Grüne Magie
wankte den Fremden nach.
Ein grelles Leuchten erhellte den Himmel.
Durch die Baumwipfel beobachtete Mitr, wie der Himmelsfisch aufstieg, immer höher empor – bis er schließlich jenseits der grauen Wolken verschwand.
Stille schloß sich an, und Mitr hörte nur noch das ewige Rauschen des Meeres.
Sie trat an die Wassergrenze heran und stellte fest, daß die Flut kam. Die Sonne ging unter, und der Himmel trübte sich.
Eine ganze Zeitlang starrte sie zum Firmament hoch und lauschte.
Nichts. Alles blieb ruhig. Der feuchte Wind blies ihr ins Gesicht und zerzauste ihr Haar.
Mitr seufzte und wandte sich den Ruinen zu, den gläsernen Mauern. Tränen rollten ihr über die Wangen.
Die Flut spülte über die parallelen Linien, die sie in den Sand gekratzt hatte. Schon nach kurzer Zeit waren sie verschwunden.
Originaltitel: »The Mitr « Copyright © 1953 by Specific Fiction Corporatio n (in »Vortex Science Fiction«, 1953 ) Deutsche Übersetzung von Andreas Brandhors t
Die Menschen kehren zurück
Das Relikt kam verstohlen die Felsspalte herunter, ein hageres, dahintaumelndes Geschöpf mit gemarterten Augen. Es bewegte sich in einer Folge schneller Sprünge, jede Deckung ausnutzend, hinter jedem vorüberziehenden Schatten dahinrennend, manchmal auf allen vieren kriechend, den Kopf dicht am Boden. Als es schließlich den letzten niedrigen Felsvorsprung erreichte, blieb es stehen und spähte über die Ebene hinaus.
Weit in der Ferne erhoben sich niedrige Hügel, die in den Himmel übergingen, der gelblich fahl und gesprenkelt wirkte, wie schlechtes Milchglas. Die Ebene, die dazwischen lag, wirkte wie angefaulter Samt, schwarzgrün und runzelig, mit Streifen von Ocker und Rost dazwischen. Eine Fontäne aus flüssigem Felsgestein stieg hoch in die Lüfte und verzweigte sich in schwarze Koralle. In mittlerer Ferne entwickelte sich eine Familie aus grauen Objekten, denen man eine gewisse zielgerichtete Zweckmäßigkeit anmerken konnte: Sphären verschmolzen in Pyramiden und wurden zu Kuppeln, zu Türmchen, den Himmel durchdringende Stangen; und dann, als letzte tour de force, Tesserakte.
Dem Relikt bedeutete alles das nichts; es brauchte Nahrung, und draußen auf der Ebene gab es Pflanzen. So lange es nichts Besseres gab, würden sie ihm reichen. Sie wuchsen aus dem Boden oder manchmal auf einem Flecken Wassers oder sie umgaben einen Kern aus hartem, schwarzem Glas. Sie waren feuchte, schwarze Blätterlappen, Klumpen aus spärlichen Dornen, bleichgrüne Knollen, Stengel mit Blättern und verzerrten Blüten. Sie gehörten keiner erkennbaren Gattung an, und das Relikt konnte nicht wissen, ob die Blätter und Fasern,
die es gestern gegessen hatte, es heute vergiften würden.
Es erprobte die Oberfläche der Ebene mit dem Fuß.
Die glasige Fläche (obwohl sie ebenfalls wie eine Konstruktion aus roten und graugrünen Pyramiden erschien) nahm sein Gewicht an und sog plötzlich an seinem Bein. Erschreckt riß sich das Relikt los, sprang zurück und kauerte auf dem einen Augenblick lang massiven Felsgestein.
Hunger nagte an seinem Magen. Es mußte essen. Es betrachtete die Ebene. Nicht weit entfernt spielten ein paar Organismen – rutschten, sprangen, tanzten, nahmen Posen ein. Falls sie sich nähern sollten, würde es versuchen, einen von ihnen zu töten. Sie ähnelten Menschen und sollten sich daher gut für eine Mahlzeit eignen.
Es wartete. Lange Zeit? Kurze Zeit? Es hätte beides sein können; Dauer hatte weder quantitative noch qualitative Realität. Die Sonne war verschwunden, und es gab keine Standardzyklen und keine Wiederkehr. Zeit war zu einem leeren Wort geworden, dem jegliche Bedeutung fehlte.
Es war nicht immer so gewesen. Das Relikt hatte sich ein paar ausgefranste Erinnerungen an die alten Tage bewahrt, ehe System und Logik obsolet geworden waren. Der Mensch hatte die Erde kraft einer einzigen Annahme beherrscht: der, daß man eine Wirkung auf eine Ursache zurückverfolgen konnte, die selbst wiederum Wirkung einer vorangegangenen Ursache war.
Wenn man dieses grundlegende Gesetz manipulierte, so führte das zu reichen Resultaten; für jegliches andere Werkzeug oder Instrument schien es keinen Bedarf zu geben. Der Mensch gratulierte sich zu dieser seiner verallgemeinerten Struktur. Er vermochte in der Wüste, auf der Ebene, auf Eis, im Wald, in der Stadt zu überleben; die Natur hatte ihn nicht für eine spezielle Umgebung geformt.
Er war sich seiner Verletzlichkeit nicht bewußt. Die Logik war seine
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