Grünes Gift
Puls. Ihr Herz schlug kräftig und regelmäßig.
»Tut mir leid«, japste Cassy, als sie wieder einigermaßen sprechen konnte.
»Geht es wieder?« fragte Pitt. Cassy nickte.
»Gott sei Dank!« seufzte Pitt und schluckte. Er hatte eine furchtbar trockene Kehle. »Bleib am besten auf der Rückbank liegen. Wir brauchen etwa zwanzig Minuten.«
»Wo fahren wir denn hin?« fragte Cassy.
»An einen Ort, an dem es so aussieht, als wären unsere Gebete erhört worden«, erwiderte Pitt. »Es gibt hier mitten in der Wüste ein unterirdisches Labor. Es wurde gebaut, um im Kriegsfall mit biologischen und chemischen Kampfstoffen gerüstet zu sein. Für unsere Zwecke ist das Labor ideal. Wenn wir es da nicht schaffen, dann nirgends. Es ist hervorragend ausgestattet. Außerdem hat es eine Krankenstation, auf der wir dich ordentlich versorgen können.«
Pitt ging nach vorn und setzte sich hinter das Steuer. Bevor er den Motor anließ, griff Cassy nach seinem Arm.
»Aber was ist, wenn der Antikörper nicht wirkt?« fragte sie. »Du hast gesagt, daß er ziemlich schwach ist und noch lange nicht die gewünschte Wirkung erzielt. Was wollt ihr machen, wenn ich zu den anderen gehöre? Ich will eure Arbeit auf keinen Fall gefährden.«
»Keine Angst«, entgegnete Pitt. »Es ist ein Arzt bei uns, Harlan McCay. Er ist ebenfalls gestochen worden. Er hat sich den Antikörper injiziert und ist noch okay. Wenn alle Stricke reißen, haben wir auch noch die Quarantänezimmer, aber ich glaube nicht, daß wir die brauchen werden. Es wird schon alles gutgehen.«
»Erzähl mir keine Märchen, Pitt«, entgegnete Cassy. »Bei all dem, was um uns herum geschieht, kann es kein gutes Ende geben.«
Pitt zuckte mit den Achseln. Er wußte, daß sie recht hatte. Er ließ den Motor an und fuhr los. Cassy legte sich auf die hintere Sitzbank.
»Hoffentlich gibt es bei euch Aspirin«, seufzte sie. Sie fühlte sich entsetzlich elend.
»Ganz bestimmt gibt es Aspirin«, versicherte Pitt. »Wenn die Krankenstation so gut ausgerüstet ist wie das Labor, gibt es dort alles.«
Eine Weile fuhren sie schweigend dahin. Pitt konzentrierte sich ganz auf die Straße. Er hatte Angst, die Stelle zu verpassen, an der er abbiegen mußte. Auf dem Hinweg hatte er einen kleinen Steinhügel errichtet, doch jetzt befürchtete er, daß er ihn nicht mehr wiederfand. Die Steine waren ziemlich klein gewesen, und in der Wüste schien alles die gleiche Farbe zu haben.
»Es war bestimmt ein Fehler, daß ich gekommen bin«, sagte Cassy nach einem weiteren Hustenanfall.
»Rede nicht so!« entgegnete Pitt. »Es ist gut, daß du da bist.«
»Ich bin jetzt schon seit über sechs Stunden infiziert«, stellte sie fest. »Vielleicht sogar noch länger. Ich weiß nicht genau, wann mich die Scheibe gestochen hat. Es ist soviel passiert.«
»Weißt du, was mit Nancy und Jesse geschehen ist?« fragte Pitt. Er hatte die Frage absichtlich noch nicht gestellt, weil er das Schlimmste befürchtete, aber er wollte Cassy auf ein anderes Thema bringen.
»Nancy wurde gestochen«, erwiderte Cassy. »Sie haben sie infiziert, als sie uns entdeckt haben. Ich habe es gesehen. Keine Ahnung, warum ich erst später infiziert wurde. Mit Jesse ist etwas anderes passiert, wahrscheinlich das gleiche wie mit Eugene. Aber ich bin mir nicht sicher, weil ich es nicht gesehen habe. Ich habe nur ein lautes Zischen gehört und ein helles Licht gesehen. Nancy sagte, es sei alles genauso gewesen wie bei Eugenes Verschwinden.«
»Harlan glaubt, daß diese schwarzen Scheiben imstande sind, schwarze Löcher im Miniformat zu erzeugen«, sagte Pitt.
Cassy lief ein kalter Schauer über den Rücken. Eine vollkommenere Art der Zerstörung, als von einem schwarzen Loch verschluckt zu werden, konnte es nicht geben. Selbst das letzte Atom eines Menschen würde aus dem Universum verschwinden.
»Ich habe Beau noch einmal gesehen«, sagte Cassy. Pitt wagte einen kurzen Blick nach hinten. »Wie geht es ihm? Wie sieht er aus?«
»Furchtbar«, erwiderte Cassy. »Er hat sich gräßlich verändert. Er ist noch weiter mutiert. Dieser komische Schuppenpanzer hat inzwischen fast seinen ganzen Körper überzogen. Aber etwas ist total komisch: Die anderen Infizierten scheinen sich körperlich nicht zu verändern. Keine Ahnung, ob ihnen das noch bevorsteht oder ob es daher rührt, daß Beau der erste war. Er ist auf jeden Fall der Anführer, daran besteht kein Zweifel. Sie tun alles, was er befiehlt.«
»Hatte er etwas damit zu tun,
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