Dort stillte sie ihren Durst und aß einige Brombeeren. Die Büsche bildeten ein nahezu undurchdringliches Dickicht.
Plötzlich zuckte sie zusammen und hob den Kopf.
Sie vernahm ein Schrillen, das den ganzen Himmel auszufüllen und ein Teil der Luft zu sein schien.
Sie stand langsam auf, sah nach oben und suchte mit ihren Blicken die hohen Wolkenschleier ab. Ihre Beine zitterten, und sie war jederzeit dazu bereit, die Flucht zu ergreifen.
Ein langer schwarzer Himmelsfisch durchstieß die Wolken und schnaufte Flammen.
Entsetzt wich Mitr in Richtung der Brombeerbüsche zurück. Die Dornen kratzten ihr über die Haut, und der Schmerz brachte sie wieder ganz zu sich. Sie eilte in den Wald und duckte sich unter eine große Zypresse.
Der Himmelsfisch kam mit erstaunlicher Geschwindigkeit herab, flog den Strand an und setzte ganz sanft und mit einem letzten und rülpsend klingenden Seufzen auf.
Mitr beobachtete ihn mit einer Mischung aus Ehrfrucht und Faszination. Noch niemals zuvor hatte sie ein solches Wesen erblickt. Und sie nahm sich vor, nie wieder über den Strand zu wandern, ohne zuvor den Himmel betrachtet zu haben.
Der Himmelsfisch öffnete sich. Mitr sah das Schimmern von Glas und Metall. Drei Geschöpfe sprangen aus dem Innern der Riesen, und Mitr beugte sich verwundert vor. Die Wesen ähnelten ihr in gewisser Weise, waren jedoch größer und massiger. Außerdem hatten sie rote Haare. Sie jagten ihr Angst ein. Und sie machten einen ziemlichen Lärm, unterhielten sich mit heiseren und rauhen Stimmen.
Einer von ihnen sah die gläsernen Mauern, und eine Zeitlang untersuchten sie die Ruinen und offenbarten dabei großes Interesse.
Genau in diesem Augenblick kroch der braunschwarze Käfer, der zuvor Mitrs Blut getrunken hatte, über die Felsen der Landzunge und erreichte den Strand. Eines der drei Wesen aus dem Himmelsschiff rief ihm etwas zu, und der Käfer erschrak, zögerte und kehrte dann hastig in Richtung der geborstenen Steine zurück. Der Fremde, der ihn angesprochen hatte, nahm einen glänzenden Gegenstand zur Hand. Ein greller Blitz zuckte von dem Objekt davon, und der Käfer zerplatzte. Hunderte von brennenden Chitinsplittern wirbelten davon.
Die drei Geschöpfe lachten schallend, und Mitr wich noch tiefer in den Schatten unter der Zypresse zurück, machte sich so klein wie möglich.
Einer der Fremden bemerkte die Linien, die Mitr mit dem Stock in den Sand gekratzt hatte. Er gab seinen Begleitern Bescheid, und daraufhin richteten sie ihre Aufmerksamkeit auf das Muster, untersuchten auch die Fußspuren daneben und wirkten plötzlich sehr aufgeregt. Einer von ihnen gab einen knappen Kommentar von sich, und die anderen lachten brüllend. Dann wandten sie sich von den Linien ab und gingen über den Strand.
Sie suchen nach mir, dachte Mitr. Sie preßte sich so fest an den Stamm der Pflanze, daß ihr Rücken schmerzte.
Nach einer Weile aber ließ das Interesse der Fremden nach, und sie kehrten zum Himmelsfisch zurück. Einer von ihnen holte einen langen schwarzen Schlauch, trat damit an die Wassergrenze heran und warf ihn weit in die bleigrauen Fluten. Der Schlauch wurde dicker, schien sich zu versteifen und verursachte saugende Geräusche.
Der Himmelsfisch ist durstig, dachte Mitr. Und er trinkt nun mit seinem Rüssel.
Anschließend schritten die drei Fremden erneut über den Strand und näherten sich dem Bach. Besorgt beobachtete Mitr, wie sie näher kamen. Folgten sie ihren Spuren? Sie schauderte, und ihre Hände begannen zu schwitzen.
Am Ufer des Baches,
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