Grünes Gift
irgendwelche Fragen beantworten müssen.
»Okay«, sagte Nancy. »Wir werden Schutzanzüge und Hauben tragen. Alles, was wir tun, entspricht den Vorschriften der Sicherheitsstufe drei. Haben Sie irgendwelche Fragen?«
Sheila und Pitt schüttelten den Kopf. Nancy führte sie in einen Nebenraum, in dem sich Umkleidekabinen befanden. Sie reichte jedem einen Anzug in der entsprechenden Größe, dann zogen sie sich um.
»So, nun können wir anfangen«, sagte Nancy, als sie wieder im Hauptraum zusammengekommen waren. Sheila nahm das Milchpulverglas aus ihrer Tasche. Außerdem hatte sie etliche Blutproben mitgebracht, die von Grippekranken stammten. Die Proben waren den Patienten in unterschiedlichen Stadien ihrer Erkrankung entnommen worden. »Gut«, sagte Nancy und rieb sich die Hände. »Zuerst zeige ich ihnen, wie man eine Gewebekultur mit der Flüssigkeit infiziert.«
»Wo, zum Teufel, haben Sie denn dieses Ding her?« fragte Carl Maben seinen Chef, Eugene Seilers. Carl war Doktorand und arbeitete gelegentlich in der Physik-Fakultät. Mit hochgezogenen Augenbrauen sah Eugene zu Jesse Kemper hinüber, den er eingeladen hatte, bei der Analyse einer schwarzen Scheibe dabeizusein. Jesse erklärte Carl, daß sie bei einem Mann gefunden worden war, den man wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses festgenommen hatte. Eugene und Carl wollten gerne mehr darüber hören. »Ich weiß lediglich, daß der Mann mit einer Frau in flagranti im Park erwischt wurde«, fügte Jesse hinzu. »Mein Gott!« entgegnete Carl. »Was den Leuten so einfällt! Dabei riskiert man doch schon sein Leben, wenn man nachts im Park spazieren geht - und die treiben es auch noch miteinander!«
»Es war nicht nachts«, wandte Jesse ein. »Es war in der Mittagszeit.«
»Die müssen doch vor Scham im Erdboden versunken sein«, bemerkte Eugene.
»Ganz im Gegenteil«, entgegnete Jesse. »Sie waren sauer, daß man sie gestört hat. Sie haben meine Kollegen gefragt, ob sie nichts Wichtigeres zu tun hätten. Sie sollten sich lieber um die Belastung der Atmosphäre durch den steigenden Kohlendioxydausstoß und den Treibhauseffekt kümmern.« Eugene und Carl lachten.
»An die Arbeit!« sagte Eugene schließlich. Er hatte die schwarze Scheibe hinter einer dunkel getönten Glaswand positioniert und beschoß sie jetzt mit einem Hochenergiestrahl. Auf diese Weise wollte er ein paar Moleküle abspalten und das Gas anschließend mit Hilfe eines Gaschromatographen analysieren. Doch leider bewirkte der Laserstrahl rein gar nichts.
»Okay«, sagte Eugene zu Carl. »Schalten Sie den Laser ab.« Als die Stromzufuhr unterbrochen wurde, erlosch der helle Strahl kohärenten Lichts. Die beiden Wissenschaftler starrten auf die kleine Scheibe.
»Das Ding hat eine unglaublich harte Oberfläche«, stellte Carl fest. »Haben Sie eine Ahnung, woraus sie bestehen könnte?«
»Nein«, gestand Eugene, »ich habe keinen Schimmer. Aber ich werde es herausfinden, darauf können Sie Gift nehmen. Wer auch immer dieses Objekt konstruiert hat, hat seine Erfahrung hoffentlich angemeldet, sonst stehe ich nämlich beim Patentamt auf der Matte.«
»Was sollen wir als nächstes tun?« fragte Carl. »Lassen Sie es uns mit einem Diamantbohrer versuchen«, schlug Eugene vor. »Anschließend verdampfen wir die abgefrästen Splitter, und dann kann der Gaschromatograph das Ganze analysieren.«
Cassy verließ das Flughafengebäude, nahm im Gehen ein weiteres Antazidum ein und stellte sich am Taxistand auf. Schon als sie an diesem Morgen aufgewacht war, hatte sie in der Magengegend ein mulmiges Gefühl gespürt, und je näher sie ihrem Ziel, Santa Fe, gekommen war, desto schlimmer war es geworden. Der Kaffee im Flugzeug hatte ihr den Rest gegeben. Im Moment hatte sie das Gefühl, einen Knoten im Magen zu haben.
»Wohin soll’s denn gehen, Miss?« fragte der Taxifahrer. »Haben Sie schon mal von diesem sogenannten Institut für einen Neubeginn gehört?« fragte Cassy zurück. »Aber sicher«, erwiderte der Taxifahrer. »Mehr als die Hälfte meiner Fahrgäste will dorthin - dabei ist es doch gerade erst gegründet worden. Soll ich Sie hinfahren?«
»Ja, bitte«, sagte Cassy.
Sie lehnte sich in ihrem Sitz zurück und starrte gedankenverloren hinaus auf die vorbeiziehende Landschaft. Pitt hatte sie davon abhalten wollen, Beau zu besuchen. Doch nachdem sie sich einmal in den Kopf gesetzt hatte, nach Santa Fe zu fahren, war sie durch nichts mehr umzustimmen gewesen. Sie wußte zwar, daß
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