Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Grüne Magie

Grüne Magie

Titel: Grüne Magie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Vance
Vom Netzwerk:
kamen so hoch herauf, um ihn zu stören. Er nahm sich ausgiebig Zeit, um über die Folge von Ereignissen nachzudenken, die mit der Entdeckung der Arbeitsunterlagen Gerald McIntyres begonnen hatte. Er runzelte die Stirn. Gerald McIntyre? Fair sprang auf, und plötzlich reichte sein Blick weit über die nackten Felsen der Anden hinweg.
    Er fand seinen Onkel in einer kleinen Tankstelle mitten in der Prärie Süddakotas. McIntyre saß auf einem alten hölzernen Stuhl, der an die abblätternde gelbe Tünche einer Wand gelehnt war, und ein Strohhut schützte ihn vor dem grellen Schein der heißen Sonne.
    Es handelte sich um einen beeindruckend attraktiven Mann mit dichten blonden Haaren und braunen Augen, die ebenso kalt funkelten wie Eiszapfen. Der Daumennagel seiner linken Hand glänzte grün.
    Fair begrüßte ihn mit einigen knappen Worten, und anschließend musterten sich die beiden Männer mit beiläufigem Interesse.
    »Wie ich sehe, hast du dich eingewöhnt«, sagte Howard Fair.
    McIntyre zuckte mit den Schultern. »So gut es ging. Ich versuche, einen gewissen Ausgleich zu wahren zwischen der Einsamkeit und dem Druck, der von der Masse der Menschheit ausgeht.« Er blickte zum strahlend blauen Himmel empor und beobachtete einige Krähen, die dort Kreise zogen und krächzten. »Viele Jahre verbrachte ich in völliger Abgeschiedenheit, und irgendwann ging mir das Geräusch meines eigenen Atmens auf die Nerven.«
    Ein funkelnder Wagen fuhr über den nahen Highway und näherte sich ihnen, und er sah mindestens ebenso exotisch aus wie eine Kreuzung zwischen Goldfisch und Zitteraal. Aufgrund ihrer veränderten Wahrnehmung konnten Fair und McIntyre erkennen, daß der Fahrer ein rotgesichtiger und jähzorniger Mann war. Die neben ihm sitzende Frau schien launisch und gereizt zu sein, und sie trug teure Kleidung.
    »Es gibt noch einige andere Vorteile, hier zu wohnen«, fügte McIntyre hinzu. »Zum Bespiel kann ich das Leben der vorbeikommenden Leute mit einigen abenteuerlich anmutenden Erlebnissen bereichern.« Er winkte kurz. Zwei Dutzend Krähen sausten heran und flogen neben dem Wagen her. Nach einer Weile hockten sie sich auf die Stoßstangen, stolzierten auf der Motorhaube herum und beschmutzten die Windschutzscheibe.
    Die Reifen quietschten, und kaum hatte der Wagen angehalten, sprang der Fahrer heraus und verscheuchte die Vögel. Er warf ihnen einen Stein nach – der keine der Krähen traf –, ruderte aufgebracht mit den Armen, nahm wieder hinter dem Steuer Platz und fuhr weiter.
    »Nichts als Belanglosigkeiten«, seufzte McIntyre. »Die Wahrheit ist, ich langweile mich.« Er spitzte die Lippen und blies drei Rauchwolken von sich: Die erste war rot, die zweite gelb, und die dritte leuchtete in einem kobaltblauen Ton. »Wie du sehen kannst, bin ich bereits ziemlich albern und närrisch geworden.«
    Fair beobachtete seinen Großonkel und empfand dabei einen Hauch von Unbehagen. McIntyre lachte. »Na gut, Schluß mit diesen Possen! Aber ich bin sicher, daß du meinen Kummer bald teilst.«
    »Das ist bereits der Fall«, sagte Fair. »Manchmal wünsche ich mir, ich könnte mich von der ganzen Magie abwenden und wieder so unschuldig und naiv werden wie damals.«
    »Ich habe ebenfalls mit diesem Gedanken gespielt«, gestand McIntyre nachdenklich ein. »Und auch schon die nötigen Vorbereitungen getroffen. Eigentlich ist alles ganz einfach.« Er führte Fair zu einem kleinen Nebengebäude hinter der Tankstelle. Zwar stand die Tür offen, doch im Innern konnte Howard nichts anderes erkennen als nur lichtlose Finsternis.
    Vorsichtig blieb McIntyre einige Meter vor der dunklen Pforte stehen, und ein sonderbares Lächeln umspielte seine Lippen. »Du brauchst nur durch die Tür zu gehen. In jenem Zimmer dort büßt du nicht nur alle deine magischen Kenntnisse ein, sondern verlierst auch deine Erinnerungen an die grüne Sphäre. Dann bist du nicht klüger als ein ganz gewöhnlicher Durchschnittsmensch. Du befreist dich von deinem Wissen, und damit auch von Langeweile, Melancholie und Unzufriedenheit.«
    Fair beobachtete den dunklen Zugang. Ein einzelner Schritt genügte, um seinem Leid ein Ende zu machen.
    Er warf McIntyre einen kurzen Blick zu, und die beiden Männer musterten sich, während ihre Mienen eine Mischung aus Spott und Belustigung zum Ausdruck brachten. Sie kehrten auf die Veranda vor der Tankstelle zurück.
    »Manchmal stehe ich einfach nur an der Tür und starre in die Finsternis«, sagte McIntyre. »Und dann denke

Weitere Kostenlose Bücher